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Werner, Wilfried
Cimelia Heidelbergensia: 30 illuminierte Handschriften der Universitätsbibliothek Heidelberg — Wiesbaden, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.2051#0012

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Cod. Sai... ixa) Missai i Parisu nsi

zwei ganzseitige Kanonbilder. Die Zierseiten sind mit kunstvollen Bordüren im französischen Dornranken-
ornament ausgestattet, die bald einen geschlossenen Rahmen bilden, bald nur an zwei oder drei Seiten entlang-
geführt sind. Verschiedentlich sind Fabeltiere (Drachen) in die Komposition eingefügt. Die Bordüren sind
meist an Leisten angehängt, die mit Spiralranken und verschiedenem Blattwerk, blauen und roten Rosetten.
Dornblättern und Weinlaub auf Goldgrund gefüllt sind und entweder den Schriftraum ganz umfassen oder ihn
nur an einer Seite begleiten oder auch zwischen den beiden Kolumnen verlaufen.

Die Bildinitialen im Format von ca. 6 X 5 cm zeigen den Stil der französischen Buchmalerei um ! 400. Neben
den Themen der kirchlichen Hauptfeste (18v Christi Geburt, 21r Anbetung der Könige. 1 15' Auferstehung.
128v Himmelfahrt, 133' Pfingsten, 138r Trinitat, 138" Abendmahl. 185x Präsentatio, 206' Maria Heimgang)
findet man Bilder zu Andreas (176'), Johannes Baptista ( 195') und zur Eucharistie-Feier ( 105'). ferner eine
Darstellung von Kirche und Synagoge (l()9r) sowie das Bild eines Königs und dreier Männer in Anbetung
Gottes (9r).

Die Figuren heben sich vor dem meist ornamental-flächigen Hintergrund plastisch ab. Dabei sind eine hori-
zontale und eine vertikale Ebene geschieden, die im unteren Drittel des Bildes aneinanderstoßen. Während der
Boden oft durch kachelartig horizontal nebeneinandergestellte diagonal gelb schwarz geteilte Quadrate ge-
bildet oder auch einfarbig-meist grün -gehalten ist. ist die hintere Wand in der Regel aus kleineren, zum Teil
auf der Spitze stehenden Quadraten zusammengesetzt, die jeweils eins um das andere mit goldenen Punkten
gefüllt sind.

In einem Falle (Bl. 9') ist das Bild nicht in den Initialkörper integriert, sondern von einem etwa quadra-
tischen, ornamental reich gegliederten Rahmen eingefaßt, während der Buchstabe selbst außen angehängt ist.
In den übrigen Fällen ist der Initialkörper als solcher bzw. sein das Bild einschließender Teil in ein von schmaler
Goldleiste gerahmtes und mit weißen Federranken auf einfarbigem Grund bedecktes Quadrat oder Rechteck
hineingestellt. Gelegentlich findet die bildliche Darstellung innerhalb des von der Buchstabenform gegebenen
Rahmens nicht genügend Raum und tritt hinter diesen hinaus.

Eine auch in der Farbgebung (Blau und Grün statt sonst vorherrschendem Blau Rot Grün) sich von der
Reihe der übrigen abhebende Darstellung begegnet auf dem Bilde Johannes des Täufers ( Bl. 195'"). Hier fehlt
der ornamentale Hintergrund. Johannes, auf das Lamm zeigend, sitzt auf einem Rasenstück vor einem Hügel.
Der Hintergrund wird durch einen dichten, aus leicht stilisierten Bäumen gebildeten Wald abgeschlossen.

Eine besonders reiche Verwendung von Gold zeigt das Bild zur Assumptio B. Mariae V.: Lager. Kissen.
zum Teil die Gewänder sind in (unpoliertem) Gold mit schwarzer Innenzeichnung wiedergegeben. Die figuren-
reiche Szene läßt keinen Hintergrund frei.

Die beiden anstelle von Bildinitialen verwendeten Prachtbuchstaben (fol. 222r und 253') sind in leuchten-
den Deckfarben und Gold ausgeführt und zeigen die auf den Zierleisten verwendeten Motive. Die reinen Text-
seiten sind durch goldene und blaue Unzialbuchstaben mit blauem und rotem Fleuronnee geschmückt. Die
Kalenderseiten sind am linken Rande durch einen Lilienstab begrenzt.

Zu einer einzigartigen Kostbarkeit wird die Handschrift durch die beiden Kanonbilder. Sie stammen wohl
von zwei verschiedenen Händen, sind aber stilistisch eng verwandt und beide von gleich hoher Qualität.

Blatt 108r zeigt Gott-Vater auf dem Thron mit lang herabwallendem Mantel von leuchtendem Blau mit
weißem Futter. Sein von einem goldenen Strahlenkranz umgebenes Haupt umschwebt in gleißendem Rot der
Chor der Cherubim. In die zwischen rechteckigem Rahmen und mandorlaförmiger Bildbegrenzung entstehen-
den Zwickel sind die vier Evangelisten mit ihren Symbolen (Matthäus-Engel, Markus-Löwe, Lukas-Stier,
Johannes-Adler) hineingestellt. Von dem blauen Grund heben sich - Ton in Ton modelliert - wiederum die
Gestalten von Engeln ab (Tafel S. 17).

Der elegante französisch-flämische Stil des Bildes hat an Pol von Limburg denken lassen, an eine Stufe seiner
Entwicklung vor der Arbeit an den »Tres riches heures« (M. Rickert).

Die gegenüberstehende Seite (Bl. 1()7V, Tafel S. 16) enthält ein Kreuzigungsbild. Im unteren Teil erblickt
man links die Gruppe der Trauernden (Maria, Johannes, drei Frauen), rechts würfeln drei Männer um den
Rock Christi. Den mittleren Raum nehmen zwei Gruppen von Kriegsknechten - teils zu Pferde - ein. Die Dar-
reichung des essiggetränkten Schwammes und der Lanzenstich werden dargestellt. Auf einem Spruchband liest

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