Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Werner, Wilfried
Cimelia Heidelbergensia: 30 illuminierte Handschriften der Universitätsbibliothek Heidelberg — Wiesbaden, 1975

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.2051#0022

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
(Trübner 21) Missale hiemale

Missale hiemale 4

Trübner 21, Pergament, 151 Bl., 39X29 cm, niederländisch, 15. Jahrhundert ( 1. Viertel) Tafm si-.m- 24

Diese Handschrift gelangte zusammen mit 153 weiteren Stücken als Vermächtnis des Buchhändlers Nikolaus
Trübner, eines gebürtigen Heidelbergers (gest. 1884 in London), in die Universitätsbibliothek Heidelberg.

Eine Eintragung auf der Innenseite des Vorderdeckels, die teilweise getilgt, mit Hilfe der Quarzlampe aber
noch gut lesbar ist, gibt Auskunft darüber, in wessen Besitz sich das Buch im 15. Jahrhundert befunden hat:
»Istud missale hiemale pertinet sanctimonialibus sancte Marie Magdalene in aemstelredam«. Ähnlich ist auf
dem Hinterdeckel vermerkt: ». . . pertinet conventui monialium regularium beate Marie Magdalene . . .«
Dieses Kloster war in Amsterdam im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts (1411 ?) durch Franziskanerinnen
des Dritten Ordens gegründet worden, die jedoch noch vor 1427 (nach anderen im Jahre 1437) die Regel des
Hl. Augustin annahmen und sich den Reformklöstern der Delfter Kongregation anschlössen1.

Die Eintragungen des liturgischen Kalenders (2r-4v) bestätigen diese Zusammenhänge und lassen somit
vermuten, daß das Buch von vornherein für jenes Kloster bestimmt war. Denn einerseits wird deutlich, daß es
sich um ein Missale für eine Augustinergemeinschaft handelt; so ist zum 28.8. mit roter Tinte vermerkt:
»Augustini patris nostri sollempne festum«; Oktav (4.9.) und Translation ( 11.10.) werden festlich begangen
(letztere ist übrigens zusätzlich am 28.2. eingetragen, und zwar von einer Hand des 1 7. Jahrhunderts, die u.a.
auch »Monice« zum 4.5. und »Apparicio Michaelis« zum 8.5. als Nachtrag eingefügt hat). Andererseits scheint
ein franziskanischer Einfluß bewahrt zu sein, wenn etwa »Conceptio beate Marie« (8.12.) bereits als »maius
duplex« gefeiert wird. Eindeutig ist der Hinweis auf die Diözese Utrecht (zu der auch Amsterdam gehörte):
rot eingetragen sind Ponciani ( 14. 1.), Servacii ( 13.5.). Bonifacii (5.6.). Odulphi ( 12.6.). Lebuini (25.6. und
12. 11.). TranslatioS. Martini (4.7.). Lamberti (17.9.), Gereonis (10.10.). Willibrordi (7.11.), ferner Frede-
rici ( 18.7.). Panthaleonis ( 18.7.), Werenfridi (14.8.), Radbodi (29.11.). Auf Maria Magdalena wird beson-
ders hingewiesen durch einen Nachtrag wohl des frühen 16. Jahrhunderts: »Translatio beate M. Magdalene
duplex« (9.3.).

Von Interesse für die Geschichte des Klosters mag das Verzeichnis seiner Wohltäter sein (fol. lr. 15. Jhdt.).
für die wöchentlich Messen gelesen werden: ». . . pro magistro Johanne Aemilij et pro Elisabetha et Lobbrecht
Aemilij duabus sororibus eius. . . pro Elisabetha Grebber et parentibus. . .«. Man betet ferner »... pro Juniore
Jacobo Nicolai . . . pro Maria et Aleyde Johannis Godulphi et parentibus earum . . . pro Symone Jacobi et
Katherina Nicolai uxore eius . . . pro Velsen Gerardi begutte benefactricis«.

Auf den Kalender folgen 5ra-5Ul Exorzismen und Benediktionen nach der Weihwasserformel des Alkuin-
schen Nachtrags zum Gregorianum, 6r-7' allgemeine Hinweise für die Feier der Messen an Wochentagen, auf
die kein besonderes Fest fällt.

Das Missale de tempore beginnt fol. 8ra mit einer großen, über 10 Zeilen reichenden Zierinitiale A zum
ersten Adventssonntag. Der blaue, mit Deckweiß ornamentierte Initialkörper steht vor einem Polstergrund von
Blattgold. Die inneren Felder sind mit Dornblattranken (blau, grün, orange) gefüllt. Die von den Ecken ent-
sandten Rankenausläufer verbinden sich mit Ornamentleisten, die, von locker gefügten Bordüren aus Dorn-
blättern und leichten, löffelartigen Blättchen in hellem Grün begleitet, den Schriftraum an allen vier Seiten
umfassen. Ähnlich ist (fol. 97r) die große T-Initiale des Kanons gestaltet, nur daß der goldene Polstergrund an
den Eckpartien scharfkantig ausgebuchtet und in kräftigen Deckfarben gefüllt ist.

Vergleichbare Zierbuchstaben findet man zu Beginn des Sanctorale ( 120r) und des Commune sanctorum
( 133r). Auf den gewöhnlichen Textseiten begegnen neben einfachen Eombarden gelegentlich Fleuronnee-
Initialen in Rot und Blau oder Violett. Es kann auch Grün als dritte Farbe hinzukommen. Mitunter ist Blatt-
gold verwendet (16v); in diesem Falle treten Ranken mit hellgrünen, gefiederten Blättern und goldenen
Pollen hinzu.

Die Melodien, wie die Intonationen der Ordinariumsgesänge, sind mit Hilfe der Hufnagelnotation ver-
zeichnet.

Von hoher Qualität ist das Kanonbild (96v, Tafel S. 24). Vor einem Hintergrund aus gepunztem Blattgold

25
 
Annotationen