2 Der Liebe Ka
Unglück allein, sagt irgendwo ein großer Gelehrter, und
so auch hier. Lnla's Vater hatte sein sämmtliches Ver-
mögen in samojedischen ^/z^/oW Nationals angelegt. Eines
schönen Morgens stunden diese in Folge einer Rennthierscuche
10 °/0 unter Null. Lula war nun aber eine arme Waise und
beschloß deshalb nach Paris zu gehen.
II. Abtheilung.
So wunderbar das Schicksal Lula's war, das Franyois'
war nicht minder pikant.
In seiner Jugend war er Gänsehirt in einem Dorfe
der Provence, später Dorfschullehrer; da aber diese soziale
Stellung seinem unternehmenden Geiste nicht vollständig
genügte, so ward er Matrose auf einem Ostindienfahrer mit
dem Vorsatze, gelegentlich zu desertiren.
Da Francois aber in Erfahrung gebracht hatte, daß
in Ostindien nichts mehr zu machen sei, ja sogar die aller-
letzten Onkel ausgestorben seien, so richtete er sein Augen-
merk auf Hinterindien, wo es ihm auch im Laufe meh-
rerer Jahre durch glückliche Spekulationen und sauere
Arbeit — obgleich nicht in Essig rc. rc. — gelang, ein
Vermögen von 20 Millionen Franken zu erwerben, die er
nun in Frankreich zu verzehren gedachte. Gegenwärtig war
er auf der Rückreise von einer Sommerpartie in die Alpen
und Bäder begriffen.
Doch nun zurück zur Geschichte.
(Zwei Jahre später.)
Kapitel 5.
In der Rue St. Michel, gleich links am westlichen
Eingang, steht ein Haus. Unscheinbar von Außen, geheim-
nißvoll im Innern. Wenn man hineingeht, so kommt man
über drei Treppen links in ein halberleuchtetes Zimmer.
Die Wände, vier, sind geschmückt mit Bildern, verschiedene
Sachen darstellend.
An den runden Tischen sitzen Herren und auch Damen.
Man trifft hier den englischen Lord und den japanischen
Gesandten, den Viehhändler ans Oberösterreich und den
spanischen Granden, alle Stände, alle Geschlechter, alle
Altersklassen sind vertreten, aber man merkt's ihnen nicht
so an, da sie alle gleich ausschen.
Heute Abend erregte aber das allgemeine Erstaunen
ein etwa 28 Jahre alter junger Mann, Francois. Er war
noch blässer als im ersten Kapitel, seine Augen glühten wie
feurige Kohlen, nein, wie das Herz eines liebenden Spaniers;
seine Stimme klang hohl, wie ein ausgetrunkenes Faß und
die Hände zitterten bei jedem Kartensatze wie die silbergrauen
Blätter der grauen Silberpappel. Er verlor im Spiel, er verlor
immer mehr, er verlor am meisten, er hatte zuletzt Alles verloren,
die 20 Millionen waren futsch, der Lohn dreijähriger Arbeit.
Mit einem fürchterlichen Fluche, wie ihn die Erde noch nie
! gehört, setzte er sich auf einen andern Stuhl, und verfiel in
j dumpfes Brüten. Ein Anderer spielte weiter, fünf Minuten
darauf erknall ein Schuß. Der. Unglückliche hatte sich er-
! schossen. Ein Dritter spielte, auch er unterlag in einer
mpf und Sieg.
Viertelstunde seinem Schicksale, er hatte Gift genommen.
Ein Vierter, ein Fünfter verlor sein Vermögen, ersterer erhing
sich an einem Kleiderrechen, letzterer verschluckte ein silbernes
Büchschen mit Zündhölzern.
Nun bemächtigte sich fürchterliche Aufregung sämmtlicher
Spieler, man wollte den betrügerischen Croupier ermorden,
da — nun staune Leser, denn Du siehst ein Bild, dessen
Noblesse nur in Paris zu finden — da warf der Croupier
im Edelmuth einer unverdorbenen Natur die Millionen' den
Spielern hin und verschwand durch eine geheime Thür. Die
anwesenden Damen verschwanden ebenfalls durch geheime
Thüren.
Aber wie im Leben und besonders in Paris die edelste
That, die höchste Noblesse oft mit dem gröbsten Egoismus
zusammenkommt oder wechselt, so auch hier. Während Franyois
noch immer dumpf fortbrütete, ergriffen einige Anwesende
die Gelder und schneller als der Gedanke waren sie ver-
schwunden. Da erwachte Francois und begann mit hohler
aber allmälig ansteigender Stimme sich zu beschweren. Plötzlich
erschienen vier riesengroße Hausknechte und im Nu war er
in die kalte stürmische Dczembernacht gesetzt.
So, lieber Leser, wechselt im Leben Regen mit Sonnen-
schein und wer heute reich ist, kann morgen todt sein oder
umgekehrt.
(Noch zwei Jahre später.)
Kapitel 6.
