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Klein, Dieter; Dülfer, Martin; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Dülfer, Martin [Ill.]
Martin Dülfer: Wegbereiter der deutschen Jugendstilarchitektur — Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 8: München: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.63235#0021

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bruch die geplante Ausführung, auf die Dülfer noch bis in
die späten Zwanziger Jahre hoffte.244)
Unerfreulich wie der Berliner Opern-Wettbewerb verlief ein
Jahr später die Ausschreibung des Bonner Stadttheaters
für die meisten beteiligten Architekten: nach dem ersten
Durchgang wurden Dülfer, Vetterlein und Moritz zu einem
engeren Wettbewerb aufgefordert. Die erste Merkwürdig-
keit war, daß ein Entwurf von Pipping & Schwisters zwar an-
gekauft, die Verfasser aber nicht zum weiteren Wettbewerb
zugelassen wurden245); zur Überraschung aller anderen hat-
te man aber zwei weitere, bislang nicht beteiligte Architek-
ten hinzugezogen: einer davon war Littmann.
In einem Brief an die Verantwortlichen machte Dülfer sei-
nem Unmut Luft: „Ich kann nicht annehmen... daß unter
den gegebenen Verhältnissen ein anständiger Architekt
sich an diesem Wettbewerb beteiligt. Ich kann mir auch
nicht denken, daß Littmann unter diesen Bedingungen sei-
ne Bereitwilligkeit erklärt haben soll....“246)
Der letzte Satz ist eher rhetorisch zu werten; natürlich nahm
Littmann „unter den gegebenen Bedingungen“ teil; den
Auftrag erhielt schließlich Vetterlein, obwohl die Presse
(und damit wohl die „öffentliche Meinung“) eindeutig Dül-
fers Entwurf bevorzugt hatte.247)
Auf großes Interesse bei der deutschen Architektenschaft
stieß 1913 ein, wie sich hinterher herausstellen sollte, aber-
mals unkorrekt ausgeschriebener Wettbewerb für das Ge-
bäude der deutschen Botschaft in Washington. Insgesamt
beteiligten sich 272 Architekten daran, unter ihnen Otho Or-
lando Kurz, Bieber & Hollweck, Ernst Ihne und andere. Den
ersten Preis gewann Möhring, den zweiten Franz Thyriot,
den dritten Dülfer. Als Juroren hatten neben anderen Beh-
rens, Schwechten und F. Thiersch über die eingegangenen
Arbeiten entschieden.248) Gewünscht wurde eigentlich nur
ein „vornehmes Wohnhaus“249), während die meisten Archi-
tekten aber aufwendige Palastentwürfe vorlegten; Ursache
dafür waren die unklaren Ausschreibebedingungen, keine
der vorgelegten Arbeiten kam für eine Ausführung in Frage.
Das Ganze wurde schließlich ein Politikum, weil im Zusam-
menhang mit dem für den Wettbewerb verantwortlichen
Auswärtigen Amt auch Kaiser Wilhelm angegriffen wurde
— für einige konservative Architekten und Bauzeitungen
ein willkommener Anlaß zu Ergebenheitsadressen: „...un-
würdig, ... daß hier wieder mal vor dem Ausland die Person
des Kaisers angebelfert werden sollte...“250)
Ohne weiteres Aufsehen verlief die Ausschreibung zum
Bau eines Stadttheaters in Münster, die eine der letzten
Theaterkonkurrenzen vor Ausbruch des Krieges gewesen
sein dürfte; bisher war nur zu erfahren, daß sich außer Dül-
fer auch Littmann, Seeling und Moritz daran beteiligten.
Über den Ausgang ist nichts bekannt.251)
Im gleichen Jahr, 1914, fand ein Wettbewerb für die neue
Gemäldegalerie am Zwingerteich in Dresden statt: im Preis-
gericht saßen Erlwein, Schumacher, Hugo Licht und ande-
re. Erster Preis wurde keiner vergeben, Bestelmeyer errang
den zweiten, Dülfer den dritten Preis.252)
Nach dem Krieg trat Dülfer nur noch selten mit neuen Plä-
nen an die Öffentlichkeit, bekannt ist unter anderem ein
Projekt für das Dresdner Hygienemuseum (1920/21), das
aber nur wenig Beachtung fand. Ein Rückgriff auf pompeja-
nische Vorbilder zu jener Zeit verwundert; eventuell war da-
für die Tätigkeit Heinrich Sulzes (bei dessen Ausgrabungen

in Pompeji) von maßgebender Bedeutung. Als Preisrichter
sind Billing, Bühring, Grässel, Gurlitt und Wrba zu
nennen253); das Museum wurde dann von Wilhelm Kreis
ausgeführt.
Ein letztes Mal konnte er sich gegen internationale Konkur-
renz (darunter französische, italienische und englische Ar-
chitekten) durchsetzen: er gewann den Wettbewerb zum
Wiederaufbau des 1923 abgebrannten Bulgarischen Natio-
naltheaters.254)
Dieser Bau wurde 1928/29 wiedereröffnet; Dülfer war inzwi-
schen fast 70 Jahre geworden und zog sich allmählich von
allen beruflichen und gesellschaftlichen Verpflichtungen
zurück. Dazu kam, daß in jenen Jahren seine originelle De-
korationskunst als „artfremd“ galt und daher in wesentli-
chen Teilen mutwillig zerstört wurde, wie die 1929 neuge-
staltete Fassade der Allgemeinen Zeitung in München und
die in den dreißiger Jahren purifizierten Theaterräume von
Dortmund und Lübeck zeigen.
Ausstellungsbeteiligung und Ausstellungsbauten
Von Dresden aus beteiligte sich Dülfer an mindestens
sechs Ausstellungen.
Als erste ist die Dresdner Große Kunstausstellung von 1908
(Mai-Oktober) zu nennen; vorwiegend scheinen Dresdner
Künstler daran teilgenommen zu haben, so Schumacher,
Tscharmann, Erlwein, Schilling & Gräbner, O. Hempel, Los-
sow & Kühne und andere. Wrba hatte eine Portrait-Büste
Dülfers ausgestellt, Dülfer selber einen nicht näher be-
schriebenen Brunnenhof und seine drei Theaterbauten.255)
Nicht zuletzt auf Drängen Dülfers hatte sich 1910 der deut-
sche Staat zur Teilnahme an der Weltausstellung in Brüssel
entschlossen256); die Gesamtkonzeption der Außenarchitek-
tur der deutschen Abteilung stammte vorwiegend von E.
Seidl. Dülfer schuf die Haupt-Maschinenhalle und die Halle
für landwirtschaftliche Maschinen257), die ebenso mit Aus-
zeichnungen bedacht wurde wie die Beiträge von Bruno
Paul und Peter Behrens.258) Kritisch betrachtet boten die
deutschen Ausstellungsbauten aber kaum Überdurch-
schnittliches.
Im gleichen Jahr zeigte Dülfer anläßlich der „Ersten Aus-
stellung der Künstlervereinigung Dresden“ Aufnahmen des
Lübecker Festsaales und den Plauener Rathausentwurf; zu-
sammen mit Wrba, Erler, Groß, Gußmann und Hempel wirk-
te er im „Ausschuß für Aufnahme und Verteilung der Kunst-
werke“ für diese Ausstellung.259)
Für die Hygiene-Ausstellung von 1911 in Dresden führte die
Firma Wayss & Freytag nach Dülfers Entwürfen zwei
Brücken ganz in Eisenbeton aus, deren „vollkommene Ma-
terialgerechtigkeit“ lobend hervorgehoben wurde: waren
doch die Ornamente teilweise mit Preßluftmeißeln aus dem
Beton herausgearbeitet.260) Bei der Werkbundausstellung in
Köln hatte man 1914 in der von Theodor Fischer errichteten
Haupthalle261) zwölf anerkannten „Pionieren der architekto-
nischen Reformation“ einzelne Kojen zur Verfügung ge-
stellt. Zu diesen sogenannten „12 Aposteln“ gehörten ne-
ben Dülfer van de Velde, Obrist, Pankok, Behrens, Riemer-
schmid, Paul, Hoffmann und Niemeyer, dazu die bereits
verstorbenen Eckmann und Olbrich.262)
Nach auffallend langer Pause zeigte er 1927 bei der Thea-
terausstellung in Magdeburg ein Modell des Bulgarischen
Nationaltheaters und Außenansichten seiner älteren Thea-

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