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Der R

„Schade nur um die Decke," meinte Polter, „die wollen
wir doch wenigstens vorher abstreifen."

„Hm! lassen Sie die Decke lieber daran, Polter,"
sagte der Commerzienrath, „ich — werde den Rehbock mit in
die Stadt nehmen und einen Thierarzt darüber befragen."

„Dazu brauchen Sie aber den schweren Bock nicht mit-
zuschleppen," meinte der Kreiser, „sondern nur den Aufbruch,
denn in dem steckt die Krankheit, nicht im Wildpret."

„Und glauben Sie, daß das Wildpret nicht ungesund wäre."

„Ungesund? ih bewahre, die Kreiser drüben auf der
Heiliher Flur haben die beiden Rehe auch gegessen, und sie
sollen delikat geschmeckt haben — ich ekelte mir aber den Tod
an, wenn ich einen Bissen davon verzehren sollte. Nicht um
zehn Thaler."

„Nein, ich müßte auch danken," sagte der Commerzien-
rath, sich schüttelnd, „die Sache sieht zu unappetitlich aus,
das Wildpret freilich gar nicht. Schade um den schönen
Bock. Ich will ihn doch mitnehmen und dem Arzt zeigen
und wissen Sie, Polter, wir können die Milz mit beilegen.
Hier in der Jagdtasche habe ich eine alte Zeitung, wickeln
Sie mir sie da hinein, aber ordentlich, daß ich mich nicht
schmutzig mache, Sie können sie erst ein wenig in Laub ein-
schlagen — so, das wird's thun, und wissen Sie was, Sie
brauchen keinem Menschen zu sagen, daß wir den kranken
Bock auf meinem Revier gefunden haben, sonst machen mir
die Wildprethändler nachher bei jedem auch vollkommen ge-
sunden Stück Schwierigkeiten, und drücken mir die Preise,
i Das ist überhaupt Lumpenvolk, und wenn sie nachher ein
Stück haben, wissen sie gar nicht, was sie dafür fordern sollen."

„Und was sollen wir jetzt mit dem Bock anfangen?"

„Wir decken ihn hier derweilen zu und pirschen weiter.
Auf dem Rückweg können wir ihn nachher mit nach Haus
nehmen; es ist ja überdieß nicht so weit von hier."

Damit war die Sache vor der Hand abgemacht. Die
beiden Männer setzten ihren Pirschgang fort, und der Com-
merzienrath fehlte, eine Stunde später, noch einen ganz tüch-
tigen Bock, der ihm breit auf kaum sechzig Schritt stand.
Er bekam auch richtig an dem Tag nichts weiter, als einen
jungen Waldhasen, den der Kreiser schoß. Dann schulterte
Polter den Bock, trug ihn bis zum Wirthshaus, legte ihn
in den kleinen Einspänner des Commerzienrathes, bekam
heute ein außergewöhnlich reiches Trinkgeld von 15 Sgr.

! und schlenderte dann in die Schenke zurück, um wenigstens
einen Theil desselben in Bier aufzulösen.

Der Commerzienrath fuhr indessen mit seinem kranken
Rehbock in die Stadt zurück, aber eine Menge von Gedan-
ken ging ihm dabei im Kopfe herum. Der Rechtsanwalt
Schröter, dem er in vielen Stücken zu Dank verpflichtet war,
hatte ihn oft und oft gequält, er sollte ihm doch einmal
einen Rehbock mitbringen, er hatte eine große Familie und
mochte sich nicht gern Rehwild beim Wildprethändler kaufen,
weil er denn nie wußte, ob er es frisch bekam. Der alte
Fuchs hatte aber ebenfalls schon oft seinen Scherz mit ihm
getrieben; wenn er dem jetzt den Rehbock schickte, der wußte

hbock. 59

den Teufel von einer Milzkrankheit. Es wäre ein Haupt-
spaß gewesen, ihn später einmal damit zu necken. Hm,
schaden könnt's ihm ja doch auf keinen Fall, die Kreiser in
Heilitz hatten es ja auch verzehrt und es sollte delikat ge-
wesen sein — und der Bock sah sogar gut und feist aus.

Die kranke eingewickelte Milz genirte ihn, er ekelte sich
davor. Was konnte ihm auch der Doktor dabei helfen?
Der war doch nicht im Stande, die kranken Rehe im Wald
draußen zu kuriren, und ob er ihm einen lateinischen oder griechi-
schen Namen für die Krankheit nannte, nutzte ihm gar Nichts.
Er nahm das Packet und warf es in den Chausssegraben hinein.

Zu Hause angekommen, ließ er dann von seinem Diener
den Rehbock aufhängen, und ordentlich auswaschen, auch das
Gehörn nussägen, das viel zu schön war, um cs mit zu
verschenken, und am nächsten Morgen schickte er den Bock mit
ein paar Zeilen an den Rechtsanwalt Schröter, der im Laus

des Tages dann selber kam, und gar nicht aufhören konnte,
sich für das prächtige Geschenk zu bedanken. (Schluß folgt.)

Kuno's Ritt.

Der Ritter Kuno von Eulenhorst
Sprengt wie ein Rasender durch den Forst;
Was treibet ihn zu solcher Hast,

Hat plötzlicher Wahnsinn ihn erfaßt,

Ist seine Burg in der Feinde Hand,

Hat seine Braut sich von ihm gewandt,
Welch' Gräßliches ward da verübt —

Ist Niemand denn, der Aufschluß gibt?

8 *
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Rehbock"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Barth, Ferdinand
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Mann <Motiv>
Rechtsanwalt <Motiv>
Lesen <Motiv>
Reh <Motiv>
Brief <Motiv>
Streich <Scherz>
Geschenk <Motiv>
Karikatur
Frau <Motiv>
Kind <Motiv>
Familie <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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Public Domain Mark 1.0
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Fliegende Blätter, 51.1869, Nr. 1258, S. 59

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