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Werner, Wilfried
Cimelia Heidelbergensia: 30 illuminierte Handschriften der Universitätsbibliothek Heidelberg — Wiesbaden, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.2051#0065

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Gedichte und Lieder (Cod. Pal. Germ. 329)

ist in einer recht sorgfältigen gotischen Schrift (littera textualis) aufgezeichnet. Die Beziehung zwischen Bildern
und Texten ist verdeutlicht durch die Wiederholung der farbigen Initialen (Lombarden).

Das oberste Bild gehört zu dem Schlußsatz eines Paragraphen, dessen Anfang auf dem vorhergehenden
(fehlenden) Blatt gestanden hat. Man erkennt über den Köpfen der drei Gänse je einen »Viertelpfennig«
oder Heller gemäß dem Satz: »Auf dieselbe Weise verzehntet man die Gänse nach Hellern« (>hellingen<).
Das zweite Bild veranschaulicht die Rechtsvorschrift, daß erstens das Wasser von der Dachtraufe nur in den
eigenen Hof, nicht in den des Nachbarn fließen darf, und daß zweitens bei einem geflochtenen Zaun die Enden
der Äste nicht zum Nachbargrundstück gekehrt sein dürfen. Das dritte Bild zeigt Stall, Abort und Backofen,
von denen im Text unter anderem gesagt ist, daß sie mindestens drei Fuß vom Zaun entfernt stehen müssen.
Das vierte Bild veranschaulicht das Recht des Überhangs. Der Bauer zieht an der Hopfenranke, die zum
Nachbarn hinüberwächst. Zugleich schlägt er den Ast ab, der vom Nachbargrundstück herüberragt. — Mit dem
fünften Bild beginnt ein neues Thema. Es geht um Rechte und Pflichten des Dorfhirten. Während dieser das
übrige Vieh hinaustreibt, bleibt die Sau, welche Ferkel säugt, im Stall. Der Hirte erhält von dem Sohn des
Bauern an Stelle des ihm entgehenden Lohnes ein Stück Brot oder Käse. Die Sau ist mit den Ferkeln in den Stall
gesperrt. Damit sie keinen Schaden anrichten kann, ist der Bauernjunge, mit einem Knüppel ausgerüstet, zu-
sätzlich verpflichtet, für ihre sichere Verwahrung zu sorgen.

Die Handschrift ist mit der Bibliothek des Ulrich Fugger 1567 nach Heidelberg gekommen und 1584 der
Bibliotheca Palatina einverleibt worden, deren Schicksal sie dann teilte.

Die Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Faksimileausgabe des Cod. Pal. Germ. 164 der Universitätsbiblio-
thek Heidelberg. Mit e. Kommentarband von W. Koschorreck. Frankfurt 1970 (mit umfangreicher Bibliographie). -
K. von Amira, Die Handgebärden in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels. - In: Abhandlungen der Kgl. Bayer.
Akad. d. Wiss., 1. KI. Bd. 23, Abt. 2. München 1905. (S. 161-263). - R. Kötzschke, Die Heimat der mitteldeutschen
Bilderhandschriften des Sachsenspiegels. Leipzig 1943 (Berichte über die Verhandlungen d. Sachs. Akad. d. Wiss. zu
Leipzig. Phil.-hist. Kl. Bd. 95). - Der Sachsenspiegel. Bilder aus der Heidelberger Handschrift. Eingel. u. erl. von
E. Freih. v. Künssberg. Leipzig 1934 (Insel-Bücherei Nr. 347).

20 Hugo von Montfort GEDICHTE UND LIEDER

Cod. Pal. Germ. 329, Pergament, 54 BL, 31,2x21,1 cm, illuminiert von Heinrich Aurhaym,
Tafeln Seite 2, 69 österreichisch, nach 1414

Hugo von Montfort (1357-1423), Graf von Montfort-Bregenz und Pfannberg/Steiermark, Hofmeister des
Herzogs Leopold III. von Österreich, österreichischer Landvogt in Thurgau und Aargau, Landeshauptmann
in Steiermark, ist einer der letzten Dichter, die die verfestigten Formen des Minnesangs noch einmal mit neuem
Geist zu beleben versuchten. Macht und Einfluß seiner Stellung, seine mannigfachen Aufgaben in Kriegs-
führung, Politik und Staatsverwaltung machten ihn zu einem Mann, der sich der Dichtung zwar als Dilettant
und nur gelegentlich widmete, der jedoch die mangelnde Glätte seiner Verse, die fehlende Fülle seines Reim-
vorrats, seine geringe Formgewandtheit und Routine ersetzte durch Spontaneität und eigenwillige Gestaltung
persönlichen Erlebens, die bei aller modischen und übernommenen Künstelei spürbar werden.

Hugos Lieder sind nicht wie die zur Blütezeit des höfischen Minnesangs entstanden als Huldigung an eine
hohe unerreichbare Herrin, eine verheiratete Dame, in der die Idee alles dessen besungen wird, was den Mann
zum Ritter formt, sondern Hugos Preis gilt zumeist der eigenen Gattin. Die Situation der Liebesbegegnung,
die im hohen Minnesang letzten Endes Fiktion bleibt, wird bei Hugo aus dem persönlichen Erleben ge-
staltet.

Hugos Dichtungen verteilen sich auf drei Gattungen: Reden, Briefe und Lieder.

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