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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 54.1943

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Schumacher, Fritz: Fläche und Raum
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https://doi.org/10.11588/diglit.10969#0104

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INNEN-DE KORATI ON

FLÄCHE UND RAUM

Auf einer Fläche kann man mit den einfachsten
XX Mitteln Leben erzeugen. Man braucht dafür
nur die Linie und muß sie dazu benutzen, um die
Fläche aufzuteilen. Durch die Teilung ergeben sich
bestimmte Proportionen zwischen den entstandenen
Flächenteilen und Linienabschnitten. Wenn sie mit
Vorbedacht gezogen sind, können sie im Betrachter
Eindrücke erzeugen, in denen Keime von Stim-
mungen liegen: wir empfinden Ruhe, wenn sie die
Tendenz des Horizontalen betonen, Spannung, wenn
sie die Vertikale bevorzugen, - wir empfinden Har-
monie, wenn ein feines Gefühl sie wohlgefällig gegen-
einander abgestimmt hat, Spannung, wenn sie un-
erwartete Gegensätze hervorrufen.

Es ist ähnlich wie mit den Verhältnissen der Töne
zueinander, auf die unser Empfinden ebenfalls rea-
giert, und ebenso wie man dort die Ursachen der Wir-
kungen in Zahlen ausdrücken kann, kann man auch
hier die verschiedenen Ergebnisse in Zahlen festlegen.
Die Zahlen künden einfache Gesetze für Verhältnisse,

die der Mensch bevorzugt, sie sind ein Erkennungs-
mittel, das akustische und optische Welten mitein-
ander verbindet.

Wir müssen von dieser etwas blutleeren Vorstel-
lung einer linearen Flächenteilung ausgehen, um von
den Urgründen nicht abgelenkt zu werden, wenn in
der architektonischen Wirklichkeit die senkrechte
flächenteilende Linie zur Lisene, dann zum Pilaster
und schließlich gar zur Säule anschwillt und die hori-
zontale Linie zu Bändern und Gesimsen wird. Nicht
die Form, die dabei zutage tritt, so wirkungsvoll sie
an sich sein mag, ist das in erster Linie Entscheidende,
sondern die Verhältnisse, die beim Entfalten solcher
Elemente in der Fassadenfläche hervortreten. Die
schattengebenden Formen unterstreichen das Spiel
dieser Verhältnisse, aber diese Wirkung bleibt etwas
für den Beschauer Unbewußtes, denn sie ziehen die
Aufmerksamkeit zugleich auf ihre Eigenbedeutung.
Das Linienspiel, das in Wahrheit den Grundton des
Gebäudecharakters angibt, versteckt sich hinter der
 
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