„Du wirst heirathcn! n'öst-os pas? Ma chereCousine1-
sagte sie, während der Wagen um eine Ecke des Boulogner
Wäldchens bog. Sie aber war eine ältliche Dame, die
Unglück allein, sagt irgendwo ein großer Gelehrter, und
so auch hier. Lnla's Vater hatte sein sämmtliches Ver-
mögen in samojedischen ^/z^/oW Nationals angelegt. Eines
schönen Morgens stunden diese in Folge einer Rennthierscuche
10 °/0 unter Null. Lula war nun aber eine arme Waise und
beschloß deshalb nach Paris zu gehen.
II. Abtheilung.
So wunderbar das Schicksal Lula's war, das Franyois'
war nicht minder pikant.
In seiner Jugend war er Gänsehirt in einem Dorfe
der Provence, später Dorfschullehrer; da aber diese soziale
Stellung seinem unternehmenden Geiste nicht vollständig
genügte, so ward er Matrose auf einem Ostindienfahrer mit
dem Vorsatze, gelegentlich zu desertiren.
Da Francois aber in Erfahrung gebracht hatte, daß
in Ostindien nichts mehr zu machen sei, ja sogar die aller-
letzten Onkel ausgestorben seien, so richtete er sein Augen-
merk auf Hinterindien, wo es ihm auch im Laufe meh-
rerer Jahre durch glückliche Spekulationen und sauere
Arbeit — obgleich nicht in Essig rc. rc. — gelang, ein
Vermögen von 20 Millionen Franken zu erwerben, die er
nun in Frankreich zu verzehren gedachte. Gegenwärtig war
er auf der Rückreise von einer Sommerpartie in die Alpen
und Bäder begriffen.
Doch nun zurück zur Geschichte.
(Zwei Jahre später.)
Kapitel 5.
In der Rue St. Michel, gleich links am westlichen
Eingang, steht ein Haus. Unscheinbar von Außen, geheim-
nißvoll im Innern. Wenn man hineingeht, so kommt man
über drei Treppen links in ein halberleuchtetes Zimmer.
Die Wände, vier, sind geschmückt mit Bildern, verschiedene
Sachen darstellend.
An den runden Tischen sitzen Herren und auch Damen.
Man trifft hier den englischen Lord und den japanischen
Gesandten, den Viehhändler ans Oberösterreich und den
spanischen Granden, alle Stände, alle Geschlechter, alle
Altersklassen sind vertreten, aber man merkt's ihnen nicht
so an, da sie alle gleich ausschen.
Heute Abend erregte aber das allgemeine Erstaunen
ein etwa 28 Jahre alter junger Mann, Francois. Er war
noch blässer als im ersten Kapitel, seine Augen glühten wie
feurige Kohlen, nein, wie das Herz eines liebenden Spaniers;
seine Stimme klang hohl, wie ein ausgetrunkenes Faß und
die Hände zitterten bei jedem Kartensatze wie die silbergrauen
Blätter der grauen Silberpappel. Er verlor im Spiel, er verlor
immer mehr, er verlor am meisten, er hatte zuletzt Alles verloren,
die 20 Millionen waren futsch, der Lohn dreijähriger Arbeit.
Mit einem fürchterlichen Fluche, wie ihn die Erde noch nie
! gehört, setzte er sich auf einen andern Stuhl, und verfiel in
j dumpfes Brüten. Ein Anderer spielte weiter, fünf Minuten
darauf erknall ein Schuß. Der. Unglückliche hatte sich er-
! schossen. Ein Dritter spielte, auch er unterlag in einer
mpf und Sieg.
Viertelstunde seinem Schicksale, er hatte Gift genommen.
Ein Vierter, ein Fünfter verlor sein Vermögen, ersterer erhing
sich an einem Kleiderrechen, letzterer verschluckte ein silbernes
Büchschen mit Zündhölzern.
Nun bemächtigte sich fürchterliche Aufregung sämmtlicher
Spieler, man wollte den betrügerischen Croupier ermorden,
da — nun staune Leser, denn Du siehst ein Bild, dessen
Noblesse nur in Paris zu finden — da warf der Croupier
im Edelmuth einer unverdorbenen Natur die Millionen' den
Spielern hin und verschwand durch eine geheime Thür. Die
anwesenden Damen verschwanden ebenfalls durch geheime
Thüren.
Aber wie im Leben und besonders in Paris die edelste
That, die höchste Noblesse oft mit dem gröbsten Egoismus
zusammenkommt oder wechselt, so auch hier. Während Franyois
noch immer dumpf fortbrütete, ergriffen einige Anwesende
die Gelder und schneller als der Gedanke waren sie ver-
schwunden. Da erwachte Francois und begann mit hohler
aber allmälig ansteigender Stimme sich zu beschweren. Plötzlich
erschienen vier riesengroße Hausknechte und im Nu war er
in die kalte stürmische Dczembernacht gesetzt.
So, lieber Leser, wechselt im Leben Regen mit Sonnen-
schein und wer heute reich ist, kann morgen todt sein oder
umgekehrt.
(Noch zwei Jahre später.)
Kapitel 6.
„Du wirst heirathcn! n'öst-os pas? Ma chereCousine1-
sagte sie, während der Wagen um eine Ecke des Boulogner
Wäldchens bog. Sie aber war eine ältliche Dame, die
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Liebe Kampf und Sieg"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 39.1863, Nr. 939, S. 2
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg