22
Auf der Feldwache.
Lieutenant: „Gefreiter Mutzt, nehm' Er sich 3 Mann und mach' Er eine Patrouille!"
Gefreiter (im Abgehen): „Herr Gott! wollt' i do fuchti wcr'n, net amol aufm Erercierplatz hat m'r sein Ruh."
Wie man Diebe fängt.
Diebe sind gefährlich, das weiß ein Jeder. Am gefähr-
lichsten aber von Allen sind die Hausdiebe. Von diesen wird
man oft lange Zeit ganz allmälig bestohlen und man merkt es
nicht einmal; und wenn man es bemerkt, dann steht man
da wie das Kind vor'm zerbrochenen Hafen und ist übel d'ran,
weil man nicht weiß, wie man es anfangen soll, um dem
Diebe auf die Spur zu kommen. So einen Dieb unter den
Leuten im eigenen Haus herauszusinden, das ist schwierig,
denn Keinem möcht' man Unrecht thun. Wie macht man's,
um den Rechten zu erwischen?
Solche Gedanken ungefähr beschäftigten den Privatier
Schmalzdick. Er schüttelte mit seinem grauen Kopf dabei
einmal inehr als das andere Mal, denn der rechte Gedanke
wollt' ihm immer noch nicht kommen.
Sein Wohnzimmer war recht schön eingerichtet; da
stand an der einen Seite ein ganz hübsches Sopha mit einem
Uebcrzug von geblümtem Damast, und an der andern Seite
war noch so ein Hauptmöbel, ein Schreibkasten nämlich,
oder, wie man gewöhnlich sagt, ein Sekretär. Dieser fein
polirte Sekretär war so gut und so fest gemacht, daß sicher-
lich kein Mensch hinein könnt', der nicht einen Schlüssel dazu
besaß. Und den Schlüssel, den eigentlichen, der dazu gehörte,
den hatte der alte Schmalzdick beständig in seiner Tasche;
der kam bei Tag und bei Nacht nicht da heraus, wenn er
ihn nicht selbst mit eigener Hand gebrauchte.
Der Sekretär hatte vorn eine Klappe, die man auf-
schließen und dann' herunter lassen konnte, wie das gewöhn-
lich so eingerichtet ist. Und hinter der Klappe, wenn sic zu
war, befanden sich rechts und links in dem Schreibkasten
mehrere kleine Schubladen; in der Mitte zwischen diesen
Schubladen war, um dieses und jenes darin aus der Hand
legen zu können, ein offener, viereckiger Raum; in diesem offe-
nen Viereck stand in der Regel nichts, als das Dintenzeug.
Nebenan, in einer der kleinen Schubladen nämlich,
hatte er beständig ein ledernes Säckchen liegen; in diesem
ledernen Säckchen war immer eine kleine Baarschaft vor-
handen, welche, so wie man sagt, zum Handgebrauch diente.
Wenn augenblicklich etwas zu holen, etwas zu kaufen oder
eine kleine Rechnung zu bezahlen war, dann wurde diese
Ausgabe aus dem ledernen Säckchen bestritten. Und auch
wenn Abends der alte Schmalzdick ausging, um irgendwo
sein Schöppchen zu trinken, dann langte er immer vorher in
den kleinen ledernen Sack hinein und nahm sich da heraus,
was ihm gerade recht schien. So viel ihm dabei in die
Hand kam, schob er ein in seine Tasche, und er hatte sich
früher gar niemals die Zeit dazu genommen, nachzuzählen,
was er aus dem Säckchen heraus nahm und wie viel noch
darin blieb. Sorglos war er dabei zu Werke gegangen.
Einmal aber war er nun doch darauf gekommen, daß
aus dem ledernen Säckchen immer mehr verschwand, als mit
seinem Wissen oder von ihm selbst daraus weggenommen
wurde. Und wenn er manchmal auch gar nichts heraus-
genommen hatte, dann befand sich doch immer am andern
Tag weniger darin, als zuvor. Er hatte ein gewaltig langes
Gesicht gemacht, als er das Verschwinden einmal so recht be-
merkte ; keinem Menschen im ganzen Haus aber sagte er ein
Wort davon. Daß er schwieg davon, hatte seinen guten Grund.
Sein eigenes, leichtsinniges Verfahren war ja die Schuld daran,
daß die Dieberei nicht schon lang bemerkt worden war. Wenn das
seine Frau gewußt hätte, dann wär' — das wußte er gewiß — eine
Auf der Feldwache.
Lieutenant: „Gefreiter Mutzt, nehm' Er sich 3 Mann und mach' Er eine Patrouille!"
Gefreiter (im Abgehen): „Herr Gott! wollt' i do fuchti wcr'n, net amol aufm Erercierplatz hat m'r sein Ruh."
Wie man Diebe fängt.
Diebe sind gefährlich, das weiß ein Jeder. Am gefähr-
lichsten aber von Allen sind die Hausdiebe. Von diesen wird
man oft lange Zeit ganz allmälig bestohlen und man merkt es
nicht einmal; und wenn man es bemerkt, dann steht man
da wie das Kind vor'm zerbrochenen Hafen und ist übel d'ran,
weil man nicht weiß, wie man es anfangen soll, um dem
Diebe auf die Spur zu kommen. So einen Dieb unter den
Leuten im eigenen Haus herauszusinden, das ist schwierig,
denn Keinem möcht' man Unrecht thun. Wie macht man's,
um den Rechten zu erwischen?
Solche Gedanken ungefähr beschäftigten den Privatier
Schmalzdick. Er schüttelte mit seinem grauen Kopf dabei
einmal inehr als das andere Mal, denn der rechte Gedanke
wollt' ihm immer noch nicht kommen.
Sein Wohnzimmer war recht schön eingerichtet; da
stand an der einen Seite ein ganz hübsches Sopha mit einem
Uebcrzug von geblümtem Damast, und an der andern Seite
war noch so ein Hauptmöbel, ein Schreibkasten nämlich,
oder, wie man gewöhnlich sagt, ein Sekretär. Dieser fein
polirte Sekretär war so gut und so fest gemacht, daß sicher-
lich kein Mensch hinein könnt', der nicht einen Schlüssel dazu
besaß. Und den Schlüssel, den eigentlichen, der dazu gehörte,
den hatte der alte Schmalzdick beständig in seiner Tasche;
der kam bei Tag und bei Nacht nicht da heraus, wenn er
ihn nicht selbst mit eigener Hand gebrauchte.
Der Sekretär hatte vorn eine Klappe, die man auf-
schließen und dann' herunter lassen konnte, wie das gewöhn-
lich so eingerichtet ist. Und hinter der Klappe, wenn sic zu
war, befanden sich rechts und links in dem Schreibkasten
mehrere kleine Schubladen; in der Mitte zwischen diesen
Schubladen war, um dieses und jenes darin aus der Hand
legen zu können, ein offener, viereckiger Raum; in diesem offe-
nen Viereck stand in der Regel nichts, als das Dintenzeug.
Nebenan, in einer der kleinen Schubladen nämlich,
hatte er beständig ein ledernes Säckchen liegen; in diesem
ledernen Säckchen war immer eine kleine Baarschaft vor-
handen, welche, so wie man sagt, zum Handgebrauch diente.
Wenn augenblicklich etwas zu holen, etwas zu kaufen oder
eine kleine Rechnung zu bezahlen war, dann wurde diese
Ausgabe aus dem ledernen Säckchen bestritten. Und auch
wenn Abends der alte Schmalzdick ausging, um irgendwo
sein Schöppchen zu trinken, dann langte er immer vorher in
den kleinen ledernen Sack hinein und nahm sich da heraus,
was ihm gerade recht schien. So viel ihm dabei in die
Hand kam, schob er ein in seine Tasche, und er hatte sich
früher gar niemals die Zeit dazu genommen, nachzuzählen,
was er aus dem Säckchen heraus nahm und wie viel noch
darin blieb. Sorglos war er dabei zu Werke gegangen.
Einmal aber war er nun doch darauf gekommen, daß
aus dem ledernen Säckchen immer mehr verschwand, als mit
seinem Wissen oder von ihm selbst daraus weggenommen
wurde. Und wenn er manchmal auch gar nichts heraus-
genommen hatte, dann befand sich doch immer am andern
Tag weniger darin, als zuvor. Er hatte ein gewaltig langes
Gesicht gemacht, als er das Verschwinden einmal so recht be-
merkte ; keinem Menschen im ganzen Haus aber sagte er ein
Wort davon. Daß er schwieg davon, hatte seinen guten Grund.
Sein eigenes, leichtsinniges Verfahren war ja die Schuld daran,
daß die Dieberei nicht schon lang bemerkt worden war. Wenn das
seine Frau gewußt hätte, dann wär' — das wußte er gewiß — eine
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Auf der Feldwache"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 39.1863, Nr. 941, S. 22
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg