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Werner, Wilfried
Cimelia Heidelbergensia: 30 illuminierte Handschriften der Universitätsbibliothek Heidelberg — Wiesbaden, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.2051#0010

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(Cod. Sal. ixb) Sacramhmakicm

windenden zarten Stielen tritt die derbe »Knollenblätterranke«, deren kräftige, mit knolligen Blattrieben dicht
besetzten Stiele sich nicht spiralig ausbreiten, sondern nach dem ihnen innewohnenden Gesetz organischen
Wachstums stärker in eine bestimmte Richtung drängen; anstatt der Kelchblüten findet man Pfeilblätter und
dreiteilige Rosetten. Der neue Stil löst den alten nicht abrupt ab. sondern beide Arten vermischen sich und
wechseln mehrfach, doch so, daß das neue, ottonische Stilempfinden sich auch dort gegenüber dem karolingi-
schen behauptet, wo die alten Motive noch verwendet werden (P. Bloch).

Die Handschrift trägt (Bl. 7V) den Stempel des 983 gegründeten Klosters Petershausen am Bodensee. Die
ältesten nachweislich dort vorgenommenen Ergänzungen stammen aus dem 12. Jahrhundert. Fs wurde ver-
mutet, daß Kalender und Sakramentar erst in Petershausen vereinigt worden seien. Jetzt kann jedoch Ludwig
Schuba (Bibliothek und Wissenschaft 10, 1976) darauf hinweisen, daß schon die Rubriken des Sakramentars -
teilweise in Abweichung vom nachfolgenden Text - dem Reichenauer Kalender angepaßt worden sind.

1 Der Inhalt der ganzen Handschrift sei hier kurz skizziert: Das erste, mit dem Spiegel des Yorderdeckels zusammenhän-
gende Blatt ( lrv) enthält, von Händen des frühen 11. Jahrhunderts, verschiedene Vetsikel. das -Gloria m excelsis und das
»Credo«. Der Kalender, der eine Lage für sich bildet (2r-7\ 3. Viertel des 10. Jhdis). verweist mit seinen primären Lin-
tragungen auf das Kloster Reichenau (Valens 21.5.. Kirchweih S. Maria Id. 8.. Finnin 3. IL). Die erste Gruppe der
Ergänzungen (1. Hälfte des ll.Jhdts) deutet ebenfalls in diese Richtung (Altaiweihe S. Marei 22.5.. Transl. Sanguinis
Christi in Augiam 7. IL). In Petershausen dagegen muß (im 13. Jhdl.! ) der F.intrag zum 27. N. gemacht worden sein, der
den Gründer des Klosters (983). Gebehard. nennt. Die Translation seiner Reliquien fand im Jahre 1 134 statt.
. Auf Blatt 8'-18r finden sich verschiedene Meßformulare von Hand des frühen 1 1 Jhdts. Überwiegend Votiv messen, da/u
Benediktionen und Exorzismen, enthalten die Blätter 20'-26'; auf fol. 18'- L>' und 27'-35' folgen Absehriften des 12.
und 13. Jhdts von Urkunden des 10.-13. Jhdts, die sich auf die Gründung und Geschichte des Klosters Peiershausen
beziehen.

Nach einigen leeren Blättern (36r-38r). der Praefatio communis (in roter Finte. 38' ) und Messen >ln depositione Sancti
Benedict^ sowie >Cathedra S. Petrü (39'-40r) beginnt auf Blatt 40'. von einer Hand des 10. Jahrhunderts (3. Viertel?)
niedergeschrieben, das eigentliche Sakramentar. eingeleitet durch ganzseitige Darstellungen der Ecclesia und der Majestas
Domini (40v und 41r). ferner durch Titelseiten (4L und 42r) mit Gold- und Silberschrift auf Purpurgrund: ( 4L > . . .Ineipit
über sacramentorum de circulo anni expositus a saneto Gregorio papa Romano editus ex auethentico libro bibliotheeae
cubiculis (!) scriptus qualiter missa Romana celebratur (!)...<) sowie durch die ■ Praefacio communis« mit prächtigen
Zierseiten (42v-44r) und den »Canon Missae« (44'-49v) mit herrlicher 1-Initiale (44'). Es folgen 49'- 172' die Meß-
formeln - für Temporale und Sanctorale kombiniert - beginnend mit der Weihnachtsvigil und endend mit Advent, aus-
gelassen sind hier die Messen für die Sonntage nach Ostern und Pfingsten, die auf Blatt 197'-2 13' verzeichnet werden.
Dazwischengeschoben sind 172'-197r Texte für die Dedicatio sowie Votiv- und Totenmessen, Auf Blatt 213r-222' sind
die Messen für Feste berücksichtigt, die auf Wochentage fallen. Es folgen Gebete »pro peccatis« sowie Abend- und
Morgengebete (223r-230v) und Praefationen für das »Commune Sanctorum« (230' -233'). Das sich anschließende Bene-
dictionale bricht zunächst 262' ab. und zwar mit der Rubrik zur Kerzenweihe am Ostersamstag. Das »Exultet« wird dann
263r von einer etwas späteren Hand (des 10./11. Jhdts.) ergänzt, ebenso wie die Texte zur »Decollatio S. Johannis Bapt.«
(265'-266r). Das Exultet ist von »Per omnia« an bis zum Schluß mit Neumen versehen. Die Fürbitte am Schluß lautet:
(265') ». . . populum una cum papa nostro N. et gloriosissimo rege N. eiusque nobilissima prole ... conservare
digneris. ..«.-( Für Zitate aus Rubriken sind einfache Anführungszeichen verwendet. Auf Kursivierung wurde verzichtet.
Strenge Richtlinien wie für einen Katalog konnten hier nicht gelten. Insbesondere war es schwierig, je nach Kontext zu ent-
scheiden, ob die Wiedergabe getreu nach der Handschrift oder in normalisierter bzw. in neuhochdeutscher Form erfolgen
sollte. Völlige Konsequenz ließ sich nicht erreichen.)

A. Boeckler, Formgeschichtliche Studien zur Ada-Gruppe. München 1956 ( Baver. Akademie d. Wiss.. Phil. Hist. KL.
Abhandl. NF. 42). P. Bloch, Das Hornbacher Sakramentar und seine Stellung innerhalb der frühen Reichenauer Buch-
malerei. Phil. Diss. Basel 1956. S. 45ff. - Ch. R. Dodwfi.i. & D. H. "Ferner, Reichenau reconsidered. A re-assessment of
the place of Reichenau in Ottonian art. London 1965 (Warburg Institute Surveys. 2). - Kr. Gamber. Sakramentartypen.
Versuch einer Gruppierung der Handschriften und Fragmente bis zur Jahrtausendwende. Beuron 1958 (Texte und Arbei-
ten. 49/50). - Karl der Grosse. Werk und Wirkung (Ausstellungskatalog). Aachen 1965. S. 292. Nr. 474. - W. Koeiii er.
Die Tradition der Ada-Gruppe ... - In: Festschrift P. Giemen. Düsseldorf 1926. S. 259ff. - J. Tu. Krlo. Quellen und
Studien zur oberrheinischen Choralgeschichte. 1. Die Choralhandschriften der Universitätsbibliothek Pleidelberg. Diss.
Heidelberg 1936. Einleitung und erster Teil in: Freiburger Diözesan-Archiv. NT. 38, 65. Band ( 1937) S. 29-44. -
A. Schmidt, Die Miniaturen des Gero-Codex. Leipzig 1924. S. 46ff., 58f. - W. Seieerth, Synagoge und Kirche im Mittel-
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Nr. 161. - A. von Euw\ Das Sakramentar von St. Paul. - In: Die Abtei Reichenau. Sigmaringen 1974. S. 363-387.

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