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Werner, Wilfried
Cimelia Heidelbergensia: 30 illuminierte Handschriften der Universitätsbibliothek Heidelberg — Wiesbaden, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.2051#0070

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(Cod. Pal. Germ. 291) Astronomisches Kalendar

maierei aus der Mitte des 14. Jahrhunderts gehalten sind. Die elegant-preziös gezeichneten, höfisch-stilisierten
Figuren bewegen sich vor einem ornamentalen Hintergrund. Trotz einer gewissen Begrenztheit der Motiv-
wahl - auf fast jedem Bild erscheint die menschliche Seele als ein mit schwarzer Kutte bekleideter Pilger -
erhält jede Seite ein anderes Gesicht durch den Wechsel der Farbe und durch die Variierung des Ornaments
beim teppich- oder schachbrettartig gemusterten Hintergrund sowie durch die unterschiedliche Verwendung
von Initialen und Randleisten, von denen häufig Ranken im Dornblattornament entsandt werden.

Unsere Bilder (foi. 44r, Tafel S. 72) zeigen den Pilger, der auf seiner Fahrt, von »Müßiggang« verleitet,
einen falschen Weg eingeschlagen hat. Dieser ist vom rechten Pfad, auf den ihn »Gottes Gnade« zurückzu-
bringen versucht, durch eine Hecke getrennt. Schon ist er im Begriff, sich einen Durchgang zu suchen, da
spürt er die Fesseln von »Trägheit«, die ihn in der Gestalt einer häßlichen Alten, ausgerüstet mit Axt und
Seil, an seinem Vorhaben zu hindern trachtet. Es ist für den Darstellungsstil bezeichnend, daß jene »häßliche
Alte« auf dem Bilde durchaus nicht als solche erkennbar ist, vielmehr den ästhetischen Anblick einer höfisch
gekleideten jungen Dame bietet.

Am unteren Rande der äußeren und inneren Blätter jeder Lage sind Wappen angebracht, die sich, da sie
bisweilen die ursprünglichen Verzierungen bedecken, als eine - allerdings nicht wesentlich spätere - Ergänzung
verraten. Auf der linken Seite des aufgeschlagenen Buches findet sich jeweils ein rot umrandeter blauer Schild,
der mit Goldlilien im Seme-Muster besetzt ist. Der Schild auf der rechten Seite ist senkrecht geteilt. Die linke
Hälfte wiederholt das Lilienmuster auf blauem Grund, die rechte zeigt auf weißem Grund regelmäßig verteilte
Hermelinflocken. Dieser Teil ist - offensichtlich durch einen späteren Besitzer - regelmäßig bis zur Unkennt-
lichkeit verwischt. Die Wappen verweisen auf Ludwig I. von Anjou-Valois, den Bruder des berühmten Biblio-
philen Jean de Berry, und seine Gemahlin Marie von Blois, Tochter des Herzogs von der Bretagne (00 1360).

Ein Enkel Ludwigs L, Ludwig III. von Anjou (1403-34) war mit Margarete von Savoyen vermählt, die
in zweiter Ehe 1444 den pfälzischen Kurfürsten Ludwig IV. heiratete. Somit zeichnet sich ein Weg ab. auf
dem die Handschrift möglicherweise nach Heidelberg gelangt ist.

Beschreibung der Handschrift bei K. Crisi. Die altfranzösischen Handschriften der Palatina. Leipzig 1016 (Beih. zum
Zentralbl. für Bibliothekswesen. 46) S. 114-117. -Textausg.: Le Pelerinage de vie humaine de Guillaume de Deguilevilie.
Edited by J. J. Srirz.incfr. Printed for the Roxburghe Club. 1893 (der abgebildete Text entspricht Vers 7000-7065).

Astronomisches Kalendar. Astrologische und medizinische 22

Traktate. Geistliche Betrachtungen und Gebete. Fabel vom
kranken Löwen.

Cod. Pal. Germ. 291, Pergament, 1 14 Bl., 29 X 19 cm, bayerisch (Salzburg?),

15. Jahrhundert (ca. 1475) Tafel Sf.itf. 74

Die Handschrift enthält auf den ersten Blättern Tabellen — in Verbindung mit einem Kalender - unter anderem
zur Ermittlung des Eintritts von Neumond und Vollmond innerhalb zweier Mondzyklen von je 19 Jahren
und zur Bestimmung der Ostertermine. Der erste Zyklus beginnt im Jahre 1477, der zweite im Jahre 1496.
Der Kalender - da nicht liturgisch - ist für die Lokalisierung zwar nur von begrenztem Aussagewert. Immer-
hin ist die weitgehende Übereinstimmung mit dem Festkalender der Diözese Freising unverkennbar. Die
Abweichungen weisen meist auf Passau hin, öfter noch als auf Salzburg. Unklar sind in diesem Zusammenhang
Adrian 4.3., Victor 19.4., Romanus 14.8.

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