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ließ die übrige Gesellschaft in so stummen Staunen der Be-
wunderung zurück, daß sie fast das Aussteigen darüber vergaß.
Auch der königliche Landrath saß erst einen Augenblick stumm
da, ein Gesicht machend, als ob es ihm an Lust fehle, gleich
dem Frosche unter der Luftpumpe. Dann aber brach er in die
unsterblichen Worte aus: „Das war also der berühmte Verfasser
des Comus? Sieh da! wer hätte das gedacht!"

Gebet an das Glück.
Fortuna, sei gerecht und weise
Und gib' auf ihrer Lebensreise
Den Reichen — Hunger,
Den Armen -— Speise.

Yankee-Rache.


An der Eisenbahn, die Philadelphia mit Pittsburgh ver-
! bindet, liegt das Städtchen Altoona, woselbst die Züge ge-
wöhnlich eine Viertelstunde halten, um den Passagieren Zeit zu
geben, ihr resp. Frühstück, Mittagessen oder Thee in einem am
Depot gelegenen Gasthofe zu nehmen. Dieser Gasthof hat zum
Eigenthümer einen jener überklugen Amerikaner, die das Be-
trügen und Beschwindeln als „smurtuess" d. h. kluge Streiche
betrachten, und, wie unser Gastwirth, sich für ihr wenig Essen
recht gut bezahlen lassen.
Eines Mittags kömmt ein Zug von Pittsburgh an, die
Passagiere verlassen theilweise die Wagen und eilen dem Speisesaal
zu, woselbst sie die Tafel gedeckt und servirt fanden. Die
Gäste setzen sich und man bemerkte unter denselben einen ächten
New-England- Yankee, der die Zeit nicht abwarten konnte,
einen Angriff auf die auf der Tafel sich befindlichen Gerichte
zu machen. — Nachdem er seinen leeren Reisesack auf den
Stuhl neben sich gelegt hatte, begann er seinen Appetit zu
befriedigen und war gänzlich unbewußt dessen, was neben und
um ihn herum vorging, vertieft in die Beefsteaks, Pies und
Puddings. Nach beendeter Mahlzeit sah man den Wirth mit
dem Teller die Runde machen; bei unserm Yankee angekommen,
redete er ihn mit
„Einen Dollar, mein Herr!" an.
„Was einen Dollar," erwiederte unser Esser, „ich dachte
wohl, eine Mahlzeit kostet blos ^ Dollar, die Person. Jst's
nicht so?"

„Ganz richtig, aber ich muß Ihre Reisetasche für einen
rechnen, da dieselbe den Platz einer Person einnahm."
Die Tafel war zwar nicht ganz besetzt, obgleich am obern
Theil derselben, wo unsere Scene handelt, wenige Stühle un-
besetzt waren. — Unser Yankee, der, wenn auch nicht gerade
geizig war, doch fünfzig Dollar auf's Spiel setzte, um einen
Penny, den er unrechter Weise verlieren sollte, zu erretten,
remonstrirte, obgleich vergebens. Der Wirth bestand auf seiner
Forderung und der Dollar mußte endlich aus der zwei Schuhe
tiefen Hosentasche des Yankee hervorgeholt werden.
Das Opfer erhob sich dann mit der größten Gemüths-
ruhe, öffnete den weiten Rachen seines nicht kleinen Reisesackes
und redete ihn, wie folgt, an:
„Reisetäschchen, du mußt als ein menschliches Individuum
betrachtet werden, da ich für dich zu essen bezahlen mußte. —
Da nun bezahlt ist, so mußt du auch essen."
Mit diesen Worten packte er alles Eßbare, was in seiner
Nachbarschaft beweglich war und ließ unter dem Gelächter der
Reisegefährten die übrig gebliebenen Torten, Kuchen, Würste,
Aepfel, Rosinen, Nüsse rc. in der Reisetasche verschwinden.
Hierauf verließ er ganz phlegmatisch den Saal und nahm
seinen Sitz im Wagen wieder ein, woselbst er der darin sich
befindlichen Gesellschaft seine Delicatessen aufwartete. — Unter-
wegs hörte man den Yankee nicht weiter über Hunger klagen.
Diesmal hatte der Wirth die Rechnung ohne den Gast
gemacht.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Yankee-Rache"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Gastwirt
Zahlung
Speise <Motiv>
Gast <Motiv>
List
Karikatur
Tasche <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Geschäftstüchtigkeit
Amerikaner <Motiv>

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Digitales Bild
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Public Domain Mark 1.0
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Fliegende Blätter, 24.1856, Nr. 564, S. 95

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