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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Oidtmann, Heinrich: Acht Scheiben Kölner Kleinmalerei des XVI. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0250

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363

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

364

Acht Scheiben Kölner Kleinmalerei des XVI. Jahrhunderts.

(Mit 7 Abbildungen.)

om Herausgeber dieser Zeitschrift
wurden bereits im III. Jahrg.
gotische Bildscheiben als Einlagen
für die Fenster weltlicher Bauten
vorgeführt. — Im XII. Bande konnte der Ver-
fasser auf die prächtigen schweizer Glasmalereien
hinweisen, deren Schenkungen sich seit dem
Ende des XV. Jahrh. im Gebiet der Eid-
genossenschaft zu einer amtlich begünstigten
und tatkräftig unterstützten Volkssitte aus-
gewachsen hatten. Freilich grundverschieden
in Anlage, Zeichnung, Technik und Farben-
wahl sind jene schweizerischen Meisterwerke
und die ihnen nah verwandten oberdeutschen
Glasmalereien von den Bild- und Wappen-
scheiben des übrigen Deutschlands.

Hier hatte man sich nur vereinzelt eine
großzügige Ausstattung weltlicher Bauten mit
Glasmalerei geleistet, wie sie die Rathauslaube
zu Lüneburg in den malerischen Standfiguren
der neun Helden, Werken aus dem Anfang
des XV. Jahrh., und die dortige Körkammer
in den bedeutend jüngeren Bürgermeister-
gestalten erhalten haben. Nicht minder selten
wird ein so umfangreicher Fensterschmuck
gewesen sein, der seit dem letzten Drittel des
XVI. Jahrh. das Rathaus zu Emden zierte,
von dem uns außer einer genauen Inhalts-
übersicht einige gerettete Überreste auf der
Rüstkammer Kunde geben.

Allerwärts aber bestand durch ganz Deutsch-
land die Sitte der in bescheidenen Grenzen
gehaltenen Scheibenschenkungen. Auf Wande-
rungen durch Hannover, durch die thüringischen
Lande, durch Sachsen, Schlesien bis nach
Wien, in Hessen, Nassau und Westfalen, über-
all bezeugen erhaltene Scheiben den alten,
weitverbreiteten Brauch. In der norddeutschen
Tiefebene, in Friesland, Schleswig-Holstein,
allenthalben stößt man auf Überbleibsel von
Scheibenstiftungen, die sich sogar nach Däne-
markund hinüber nach Norwegen und Schweden
erstrecken. In Bremen, wo frühzeitig ein Ver-
bot gegen übertriebene Ausgaben für gemalte
Scheiben erlassen werden mußte, und in Ham-
burg beteiligte sich der Rat an dieser Sitte.
Neubauten, Hochzeiten, Taufen und sonstige
frohe Ereignisse gaben Freunden und Ver-
wandten Anlaß zu derartigen Gaben, wobei
man sich häufig bei dem üblichen Festschmaus

oder bei dem in manchen Gegenden soge-
nannten „Fensterbier" nach Möglichkeit schad-
los zu halten suchte.

Neben anerkennenswerten Leistungen ent-
standen in der Spätzeit recht mittelmäßige
Scheiben; sie brachten geschichtliche, biblische,
sinnbildliche Darstellungen, Vorgänge aus dem
alltäglichen Berufsleben, Schiffsbilder, Reiter,
Frauen mit Trinkbechern, Blumen, Tiere,
Hausmarken und Inschriften. Jene „Schilde-
reien" hielten sich vom Ende des XVI. bis
in den Anfang des XIX. Jahrh.

Selbstverständlich standen die Rheinlande
nicht zurück. Ernst von Oidtman fand in
einer im XVII. Jahrh. verfaßten Chronik einer
Erkelenzer Schöffenfamilie, daß man sich in
dortiger Gegend solche „Gläser" bei den ver-
schiedensten Gelegenheiten verehrte1).

Doch nur einige bessere Werke sollen
an dieser Stelle besprochen werden und zwar
in ihrer Eigenschaft als bezeichnende Bei-
spiele des rheinischen Brauches der Scheiben-
schenkungen.

Erst vor etlichen Jahren hat eine reizende
Rundscheibe kölnischen Ursprungs, ein Pracht-
stück der Sammlung. Schnütgen, in diesen
Heften2) sachverständige Würdigung erfahren.

Nicht viel jünger sind die acht Rund-
scheiben mit dem Gleichnis vom verlorenen
Sohn (vergl. Abb. 1 bis 6), die offenbar eine in
sich abgeschlossene Stiftung bildeten. Die aus
dem schwarz gedeckten Rahmen hell heraus-
gehobene Umschrift, deren wechselnde Schreib-
weise für den Kundigen weiter nicht auffallend
erscheint, nennt als Geber Jan van Hasselt
Ttyngen syn huysfrov Anno Uni 1532.

Die wertvollen Scheiben tragen unverkenn-
bar das Gepräge ihrer Entstehungszeit; Schlieren,
Bläschen und Blasen verraten die Herstellungs-
mängel des damaligen Glases, das, verschieden-
ster Herkunft, in die Städte auf den Markt
gebracht wurde, wo der Handel für den
Käufer durch die Zunft geregelt war. Diese
Art des Vertriebes brachte mannigfaltige Er-
zeugnisse in den Verkehr, weshalb Vergleiche
zwischen angeblich gleichaltrigen Glasbildern

') »Zeitschrift des Aachener Geschichtsverein«,
XXVI. Heft 1904 S. 394.

2) »Zeitschrift für christliche Kunst«, XX. Jahrg.
1907 Sp. 33. Mit Abbildung.
 
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