Der Hausschatz.
noch mit Aufwaschen des Vorplatzes, der zur Sakristei führt,
beschäftiget, als schon auch seine Eminenz der Herr Erzbischof
mit Extrapost hereinbrach. Was konnte die Arme nun thun?
— Sollte sie in die Kirche zurück? In diesem Anzuge — was
würden die Leute denken! — Aber noch viel weniger durfte sie
in dieser Toilette von der Eminenz gesehen werden, — es wäre
gewiß um die ganze Reputation des Hauses geschehen gewesen.
Also geschwind den Hadern in's Schaff, und in's Eck damit;
den Besen hinter die Fahnenstangen gestellt, und — verschwunden
j war sie. Eine Thür gab mitleidig dem Drucke nach und nahm
I sie auf. In diesem Augenblicke kommt der Pfarrer aus der
j Sakristei, um den Erzbischof, der eben die Thüre des Vorplatzes
| öffnete, zu empfangen. Es waren befreundete Herren, sie kannten
sich schon lange. „Wir machen nicht viel Umstände mein Lieber,"
sagt die Eminenz, „und fangen mit der Besichtigung gleich
hier an, — es sollen ja außerordentlich schöne Paramente hier
sein?" — „Das will ich meinen, Eminenz," entgegnet ge-
schmeichelt der Pfarrer — „hier, hier, und hier — ein ganzer
Kasten voll alter, schöner Meßgewänder, aber hier, Eminenz —
in diesem Kasten finden Sie das schönste und reichste an Para-
menten, — so zu sagen meinen eigentlichen Hausschatz —" und
hiebei öffnet der Pfarrer die nächstfolgende Thüre, und ein
| Ausruf des höchsten Erstaunens unterbricht die feierliche Stille. —
Die Hände gefaltet, steht die Köchin im Paramentenkasten, — sie
hatte freilich nicht geahnt, daß bei ihr der Anfang gemacht werde.
Illustrationen zu deutschen Klassikern. 115
„Die Rcutlinger, auf unfern Glanz
Erbittert, kochten Gift."
Schiller, Gras Eberhard der Greiner.
Auflösung der Inschrift in voriger Nummer.
Belle ivarstc,
Triste biste,
Siehste, wie de biste,
Belletriste!
Scheinbarer Widerspruch.
Mein Haus ist von Gestalt und Mache
Nur klein und , völlig unscheinbar,
Doch wohnet unter seinem Dache
Ein wahrhaft glücklich Ehepaar.
O Zeit voll Anmuth und voll Frieden
O seltene Gliickseligkcit,
Die ungetrübt dem Paar beschieden,
Das treu sich liebt mit Zärtlichkeit!
In Ruhe und geschäftig Walten
Theilt schön sich jedes neue Jahr
Und Freuden gibt, die nie veralten,
Der holden Kinder kleine Schaar.
Das ist ein Schwatzen und ein Kosen,
Ein trauliches Verstandensein,
Als blühte stets die Zeit der Rosen
Und kehrte nie der Winter ein.
Und doch, mein Weib — mit Zögern klage
Ich Dir's, im tiefsten Herzen wund.
Doch leider liegts zu klar am Tage —
Gibt sich nur als Aantippe kund!
Voll Herzeleid darum und Plage
Und Jammer ist mein Erdenlauf:
O Herr, verkürze meine Tage,
Nimm mich in Deinen Frieden auf!
Du staunst ob solch' zwiespalt'ger Sprache?
Und dennoch ist mein Sprüchlein wahr;
Denn unter meinem kleinen Dache
noch mit Aufwaschen des Vorplatzes, der zur Sakristei führt,
beschäftiget, als schon auch seine Eminenz der Herr Erzbischof
mit Extrapost hereinbrach. Was konnte die Arme nun thun?
— Sollte sie in die Kirche zurück? In diesem Anzuge — was
würden die Leute denken! — Aber noch viel weniger durfte sie
in dieser Toilette von der Eminenz gesehen werden, — es wäre
gewiß um die ganze Reputation des Hauses geschehen gewesen.
Also geschwind den Hadern in's Schaff, und in's Eck damit;
den Besen hinter die Fahnenstangen gestellt, und — verschwunden
j war sie. Eine Thür gab mitleidig dem Drucke nach und nahm
I sie auf. In diesem Augenblicke kommt der Pfarrer aus der
j Sakristei, um den Erzbischof, der eben die Thüre des Vorplatzes
| öffnete, zu empfangen. Es waren befreundete Herren, sie kannten
sich schon lange. „Wir machen nicht viel Umstände mein Lieber,"
sagt die Eminenz, „und fangen mit der Besichtigung gleich
hier an, — es sollen ja außerordentlich schöne Paramente hier
sein?" — „Das will ich meinen, Eminenz," entgegnet ge-
schmeichelt der Pfarrer — „hier, hier, und hier — ein ganzer
Kasten voll alter, schöner Meßgewänder, aber hier, Eminenz —
in diesem Kasten finden Sie das schönste und reichste an Para-
menten, — so zu sagen meinen eigentlichen Hausschatz —" und
hiebei öffnet der Pfarrer die nächstfolgende Thüre, und ein
| Ausruf des höchsten Erstaunens unterbricht die feierliche Stille. —
Die Hände gefaltet, steht die Köchin im Paramentenkasten, — sie
hatte freilich nicht geahnt, daß bei ihr der Anfang gemacht werde.
Illustrationen zu deutschen Klassikern. 115
„Die Rcutlinger, auf unfern Glanz
Erbittert, kochten Gift."
Schiller, Gras Eberhard der Greiner.
Auflösung der Inschrift in voriger Nummer.
Belle ivarstc,
Triste biste,
Siehste, wie de biste,
Belletriste!
Scheinbarer Widerspruch.
Mein Haus ist von Gestalt und Mache
Nur klein und , völlig unscheinbar,
Doch wohnet unter seinem Dache
Ein wahrhaft glücklich Ehepaar.
O Zeit voll Anmuth und voll Frieden
O seltene Gliickseligkcit,
Die ungetrübt dem Paar beschieden,
Das treu sich liebt mit Zärtlichkeit!
In Ruhe und geschäftig Walten
Theilt schön sich jedes neue Jahr
Und Freuden gibt, die nie veralten,
Der holden Kinder kleine Schaar.
Das ist ein Schwatzen und ein Kosen,
Ein trauliches Verstandensein,
Als blühte stets die Zeit der Rosen
Und kehrte nie der Winter ein.
Und doch, mein Weib — mit Zögern klage
Ich Dir's, im tiefsten Herzen wund.
Doch leider liegts zu klar am Tage —
Gibt sich nur als Aantippe kund!
Voll Herzeleid darum und Plage
Und Jammer ist mein Erdenlauf:
O Herr, verkürze meine Tage,
Nimm mich in Deinen Frieden auf!
Du staunst ob solch' zwiespalt'ger Sprache?
Und dennoch ist mein Sprüchlein wahr;
Denn unter meinem kleinen Dache
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der Hausschatz" "Illustrationen zu deutschen Klassikern"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Wortillustration
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 61.1874, Nr. 1525, S. 115
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg