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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 21.1886

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Strzygowski, Josef: Neuentdeckte Handzeichnungen Botticelli's zum Inferno
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https://doi.org/10.11588/diglit.5792#0240

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467

Neuentdeckte Handzeichnungen Botticelli's zum Jnferno.

468

Zur ersten Nachprüfung gebc ich im Folgenden
die nötigen Notizen.

Die Blätter sind 32 orn hoch, 47 ern breit, der
Breitseite nach gebunden. Bemerkt zu wcrden ver-
dient, daß sie nicht wie die der Hamilton-Sammlung
auf Papierfalze gesetzt, sondern in Folio gebunden sind,
allerdings in falscher Folge. Da die Jllustration zum
neunten Gesange auf einen Bogen gesetzt ist mit der
znm sechzehnten, die des zehnten mit der des stinfzehn-
ten und die des zwölften mit der des dreizehnten Ge-
sanges, so wird anzunchmen sein, daß die Blätter ur-
sprünglich in Lagen von vier Bogen gebunden waren.
Das Blatt mit der Gesamtdarstellung der Hölle aber
ist an die Zeichnung zum dreizehnten Gesange ange-
kleht. Das Pergament, auf der Seite der Schrift
stark gelblich, hat sich auf der Seite der Zeichnung da-
gegen mehr weiß erhalten. Es ist an den Schmal-
seiten in Abständen von ca. 0,5 orn durchlöchert, die
äußere Langseite dagegen zeigt nur an den Ecken
und zwischen diesen in drei Absätzen von ca. I om
Länge Hefrspuren. EinS Ansnahme macht das Doppel-
blatt mit der Gesamtillustration zur Hölle und der
Zeichnung zum ersten Gesange auf der Kehrseite. —
Dasselbe Blatt unterscheidet sich auch darin von den
übrigen, daß es auf beiden Seiten für die bildliche
Darstellunts benutzt ist, während die anderen auf der
einen Seite Text, aus der anderen die Zeichnung zeigen.

Der Text ist der Langseite der Blätter nach in
vier Kolumnen geschrieben, die in der Art vorliniirt
sind, daß sie beiderseits durch einen Doppelzug ge-
schieden und horizontal in Abständen von ca. ^ om
vorgeritzt sind. Die erste Terzine ist immer etwas
hereingerückt, doch springt ihr Anfangsbuchstabe nicht
vor, wie dies bei den folgenden Strophen der Fall ist.
Die Schrift selbst zeigt die schönen, dentlichen Formen
des Ouattrocento. Die Buchstaben sind ca. ^ oin
hoch, die des Anfanges ca. ^ onr.

Die Zeichnungen nehmen die ganze Blattseite
bis ungefähr an die Heftspuren ein und sind der
Breite des Blattes nach ausgeführt. Auf den meisten
Blättern zeigen sich noch deutliche Spuren der Skizzi-
rung mit dem Metallstift, ausgeführt jedoch sind die
meisten mit der Feder. Dagegen ist das Gesamtbild
der Hölle ganz, zwei andere Blätter aber sind unvoll-
ständig ausgemalt. Jm allgemeinen hervorzuhebenwäre
noch, daß die Figuren eine Höhe von ca. 6 oni haben,
Dante unbärtig in langem (rotem) Talar, aus dem
die Ärmel des Unterkleides hervorkommen, mit umge-
legteni Kragen und nach rückwärts übergeschlagener
Mütze dargestellt ist. Birgil dagegen trägt einen breit
herabwallenden Bart, den (blauen) Talar mit Mantel-
kragen nnd die charakteristische kegelförmigeMütze, die mir
sonst weder in Miniaturen, noch in Stichen aufgestoßen ist.

Jn der nachfolgenden kurzen Beschreibung folge
ich der Reihenfolge der Blätter, wie sie in unseren Mis-
cellaneenkodex eingebunden sind.

Fol. 97 rsoto. Text zum achten Gesange:

0 äioc> LSAnitanäo olmssai prirna

ll'g.1 olls psr Ini no üa 1a torrn aporta.

— vsrso. Darstellung znm neunten Gefange,
was in der Mitte der Langseite unten durch eine ara-
bische 9 bestätigt wird. Ganz mit der Feder ausge-
führt. Man sieht in der Mitte den Thorturm der
Stadt Dis, von den Erinnyen und Teufeln ver-
teidigt. Die beiden Dichter sind viermal, genau nach
dem Wortlaute der zugehörigen Verse, vor dem Thore
und zweimal bereits innerhalb der Mauern dargestellt.
Besonders herausgearbeitet erscheint dcr Moment, wo
dem Dichter das Haupt der Medusa entgegengehalten
wird und der Engel heranfliegt. Jm Hintergrunde
links sieht man die Zornigen im Styx, rechts den
davonrudernden Phlegyas.

Fol. 98 rsoto. Text zum fünfzehnten Gesange:
Ora oöportn Inn äs änri inNZini

Oolni olio vinos L non oolni olis xsräs.

— vsrso. Darstellung als die des sechzehnten
Gesanges bezeichnet. Mit der Feder ausgeführt. Die
Dichter schreiten auf dem linken Damme des von rechts
oben nach links unten strömenden Baches nach vorn.
Man sieht sie zuerst den drei sich im Kreise Drehenden
zugewandt, dann wie Dante seinen Gürtel löst, end-
lich wie Birgil denselben in den Schlund wirft, in dem
der Kopf des Geryon erscheint. Sie werden auf bei-
den Seiten von Büßenden umgeben.

Fol. 99 rsoto. Jllustration zum fünszehnten
Gesange, bezeichnet. Bis auf Einzelnes an den beiden
Dichtern vollständig in Farben ausgeführt. Die Kör-
per der Verdammten haben die braunrote Farbe niit
scharfen weißen Lichtern, wie auch auf dem einen
Blatte in Berlin. Wenig gelungen sind die Lausen-
den, die in kühnen Verkürzungen gegeben sind; sie
scheinen, besonders auf der linken Seite, eher ausge-
streckt am Boden zu liegen. Durch das Bild zieht sich
von links oben nach vorn der Bach, auf desien linkem
Damm die beiden Dichter einherschreiten. Man sieht
den Moment dargestellt, in dem Brunesco Latini seinen
Schüler am Gewande zieht, dann wie Birgil sich im
Gehen nach Dante umwendet, endlich wie Brunesco
sich von Dante trennt, um die anderen einznholen.

— vsrso. Text zum vierzehnten Gesange:

Oi ollsl onrita äsl nntio looo

llit soprn loro oZni vnzior si spSAns.

Fol. 100 rsoto. Zeichnung als die zum zehn-
 
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