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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 61.1910-1911

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Schmädel, Josef von: Professor Fritz von Miller
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https://doi.org/10.11588/diglit.7091#0049

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87. Goldschmied-Vignette von Jul. Diez.

Professor Lriiz von Mikker.

m U. November \9\0 feierte Prof.
Fritz von Miller sein siebzigstes
Geburtsfest. Wer Gelegenheit
hatte, feine neuesten Werke zu
bewundern, der wird erstaunt die
Frage stellen: „Ist das möglich?"

Leine Meisterschöpfungen find heute noch voll
jugendlicher Frische, modern im besten Sinne des
Wortes, gleichzeitig aber auch erfüllt vom Geiste
der alten Meister und jenem Zauber, der allen un-
vergänglichen Werken die eigentliche Weihe gibt.

Nur die unvergleichliche Vollendung ist,es, die
uns belehrt, daß hier ein Meister schöpferisch ge-
waltet hat, dem eine Fülle reichster Erfahrungen
zur Seite steht, die nur in einein langen Leben voll
unermüdlicher Arbeit erworben werden kann.

Mit Recht hat ihn einer seiner Schüler, Prof. Karl
Groß in Dresden, den Wie d ere r w eck er deut-
scher Goldschmiedekunst im sy. Jahrhun-
dert genannt?)

Als Sohn des berühmten Erzgießers Ferdinand
v. Miller sen. geboren, hat ihn ein gütiges Schicksal
von Jugend auf in engste Beziehung zur Kunst ge-
bracht. Künstlersinn liegt ihm in Fleisch und Blut
seit jenen Tagen.

Gr ist nicht nur der ruhmvolle Goldschmied
geworden; er ist ein Künstler in allen Dingen des
Gebens, ein poesievoller Gestalter herrlicher Feste und
künstlerischer Geselligkeit, ein Förderer der Aunst auf
allen ihren Gebieten, ein über den Richtungen und
Parteien stehender Berater, einer von jenen, die der
Kunststadt München ihr charakteristisches Gepräge
verliehen haben und durch die der Ruhm Münchens
in alle Welt getragen wurde.

') No. 33 des 30- Jahrganges des „Journales der Gold-
schmiedekunsv. Leipzig, Verlag therm. Schlag Nachf.

Die Fülle seiner eigenen Werke ist so groß, daß
es nicht möglich ist, sie hier alle aufzuzählen. Die
Wiedergabe einer kleinen Anzahl derselben in diese,n
Hefte der Zeitschrift unseres Vereins wird genügen,
um all die Herrlichkeiten in Erinnerung zu bringen,
mit denen er uns so reichlich beschenkt hat.

Sie werden von ihm und seinem Schaffen noch
in den fernsten Zeiten Zeugnis geben und künst-
lerisches Leben wecken, wenn er selbst schon lange
dahingegangen sein wird.

Aber auch in seinen Schülern wird er fortleben,
denn seine zweiundvierzigjährige Tätigkeit an der
Aunstgewerbeschule in München hat segensvolle
Frucht getragen.

Er hat mit seinem Wissen nicht gegeizt und reiche
Saat ausgestreut. Die Freiheit in der künstlerischen
Gestaltung, die souveräne Beherrschung des Mate-
rials, die selbstschöpferische Verwertung aller prak-
tischen Möglichkeiten, seine Erfahrungen als Gießer,
Goldschnned, Emailleur und Bildhauer, sein ganzes
Könne,, hat er seinen Schülern praktisch und vor-
bildlich zur Verfügung gestellt und ihnen durch seine
Werke den Weg zur Meisterschaft gewiesen.

Ei» Aünstler durch und durch, ein kerndeutscher
Mann, ein edler Charakter, voll vornehmer Be-
scheidenheit, ein glühender Verehrer alles Schönen,
ein zuverlässiger Freund, ein liebenswürdiger Kollege
und — nicht zuletzt — ein begeisterter Münchner,
so kennen und verehren wir ihn. Die Liebe, die
aus seinen Werken spricht, hat ihm reiche Gegen-
liebe erweckt. Möge sein Lebenswerk noch lange
nicht zu», Abschlüsse gelangen, möge er in gleicher
künstlerischer Iugendfrische noch viele Jahre wirken
und schaffen, ihm selbst zur Freude, dem deutschen
Aunsthandwcrk zur Ehre und unserer lieben Stadt
München zum Ruhme! Jos. v. Schmaedel.

«uns, und Handwerk. 6j. Zahrz. Heft 2.

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