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Die Hcirath -auf der Schildwache.
noch weniger der Man» dazu. Also ging der Musquetier unabgelost
selber ins Dorf zurück. „Brauchen sie mich nimmer", sprach er zu sich j
selber, „so brauche ich sie auch nimmer. Wen» ich ungerufen komme und
mich selber abgclvst habe, so kann's harte Schläge absetzen." — Zudem
dachte er, der untere Müller hat ein hübsches Mägdlein, und das Magd-
lein hat einen hübschen Mund, und der Mund hat süße Kusse und so
weiter. Also zog er das blaue Röcklein aus und ve> mg e t ) nn
Dorfe als Bauernknecht, und wenn ihn Jemand fragte, so an wor e e
er, wie jener Hüninger Deserteur, es sei ihm ein Ung u *8C3" '
sein Regiment sei ihm abhanden gekommen. Brav war er ln '
: hübsch war er auch, und die Arbeit ging ihm aus den Händen flt
i und re'cht. Zwar war. er arm, aber desto besser .ch.ckte sich st- ' '
des Müllers Töchterlein; denn der Müller hatte Batzen. Kurz, dre Hei-
rath kam zu Stande. Also lebten die jungen Leutchen m Ae e
den glücklich zusammen und bauten ihr Neslchen. Ra ' er l
einem Jahre aber, als er eines Tages vom Felde hnm kam schaute
jj seine Frau bedenklich an. „Fridolins ^ ^^^^ier-
Der alte Vater lamentirte, die Tochter jam-
> merte und sah mit nassen Augen ihren Säug-
ling an; denn überall gab es Verräther. Doch
Fridolin sagte nach kurzem Schrecken: „Laßt
mich machen, ich kenne den Obrist." Damit
zog er das blaue Röcklein wieder an, das er
zum ewigen Andenken hatte aufbewahren wol-
len, und sagte seinem Schwiegervater, was er
thun solle. Hernach nahm er das Gewehr auf
die Achsel und ging wieder hinaus auf seinen
Posten. Als aber das Regiment eingerückt war,
trat der alte Müller vor den Obristen. „Habt
doch ein Einsehen, Herr General, mit dem ar-
>nen Menschen, der vor einem Jahre auf den
Pasten gestellt worden ist draußen an der Wald-
spitze. Ist es auch erhört, eine Schildwache
ein geschlagenes Jahr lang stehen zu lassen auf
dem nämlichen Flecke und nicht abzulösen?"
Pa schaut der Obrist den Hauptmann, de>
Hauptmann den Unteroffizier, der Unteroffizier
den Gefreiten an, und die halbe Kompagnie,
alte gute Bekannte des Vermißte», liefen hin-
aus, die einjährige Schildwache zu sehen, und
wie der arme Mensch müsse zusammcngeschrumpft
s"n, gleich einem Borstdorfcr Aepfclein, das
schon vier Jahre am Baume- hängt. Endlich
kam auch der Gefreite, der nämliche, der ihn
zwölf Monaten auf den Posten geführt
hatte, und löste ihn ab: „Präseutirt das Ge-
wehr! Das Gewehr auf die Schulter, Marsch.
"ach soldatischem Herkommen und Gesetz. Her-
nach mußte er vor dem Obrist erscheinen und
seine junge hübsche Frau mit ihrem Säugling
auf dem Arme begleitete ihn, und sic mußten
ihm Alles erzählen. Der Obrist aber, der ein
gütiger Mann war, schenkte ihm einen blanken Tha-
ler und half ihm zu seinem Abschied.
Der sparsame Hausmirth.
„Geh', Rosi, hole »och eine Halbe Wein!" — „Es ist schon zehn Uhr
vorüber, da müssen wir wegen einer Halbe Wein zwei Groschen Sperrgeld zab-
len." — „Du hast Recht, wegen einer Halbe zwei Groschen zahlen, das ist .
ju viel, hol' also eine Maß, da kommt auf die Halbe nur ein Groschen."
Die Hcirath -auf der Schildwache.
noch weniger der Man» dazu. Also ging der Musquetier unabgelost
selber ins Dorf zurück. „Brauchen sie mich nimmer", sprach er zu sich j
selber, „so brauche ich sie auch nimmer. Wen» ich ungerufen komme und
mich selber abgclvst habe, so kann's harte Schläge absetzen." — Zudem
dachte er, der untere Müller hat ein hübsches Mägdlein, und das Magd-
lein hat einen hübschen Mund, und der Mund hat süße Kusse und so
weiter. Also zog er das blaue Röcklein aus und ve> mg e t ) nn
Dorfe als Bauernknecht, und wenn ihn Jemand fragte, so an wor e e
er, wie jener Hüninger Deserteur, es sei ihm ein Ung u *8C3" '
sein Regiment sei ihm abhanden gekommen. Brav war er ln '
: hübsch war er auch, und die Arbeit ging ihm aus den Händen flt
i und re'cht. Zwar war. er arm, aber desto besser .ch.ckte sich st- ' '
des Müllers Töchterlein; denn der Müller hatte Batzen. Kurz, dre Hei-
rath kam zu Stande. Also lebten die jungen Leutchen m Ae e
den glücklich zusammen und bauten ihr Neslchen. Ra ' er l
einem Jahre aber, als er eines Tages vom Felde hnm kam schaute
jj seine Frau bedenklich an. „Fridolins ^ ^^^^ier-
Der alte Vater lamentirte, die Tochter jam-
> merte und sah mit nassen Augen ihren Säug-
ling an; denn überall gab es Verräther. Doch
Fridolin sagte nach kurzem Schrecken: „Laßt
mich machen, ich kenne den Obrist." Damit
zog er das blaue Röcklein wieder an, das er
zum ewigen Andenken hatte aufbewahren wol-
len, und sagte seinem Schwiegervater, was er
thun solle. Hernach nahm er das Gewehr auf
die Achsel und ging wieder hinaus auf seinen
Posten. Als aber das Regiment eingerückt war,
trat der alte Müller vor den Obristen. „Habt
doch ein Einsehen, Herr General, mit dem ar-
>nen Menschen, der vor einem Jahre auf den
Pasten gestellt worden ist draußen an der Wald-
spitze. Ist es auch erhört, eine Schildwache
ein geschlagenes Jahr lang stehen zu lassen auf
dem nämlichen Flecke und nicht abzulösen?"
Pa schaut der Obrist den Hauptmann, de>
Hauptmann den Unteroffizier, der Unteroffizier
den Gefreiten an, und die halbe Kompagnie,
alte gute Bekannte des Vermißte», liefen hin-
aus, die einjährige Schildwache zu sehen, und
wie der arme Mensch müsse zusammcngeschrumpft
s"n, gleich einem Borstdorfcr Aepfclein, das
schon vier Jahre am Baume- hängt. Endlich
kam auch der Gefreite, der nämliche, der ihn
zwölf Monaten auf den Posten geführt
hatte, und löste ihn ab: „Präseutirt das Ge-
wehr! Das Gewehr auf die Schulter, Marsch.
"ach soldatischem Herkommen und Gesetz. Her-
nach mußte er vor dem Obrist erscheinen und
seine junge hübsche Frau mit ihrem Säugling
auf dem Arme begleitete ihn, und sic mußten
ihm Alles erzählen. Der Obrist aber, der ein
gütiger Mann war, schenkte ihm einen blanken Tha-
ler und half ihm zu seinem Abschied.
Der sparsame Hausmirth.
„Geh', Rosi, hole »och eine Halbe Wein!" — „Es ist schon zehn Uhr
vorüber, da müssen wir wegen einer Halbe Wein zwei Groschen Sperrgeld zab-
len." — „Du hast Recht, wegen einer Halbe zwei Groschen zahlen, das ist .
ju viel, hol' also eine Maß, da kommt auf die Halbe nur ein Groschen."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Heirath auf der Schildwache" "Der sparsame Hauswirth"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
abweichende Titelschreibweise: "Heirath" statt "Hochzeit"
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 26.1857, Nr. 615, S. 119
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg