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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Farbige Eisengitter der Barockzeit — Hameln: Niemeyer, Heft 27.2002

DOI issue:
Das Förderprojekt der Deutschen Bundesstiftung Umwelt
DOI article:
Brüggerhoff, Stefan; Fendel, Heinrich; Fendel, Vera; Haber, Georg J.; Heimler, Maximilian; Königfeld, Peter: Die Chorgitter des Osnabrücker Domes: Metallkonservierung und Restaurierung der Farbfassung unter Berücksichtigung von Untersuchungen zum Aspekt des Korrosionsschutzes
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.52522#0068
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Das Förderprojekt der Deutschen Bundesstiftung Umwelt

Auf den Gittervorderseiten wurden die Korrosionsherde im
Bereich der Farbfassung hauptsächlich punktuell mit Skalpell
abgenommen. Die größeren Fehlstellenbereiche innerhalb der
Fassung wurden mit dem Mikrofräser (Rundkopf) bearbeitet.
Die Rostschichten in den Überlappungen der Stäbe und Ble-
che wurden mit dem Feinstrahlgerät (Edelkorund F70 177-250 p,
Kalo) und Skalpell soweit möglich ausgeräumt. Da die einzelnen
Verbindungen nicht gelöst bzw. geöffnet wurden, musste Rest-
rost in den Überlappungen in Kauf genommen werden.
Auf den Rückseiten konnten die Korrosionsprodukte mit
kleinen Zirkulardrahtbürsten und in den Fehlstellen der Fassung
sowie in Überlappungen mit dem Feinstrahlgerät (Edelkorund)
entfernt werden.

4.8 Firnisabnahme
Anfangs wurde eine generelle Abnahme des Firnis (vor allem
auf der Vorderseite der Gitter) erwogen, um die ursprüngliche
Farbigkeit der Überfassung von 1938, die sich an der originalen
Fassung der Barockzeit orientiert, wiederherzustellen. Im Vorfeld
wurden daher Freilegungsproben mit unterschiedlichen Techni-
ken unter der Prämisse des optimalen Substanzerhalts durchge-
führt. Anhand der ersten Freilegungsproben wurde festgestellt,
dass eine vollständige Abnahme der Firnisschicht nicht möglich
ist, da beide Schichten aus einem ölhaltigen Kunstharz bestehen
und somit nur schwierig voneinander zu trennen sind. Im nächs-
ten Schritt wurden weitere Freilegungsproben mit unterschied-
lichen trocken-mechanischen Techniken sowie der nachfolgen-
den Anwendung von Lösemitteln angelegt, um den Grad der
Firnisreduzierung festzulegen und die eventuellen Auswirkungen
der verwendeten Materialien auf die darunter liegenden Mal-
schichten abzuklären.
4.8.1 Musterflächen zur Firnisbehandlung
Freilegung mit Lösemitteln:
Versuche mit Lösemitteln wurden hauptsächlich auf der Rück-
seite des südlichen Gitters (Firnis auf der monochromen grauen
Fassung), zum Teil aber auch auf der Vorderseite durchgeführt.
Bei den Versuchen mit reinen Lösemitteln und Lösemittelge-
mischen unterschiedlicher Art konnte festgestellt werden,
dass die Mehrzahl der verwendeten Mittel nicht nur die Firnis-
schicht, sondern auch die darunterliegende Malschicht anlösten.
Es bewährte sich ausschließlich Ethylalkohol, jedoch ebenfalls
mit Einschränkungen. In den Bereichen mit stärker aufliegender
Firnisschicht musste das Lösemittel längerfristig einwirken, um
den Lack anzuquellen. Eine exakte Einwirkdauer konnte auf-
grund der unterschiedlichen Schichtstärken nicht ermittelt
werden. Vor allem an den Übergängen zu weniger stark auf-
getragenen Firnispartien wurde dabei die Malschicht stellen-
weise angelöst.
Mechanische Freilegung:
Auf der Rückseite des südlichen Gitters wurden mehrere Versu-
che mit Mikrofeinstrahlen mit unterschiedlichem Strahlgut, dar-
unter Kunststoffgranulat, Glasperlen und Edelkorund erprobt.
Durch Glasperlen 150-250 p und Edelkorund F70 177-250 p
wurde die Firnisschicht zwar vollständig entfernt, gleichzeitig
aber auch die darunter liegende Malschicht angegriffen. Gute
Ergebnisse wurden mit Kunststoffgranulat 0,3 - 0,5mm erzielt.
Der Firnis konnte mit dem weichen Strahlgut nicht entfernt
werden, aber die Oberfläche wurde aufgeraut, sodass die an-
schließende Bearbeitung mit Ethanol gezielter und effizienter
durchgeführt werden konnte. Das Lösemittel konnte in die auf-

geraute Oberfläche eindringen und den Firnis nach nur kurzer
Verweildauer anlösen. Dadurch konnte die Gefahr, die darunter
liegende Malschicht anzulösen, wesentlich eingeschränkt wer-
den. Die auf der Rückseite durchgeführten Freilegungsversuche
mit Zirkularstahldrahtbürsten (weiche Feinbürsten aus Edelstahl/
Drahtstärke bis 0,1 mm) zeigten sich im Ergebnis als geeignet,
stärkere Firnisschichten zu reduzieren.
4.8.2 Freilegung bei der Maßnahme
Als Ergebnis der Freilegungsproben verständigte man sich darauf,
die Firnisschicht nur soweit zu reduzieren, dass die ursprünglich
kühle Farbgebung der Gitter wieder in Erscheinung treten kann.
Für die Durchführung der Firnisabnahme auf den Gittervorder-
seiten wurde eine differenzierte Vorgehensweise festgelegt.
Bereiche mit stärker aufliegender Firnisschicht wurden vorab
trocken-mechanisch mit feinen Edelstahl-Zirkularbürsten sowie
Glasfaserradierern ausgedünnt. Punktuell konnte die stark ver-
härtete Firnisschicht durch zusätzliches Mikrofeinstrahlen mit
weichem Kunststoffgranulat aufgeraut werden. Anschließend
wurde die Oberfläche mit Ethylalkohol unter Verwendung von
Wattestäbchen nachgereinigt. Die Bereiche mit sehr dünner Fir-
nisauflage wurden ausschließlich mit Lösemittel behandelt. Ins-
gesamt wurden Firnisreste in den Poren und Unebenheiten der
durch Korrosion gestörten Malschicht belassen, da hier sonst die
Altfassung verloren gegangen wäre.
Auf der Rückseite der Gitter wurde der Firnis insgesamt nur
ausgedünnt bzw. aufgeraut, um eine bessere Haftungsgrund-
lage für die anschließende Überfassung zu erzielen. Das Ausdün-
nen der Firnisschicht erfolgte hier durch Feinstrahlen mit Kunst-
stoffgranulat und Entfetten mit Siedegrenzbenzin. Die graue
Überfassung von 1938 wurde komplett erhalten.
Die vorder- und rückseitig überall auf der Fassung anzu-
treffenden Tropfnasen der Firnisschicht wurden mit dem Skal-
pell verschnitten und die Reste soweit möglich mit Ethylalkohol
entfernt. Die grauen Tropfnasen auf der Vorderseite der Gitter,
die von der rückseitig aufgetragenen Fassung von 1938 stamm-
ten, wurden ebenfalls mit dem Skalpell ausgedünnt. Eine
weitere, vollständige Abnahme mit Lösemitteln war nicht mög-
lich.

4.9 Farbloser Korrosionsschutz/Fassungsfestigung
Entsprechend den Untersuchungsergebnissen des Deutschen
Bergbau-Museums wurde der farblose PU-Reaktionsgrund BOB
der Fa. Vosschemie auf feuchtigkeitshärtender Polyurethanbasis
für die Grundbehandlung der Gitter ausgewählt. Vorversuche an
kleineren Teilabschnitten zeigten, dass das Polyurethan mit der
Altfassung gut verträglich ist. Eine Anlösung der ausgehärteten
Ölfarben war nicht zu beobachten.
Vorderseite der Gitter:
Auf der Vorderseite der Gitter wurde der BOB-PU-Reaktionsgrund
als „Rostversiegler" punktuell mit dem Pinsel auf die korrodier-
ten Bereiche und Abplatzungen in der Fassungsschicht aufge-
tragen. Die Fassungsschichten und die Vertiefungen der sich
überschneidenden Bänder wurden hinterspritzt. Das gute Pene-
trationsverhalten des Mittels stellt sicher, dass auch die überlap-
penden Bereiche gegen neue Korrosion geschützt werden.
Rückseite der Gitter:
Auf der Rückseite der Gitter wurde der BOB-PU-Reaktionsgrund
ganzflächig mit dem Pinsel aufgetragen. Er diente hier als farb-
loser Korrosionsschutzgrund für die neutrale Überfassung der
Seite.

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