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Werner, Wilfried
Cimelia Heidelbergensia: 30 illuminierte Handschriften der Universitätsbibliothek Heidelberg — Wiesbaden, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.2051#0003

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Vorwort

Mittelalterliche Handschriften werden zumeist als museale Kostbarkeiten, als Zeugnisse einer fernen Ver-
gangenheit mit ehrfürchtiger Scheu bestaunt, sie werden als Gegenstände esoterischer Forschung achtungsvoll
gemieden und führen so in ihrer Masse ein stilles Dasein im Verborgenen. Dabei sind sie in Wirklichkeit alles
andere eher als tote und verstaubte Scharteken. Sie sprechen uns auch heute noch unmittelbar an wie die
Bücher unserer Gegenwart, wenn wir ihnen nur genügend Aufmerksamkeit schenken. Wenden sie sich in einer
älteren Form unserer eigenen Sprache an uns, so fesseln sie noch besonders durch die Worte, die halb vertraut,
halb fremd, in altertümliche Schriftformen gefaßt, von ehrwürdigem Pergament oder uraltem, kräftigem
Papier auf uns wirken. Aber sie reden nicht nur in Worten. Ein anderes wesentliches Ausdrucksmittel der alten
Handschriften sind die Bilder, Bilder, die als reiner Buchschmuck unser Auge erfreuen, solche, die den Text
veranschaulichen und solche, die darüber hinaus eine eigene Sprache führen und uns in den Ausdrucksformen
der bildenden Kunst etwas Eigenes erzählen.

Es wäre deshalb schade - es hieße, die unzähligen Menschen, die empfänglich wären für das. was die Hand-
schriften ihnen bieten könnten, um eine wirkliche Bereicherung an Kenntnissen und Gemütswerten bringen -
wenn die Handschriftenschätze der großen Bibliotheken immer nur wenigen zugänglich und im übrigen in der
Dunkelheit stählerner Behältnisse allen Blicken entzogen bleiben müßten, weil ihre Einmaligkeit es verlangt,
daß sie nach allen Regeln der Konservierungskunst streng und sorgsam gehütet werden. Deshalb geht das
Bestreben der Bibliotheken mit großen Handschriftenbeständen schon lange dahin, sie mit den Mitteln moder-
ner Reproduktionstechnik zu verbreiten. Aber farbige Faksimileausgaben stellen für den Verleger zumeist ein
nicht geringes Risiko dar, während ihr Preis und die gewöhnlich nur geringe Auflage auch sie nur einem relativ
kleinen Kreis zugänglich macht. Aus diesem Grunde ist die Zahl der als Faksimiledrucke veröffentlichten
mittelalterlichen Handschriften, gemessen an dem, was tatsächlich vorhanden ist, immer noch recht bescheiden.
Allzuvieles ist den meisten nur wenig oder gar nicht, oft nicht einmal der Gattung oder dem Namen nach
bekannt. Hier mehr Kenntnisse zu verbreiten und auch diejenigen anzusprechen, die sich solches Wissen aus
Mangel an Gelegenheit nicht verschaffen konnten, ist ein Grund für das Erscheinen dieses Buches.

Aber es waren nicht nur Erwägungen dieser Art. die die Universitätsbibliothek Heidelberg und den Verlag
veranlaßten, »Cimelia Heidelbergensia« herauszugeben. In dem großen Handschriftenbestand der Universitäts-
bibliothek befinden sich auch viele illuminierte Handschriften, deren schönste und kostbarste im Ausstellungs-
raum der Bibliothek von ihren Besuchern betrachtet werden können. Ihnen die Fragen, die sich ihnen beim
Anschauen der Kodizes aufdrängen, ausführlich zu beantworten, ist ein weiterer Zweck dieses Buches.

Und schließlich soll dieser Katalog auch solche Bilderhandschriften vorstellen, die aus Platzmangel oder
anderen Gründen im Ausstellungsraum nur selten gezeigt werden können, und solche, die bisher kaum oder gar
nicht bekannt geworden sind. Auch in dieser Gruppe verbirgt sich vieles Reizvolle und Interessante, das es der
Vergangenheit zu entreißen gilt. Dies scheint um so mehr angebracht, als der weltweite Ruhm der Heidelberger
Handschriftensammlung bisher wohl etwas allzu einseitig allein von ihren überragenden Kostbarkeiten, allen
voran der Manessischen Liederhandschrift, ausging.

Das Buch wendet sich an jeden, der für diese Dinge Sinn und Interesse hat. Es will so etwas wie ein Lesebuch
sein und auch dem Nichtfachmann neben exakten Informationen über die einzelne Handschrift mit ent-
sprechend ausgewählten bibliographischen Angaben die Möglichkeit bieten, sich mit den Fragen, denen sein
Interesse gilt, eingehender zu beschäftigen.

Mag dieses Buch bei allen, denen es zugedacht ist, eine gute Aufnahme finden und mit dazu beitragen, daß
auch in einer breiteren Öffentlichkeit ein gewisses Interesse an der mittelalterlichen Handschrift geweckt wird.

Dem Leiter der Handschriftenabteilung, Bibliotheksdirektor Dr. Wilfried Werner, ist für die Mühe und Sorg-
falt zu danken, mit denen er sich des Auftrags der Universitätsbibliothek, geeignete Stücke ihrer Handschriften-
sammlung für diesen Katalog auszuwählen und zu beschreiben, angenommen hat.

Walter Koschorreck • Direktor der Universitätsbibliothek
 
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