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Wie man D

Predigt über ihn gekommen, und was für eine! Das war
eine so akkurate und eine so genaue Frau, wie nicht leicht
eine Zweite. Die zählte die Bohnen Morgens zum Kaffee
und schnitt, wenn sie noch so sehr beschäftigt war, der Magd
immer eigenhändig ihr Stückchen Brod herunter, damit es
nicht zu dick ausfallcn sollte. Sie war fast zu genau, die
gute Frau Schmalzdick; und wär' sie nicht nebenbei doch
auch noch ein bischen eitel gewesen auf sich und ihre Tochter,
es wären gewiß die Zwei nicht so geputzt einher gegangen.
Der alte Schmalzdick war kein Freund von dem Putz. Seine
Frau aber wußte so billig einzukaufen, daß der alte Schmalz-
dick selbst sagen mußte: „Schad' wär's, wenn man um den
Preis dem Kaufmann die Maaren ließ'!"

Um aber wieder auf das lederne Säckchen zu kommen,
so fehlten immer, seitdem er genau aufmerkte, heut' ein paar
Gulden darin und morgen wieder ein paar, und er könnt'
sich nicht denken, wohin das Geld kam. Seine Magdj die
schon zehn Jahre laug im Hause diente, hielt er für die Ehr-
lichkeit selbst, und der Michel, sein alter Hausknecht, Warseiner
Meinung nach zu dumm zum Stehlen. Auch sah er ja täglich vor
Augen, was seine Leute besaßen, und auch hierin könnt' er nichts
Verdächtiges finden. Ein feiner Requirent war er nicht, er
würde sonst doch etwas heraus gefunden haben. Das Mädchen
nämlich, die Lene, hatte zwar einen Kürassier zum Geliebten
und sie that auch, als wenn sie auf der Welt gar nichts
Anderes liebte, als nur den; aber das Erempel lehrt, daß
trotzdem solche Mädchen doch auch manchmal noch etwas
Anderes auch lieben — und das konnte im vorliegenden
Fall, gerade dem Kürassier zu Liebe, der Inhalt von dem
ledernen Säckchen sein. Der Hausknecht Michel aber gab
weit mehr Gründe noch zu einem Verdacht, denn — der
Mensch hatte eine gewaltig rothe Nase. Und so eine rothe
Nase kommt doch, wenn man es genau nimmt, in der Regel
nicht von Nichts. Wer weiß, wer weiß, ob nicht das Silber
aus dem Säckchen umgewechselt worden war in das Kupfer,
das der Michel auf seiner Nase trug! —

Eines Abends, als der alte Schmrlzdick im goldenen
Stern bei einem Schoppen Affenthaler saß, erzählte er seinen
Bekannten dort die fatale Geschichte. Da fehlte es denn nicht
an allerlei Nathschlägen. Der Eine gab ihm diesen, der
Andere jenen Rath, und, bei Licht betrachtet, taugte doch
immer noch keiner recht. „Ich," sagte Einer, „ich würde
ganz einfach in dem Sekretär eine Pistole so anbringen
lassen, daß sic los ging', sobald die Klappe aufgemacht
würde." Der alte Schmalzdick aber schüttelte den Kopf; so
arg wollte er es denn doch nicht machen. Da gab dann einer
von seinen Tischgcnossen ihm noch einen andern Rath. Der
schien ihm der beste zu sein. „Das thu' ich!" sagte Schmalz-
dick, „ja, das thu'ich!" — Und dabei blieb cs auch.

Am andern Morgen, als er aufwachte, es mochte so
um sieben Uhr sein, da schlich er sogleich still aus seinem
Bett heraus. Ganz leise ging er auf den Socken in das
Wohnzimmer, wo sein Sekretär stand. „Ich will sehen,"
sagte er still für sich, „wie mir der Fang gelungen ist!"

iebe fängt. OJ

Er hatte den Rath seines Freundes im goldenen Stern
benutzt. Roch Abends war er zu seinem Nachbar, dem Photo-
graphen, gegangen und hatte sich von diesem einen Apparat,
eine Camera mit einer präparirten Platte darin, entlehnt.
Diesen Apparat hatte er in seinem Sekretair, und zwar in
dem offenen Raum in der Mitte desselben, ausgestellt; dort
stand der viereckige Photographiekasten mit dem Glase nach
vorn gerichtet. War die Klappe zu, dann war's finster in

dem Sekretär, und auch in den Kasten fiel kein Licht und
nichts, was sich hätte abbilden können. Ward aber der
Sekretär aufgemacht, dann wurde, wer die Klappe herunter-
ließ, photographirt, er mochte wollen, oder nicht.

So hatte er die Sache eingerichtet und den Kasten
so weit nach hinten gestellt, daß er nicht leicht bemerkt
werden konnte. Behutsam öffnete er den Sekretär. Schnell
warf er vor allen Dingen sein Sacktuch über den Apparat,
damit weiter kein Licht hinein kommen konnte; dann steckte
er, nachdem er den kleinen, viereckigen Kasten herausgcnom-
men hatte, seinen Kopf unter das Tuch, um zu sehen, ob er
ihn hatte, den Dieb.

Er hatte ihn; in äuplo hatte er ihn! Voll Erstaunen
stand er dort. Die Photographie war vollständig gelungen.
Und was stellte fie vor? — Seine Frau, wie sie gerade das
Säckchen in der Hand hielt, und seine Tochter daneben, die
hinein langte, so weit es nur anging.

Der alte Schmalzdick hat das Bild über dem Sopha
aufgchängt, und darunter geschrieben:

„Die gefährlichsten Hausdiebe."

Lud. Müller.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Wie man Diebe fängt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Beweis
Tochter <Motiv>
Geld <Motiv>
List
Fotografie <Motiv>
Schreibschrank
Entlarvung
Karikatur
Fotoapparat
Mutter <Motiv>
Diebstahl <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 39.1863, Nr. 941, S. 23

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