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Die Kunst z
Mit einem jammervoll schmerzlichen Angesichte hinkt er herein
und legt einen Haasen und ein halb Dutzend Rebhühner auf
den Tisch.
„Ich kann's nimmer aushalten, ich kann's nimmer aus-
halten — die ganze Nacht thu' ich kein Aug' zu — ich mein',
ich muß frei aufschreien vor lauter Schmerz."
„Ja, ja!" sagt der Landarzt, „so e Fuß ist a langwei-
lige Geschicht;" nimmt den Verband ab, drückt mit dem Dau-
men den Dorn noch tiefer in den Fuß, legt noch ein dickeres
Heftpflaster d'rüber, und sagt: „So, lieber Freund, Hab' er nur
e Bisl Geduld, cs macht sich schon, komm' er nur in acht Ta-
gen wieder her, es geht schon, es geht schon."
Der Bauer hinkt heim, bei jedem Schritt thut er einen
lauten Schrei, als wie wenn er mit einer glühenden Zange
gezwickt würde.
Das Ding thut ihm alleweil weher und dießmal kann er
den achten Tag nicht erwarten, sondern macht sich ein Paar
Tage früher auf, zu seinem Freund, den Landarzte. Aber dieß-
mal war blos der Gehilfe zu Haus, denn der Landarzt war
auf eine benachbarte Einöde gerufen worden, weil eine Bäuerin
heim Heuaufladen sich den Kopf ausgekegelt hatte.
Ein Paar Stunden darnach kommt der Landarzt nach.Hause,
zieht den Rock aus und setzt sich auf die Ofenbank. Am Fenster
steht der Gehilfe und kaut an den Nägeln.
„Nir Neues?" fragt der Landarzt.
„Na."
„Ist Niemand da gewesen?"
„Ja."
u regieren.
„Wer denn?"
„G'rad nur e Bauer."
„Was hat er gewollt?"
„E Paar Staats-Lamperln hat er gebracht, ich Hab' se
gleich in' Stall gethan."
„E Paar Lamperln? Ja warum? was hat er denn sonst
da 'than?"
„En Dorn hat er im Fuß gehabt, den Hab' ich ihm her-
ausgezogen, der muß elende Schmerzen gehabt haben; aber der
hat e Freud' gehabt. Glei' war der Schmerz weg und ge-
sprungen is er wie e Eichkatzel."
„O Du elendiger Lump, Du miserabeliger!" schreit der
Landarzt, rumpelt aus und gibt seinem Herrn Gehilfen ein
Paar Ohrfeigen, eine rechts und eine links. „O Du elendiger
Lump! Was glaubst Du, daß der Bauer noch Alles in's Haus
geschleppt hätt' ? und was hatt' der. noch obend'rein für eine
Mordsrechnung kriegt?"
„Von diesem Landarzte magst Du lernen, wie Du als
kluger Mann handeln und Dein Interesse wahren, und von dem
Gehilfen, daß Du nicht durch voreilige Unbedachtsamkeit diesel-
ben verkürzen und durch übclberechnetes Wohlwollen zerstören
sollst. Nach diesem Beispiele regiere, und Du wirst glücklich
sein."
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Die Kunst z
Mit einem jammervoll schmerzlichen Angesichte hinkt er herein
und legt einen Haasen und ein halb Dutzend Rebhühner auf
den Tisch.
„Ich kann's nimmer aushalten, ich kann's nimmer aus-
halten — die ganze Nacht thu' ich kein Aug' zu — ich mein',
ich muß frei aufschreien vor lauter Schmerz."
„Ja, ja!" sagt der Landarzt, „so e Fuß ist a langwei-
lige Geschicht;" nimmt den Verband ab, drückt mit dem Dau-
men den Dorn noch tiefer in den Fuß, legt noch ein dickeres
Heftpflaster d'rüber, und sagt: „So, lieber Freund, Hab' er nur
e Bisl Geduld, cs macht sich schon, komm' er nur in acht Ta-
gen wieder her, es geht schon, es geht schon."
Der Bauer hinkt heim, bei jedem Schritt thut er einen
lauten Schrei, als wie wenn er mit einer glühenden Zange
gezwickt würde.
Das Ding thut ihm alleweil weher und dießmal kann er
den achten Tag nicht erwarten, sondern macht sich ein Paar
Tage früher auf, zu seinem Freund, den Landarzte. Aber dieß-
mal war blos der Gehilfe zu Haus, denn der Landarzt war
auf eine benachbarte Einöde gerufen worden, weil eine Bäuerin
heim Heuaufladen sich den Kopf ausgekegelt hatte.
Ein Paar Stunden darnach kommt der Landarzt nach.Hause,
zieht den Rock aus und setzt sich auf die Ofenbank. Am Fenster
steht der Gehilfe und kaut an den Nägeln.
„Nir Neues?" fragt der Landarzt.
„Na."
„Ist Niemand da gewesen?"
„Ja."
u regieren.
„Wer denn?"
„G'rad nur e Bauer."
„Was hat er gewollt?"
„E Paar Staats-Lamperln hat er gebracht, ich Hab' se
gleich in' Stall gethan."
„E Paar Lamperln? Ja warum? was hat er denn sonst
da 'than?"
„En Dorn hat er im Fuß gehabt, den Hab' ich ihm her-
ausgezogen, der muß elende Schmerzen gehabt haben; aber der
hat e Freud' gehabt. Glei' war der Schmerz weg und ge-
sprungen is er wie e Eichkatzel."
„O Du elendiger Lump, Du miserabeliger!" schreit der
Landarzt, rumpelt aus und gibt seinem Herrn Gehilfen ein
Paar Ohrfeigen, eine rechts und eine links. „O Du elendiger
Lump! Was glaubst Du, daß der Bauer noch Alles in's Haus
geschleppt hätt' ? und was hatt' der. noch obend'rein für eine
Mordsrechnung kriegt?"
„Von diesem Landarzte magst Du lernen, wie Du als
kluger Mann handeln und Dein Interesse wahren, und von dem
Gehilfen, daß Du nicht durch voreilige Unbedachtsamkeit diesel-
ben verkürzen und durch übclberechnetes Wohlwollen zerstören
sollst. Nach diesem Beispiele regiere, und Du wirst glücklich
sein."
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Kunst zu regieren"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
Signatur
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Ohrfeige <Motiv>
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 25.1856, Nr. 583, S. 51
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg