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58 Krisch an Wehncke's Erlebni

Capitänscajüte, wo sich die gesammte Mannschaft befand, und
ich schrie: „Wasser! Wasser!"

Alle sprangen von ihrem Lager auf und schrieen Wun-
der über Wunder, Niemand brachte mir Wasser.

„Mein Himmel, was ist mit Deiner Nase vorgegangen,
Krischan? Sie leuchtet und brennt ja!" rief Paulsen.

Und in der That, der Pumpenhaken, welchen ich im
Gesicht habe, leuchtete meinswcgens wie ein Gaskandelaber;
man konnte die Lampe, die an der Decke der Cajüte brannte,
kaum wahrnehmen, so dunkel war ihr Licht bei dem Hellen
Schein, welchen meine Nase verbreitete.

„Eis her, Eis her!" brüllt ich, von Schmerzen gefoltert.

Während der Cajütenjunge einen Klumpen Eis holte,
machte sich ein Matrose den Witz, seine Cigarre an meinem
Riecher anzubrennen. Ich gab ihm in meiner Wuth eine
' Ohrfeige, daß er zu Boden stürzte. Die Cigarre hatte aber
Feuer bekommen.

Als meine Nase sich in den Eisblock hineingethaut hatte
j und die Schmerzen anfingen abzunehmen, erschien auch Peter
! Baars, so ruhig, als wäre nichts vorgefallen.

„Thut mir leid, daß es gerade Dich getroffen hat,"
sagte er, mich auf die Schulter klopfend; „warum bist Du
auch so neugierig! Aber weine nur nicht, das Brennen wird
in einer halben Stunde vorbei sein. Deine Nase wird uns
! allerdings noch einige Wochen als Laterne dienen, aber dann
i bist Du wieder der Alte."

„Ein schöner Trost!" rief ich ärgerlich. „Das ist wohl
der Dank für meine Freundschaft?" setzte ich fragend hinzu.

„Sei nicht böse, old boy, es thut mir selbst leid, aber
ich will Dir auch das Geheimniß mittheilen, ehe wir nach
Hamburg zurückkommen."

„Ist das ein Wort?" fragte ich.

„Mein Wort darauf!" sagte er, indem er mir die
Hand drückte. Und wenn Peter das sagte, so konnte inan
sich darauf verlassen. Halb und halb ahnte ich freilich schon,
was die Wärme hervorbrachte, nämlich ein Strahl vom
Nordlicht, den Peter abgebrochen haben mußte, aber mit
Bestimmtheit wußte ich es natürlich nicht und ebenso wenig,
wie er cs angefangen hatte, den Strahl zu bekommen. Auf
meine neugierigen Fragen erwiderte Peter Baarö nichts
! als: „Du wirst es ja erfahren; warte, bis wir vor der
Elbe sind!"

Bei dieser Gelegenheit muß ich auf einen Jrrthum
' aufmerksam machen, der von den Gelehrten vielfach verbreitet
I worden ist:

Die Sonne ist, wie jene ganz richtig bemerken, ein an
sich kalter Körper, der aber Wärme ausstrahlt; das Nord-
licht ist dagegen, was bis jetzt noch Niemand wußte, ein an
sich glühender Körper, welcher allerdings Licht, aber keine
Wärme verbreitet. Will Jemand mehr vom Nordlicht wissen,
so braucht er sich meinswcgens nur zu mir zu bemühen, ich
bin gern erbötig, ihm über Alles Auskunft zu geben. —
Dieses nebenbei bemerkt.

Meine Nase leuchtete noch ungefähr einen Monat laug

sse im nördlichen Eismeer.

und gab Veranlassung zu manchem schlechten Witz. Die
Leuchtkraft nahm mit jedem Tage ab, und nach vier Wochen
war alles Licht auf meiner Nase erloschen, aber roth war
sie noch, und das ist sic auch geblieben bis auf den heuti-
gen Tag.

Wir verlebten den Winter höchst einförmig und lang-
weilten uns von ganzem Herzen. Um mir die Zeit zu ver-
treiben, ging ich häufig auf die Jagd, und zwar auf die
Bärenjagd.

Wie bei jedem Unternehmen war ich auch hierin glück-
lich. Schlau und praktisch, wie ich bin, wußte ich die Eis-
bären so nahe heranzulocken, daß ich sic stets im Kcrnschuß
vor mir hatte.

Vor allen Dingen bedurfte ich eines passenden Ortes
zum Anstand. Dieser war bald gefunden. Eine halbe See-
meile von unserem Schiffe entfernt stand ein kleiner Eisberg,
der zu meinem Vorhaben wie geschaffen erschien. Derselbe
hatte die Form eines abgestumpften Kegels. Oben befand
sich eine Höhlung, welche ungefähr ein halbes Dutzend Men-
schen fassen konnte. Ursprünglich hatte die Natur einen
Zuckerhut aus Eis bilden wollen, denn das Stück, welches
zu dem Eisberge gehörte und mit ihm zusammen jene Figur
gebildet hatte, hing mittelst eines kolossalen Eiszapfens von
reichlich drei Fuß Dicke an einem riesigen Eisblock fest. Daß
beide Theile früher ein Ganzes gebildet hatten, war offenbar,
aber wie sie sich getrennt hatten, war schwer zu erklären.

Ich habe indessen meine Vcrmuthung darüber, aber ich will
sie Euch nicht mittheilen, weil Ihr nichts von Naturwissen-
schaft versteht und darum leicht glauben könntet, ich wolle
Euch etwas aufbinden.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Krischan Wehncke's Erlebnisse im nördlichen Eismeer"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Eisberg
Fahne
Ich-Erzählung
Versteck
Jagd <Motiv>
Rechthaberei
Imponiergehabe
Schelm
Jagdliches Schießen
Aushöhlung
Eisbär <Motiv>
Karikatur
Langeweile
Reise
Satirische Zeitschrift
Nordpol <Motiv>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 46.1867, Nr. 1128, S. 58
 
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