schoß dunkeloliv, die Obergeschosse blaugrün gestrichen;
glatte Putzflächen waren gelblich gehalten, die Ornamente
des Kranzsimses hoben sich von rotbraunem Grund ab.654)
Welche Fassadenteile vergoldet waren, ist allerdings nicht
überliefert.
Dülfers „sehr ungenierte Farbengebung“655) wurde immer
wieder verwundert registriert; besonders originell erschien
den Zeitgenossen, daß sich bei seinen großen Stuckfeldern
die Ranken der Pflanzengewinde leicht erhöht von dunklem
Putzgrund abhoben und daß einzelne Blüten dieser Gewin-
de in lebhaften Farben getönt oder glänzend vergoldet wa-
ren.656)
Später kamen zu den Floraldetails auch geometrische For-
men wie Kreise, Ovale, Quadrate, Rauten usw., die oft in
Gold oder in gebrochenen Farben gefaßt waren.657)
Die Sockel seiner Jugendstilhäuser beließ Dülfer meist in
naturfarbenem Beton, das Erdgeschoß war oft mit grauem,
geriffelten Grobkalkmörtel versehen, die oberen Stockwer-
ke schließlich in weniger groben Putztechniken ausgeführt
und mit verschiedenen Farben getönt.
In der Friedrichstraße (Nr. 9 — 11, Abb. 20) gliederten grünli-
che Lisenen das hellgraue Mauerwerk658); beim Haus Schel-
lingstraße 26 blieb der Rauhputz naturfarben, die Fenster-
umrahmungen waren dagegen gelblich gehalten; auf den
oberen Fassadenabschluß konzentrierte sich die farblich
aufwendigste Zone: in der Hohlkehle hoben sich rote Ro-
sen mit grünen Blättern von hellgrauem Grund ab (Abb.
29).659) Leider präsentiert sich die Fassade heute aus-
schließlich in Grautönen. Völlig andere Farben wählte Dül-
fer für die Hohenzollernstraße Nr. 23: Grundfarbe war dort
ein dunkles Ockergelb, die hellen Ornamente waren mit
hellrotem Grund hinterlegt (ohne Abb.).660)
Die gewagteste Farbgebung war aber wohl am Gebäude
der „Allgemeinen Zeitung“ in der Bayerstraße zu finden:
dort standen satte Gelb-, Blau- und Grüntöne neben blau-
schwarzem Grund; dazu kam die reichliche Verwendung
von vergoldeten Details (Abb. 21)661)
Im Gegensatz zu den großen Miets- und Geschäftshäusern
blieb beim Villenbau der farbige Anstrich auf einige wenige
Stellen beschränkt; dafür verwendete Dülfer dort aber meist
leuchtende „ungebrochene“ Farben, die die Verwitterung
„in eine Skala von Untertönen“ zerlegen sollte662), so etwa
am Gitterwerk der Balkone und an den Holzteilen.
Farbige Fassaden anderer Architekten um die Jahrhundert-
wende
An farbigen Fassaden jener Zeit sind vor allem die Bauten
Helbig & Haigers zu nennen (z. B. Ainmillerstr. Nr. 22); diese
beiden Architekten gingen in der Farbgebung noch weiter
als Dülfer (für den Geschmack vieler Zeitgenossen sogar zu
weit!). Den Beschreibungen nach zu schließen verwendeten
sie noch wesentlich kräftigere Farben als Dülfer; obwohl
sie sich auf die antike Architekturmalerei beriefen und
durchaus eine „eigene Sprache“ fanden, erweckten sie den
Eindruck „um jeden Preis modern sein“ zu wollen.663)
Ähnlich wie Dülfers Bauten mögen die der Gebrüder Rank
gewirkt haben, auch Honig & Söldner, Max Langheinrich
und andere gestalteten ihre Fassaden bunt. Außerhalb
Münchens herrschte bei den modernen Putzbauten der
Jahrhundertwende meist der helle, oft blendend weiße
Farbton vor, als Beispiele seien Otto Wagners und Josef Ol-
brichs Werke genannt. Olbrich ging mit der Ornamentik
sparsamer um als sein Lehrmeister Wagner; er legte Wert
auf große Flächen und ersetzte den Stuck teilweise durch
farbigen Anstrich664) bzw. Ornamentmalerei. Zur farbigen
Wandfläche konnte aber auch er sich nicht durchringen, die
Angst vor farbiger Fassadengestaltung, die vor allem in
Wien noch bis vor wenigen Jahren zu beobachten war,
schien in München völlig unbekannt.
Welche Aggressionen farbige Architektur gelegentlich aus-
zulösen vermochte, zeigt das Beispiel Magdeburgs: dort
war Bruno Taut in den zwanziger Jahren als Leiter des
Stadtbauamtes derart nachdrücklich um ein farbiges Stadt-
bild bemüht, daß es wegen „Verunstaltung der Stadt“ zu ei-
ner „Drohung mit Handgranaten“ kam.665)
Künstlerische Möglichkeiten der Backsteinbauweise bei
der Fassadengestaltung
Backsteinfassaden von den Anfängen bis in die zwanziger
Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts
„Der gebrannte Ziegel ist so alt wie unsere Nachrichten von
der Architektur reichen“, schrieb 1860 der Architekt Theo-
phil Hansen an König Max II. von Bayern.666) Tatsächlich
sind die ältesten bekannten Beispiele hochentwickelter
Backsteintechnik in Ägypten, Persien und besonders in
Assyrien um 600 v. Ohr. zu finden.667)
Eine neue Blüte erlebte der unverblendete Ziegelbau bei
den Römern668), die diese Bauweise den Germanen weiter-
vermittelten; von dort übernahmen später auch die slavi-
schen Völker den Backsteinbau.669)
Die erste, wirklich bedeutende, seither fast ununterbroche-
ne Tradition des Backsteinbaues setzte in Deutschland
aber erst um 1150 im Hinterland der Nord- und der Ostsee
ein, als dort der Backstein die Verwendung von Feldsteinen
verdrängte.670)
In der Folgezeit wurde die Verbindung von Backstein-
flächen mit Hausteinteilen in Holland, Dänemark und
Schweden üblich671), unverputzte Backsteinkirchen verbrei-
teten sich vor allem während der gotischen Epoche über
die nordeuropäischen Länder.672) Schließlich verwendete
man im Norden diese Technik auch für Profanbauten, im
süddeutschen Raum blieben dagegen Backsteinfassaden
ausschließlich dem Sakralbau vorbehalten; an hervorragen-
den Beispielen seien die Frauenkirche in München, St.
Martin in Landshut und das Ingolstädter Liebfrauenmün-
ster genannt.
Erst im 19. Jahrhundert versuchte man diese Tradition
durch eine Reihe von neugotischen Kirchenbauten aufs
neue zu beleben: als früheste ihrer Art ist Ohlmüllers
Münchner Mariahilf-Kirche anzuführen.
Für die bayrische Profanarchitektur entdeckte aber haupt-
sächlich Friedrich Gärtner die unverkleideten Backsteinfas-
saden, nachdem einige Zeit vor ihm Schinkel in Preußen
sich bereits dieser Technik bedient hatte, so z.B. für seine
Werder’sche Kirche oder für die Berliner Bauakademie.
Etwa gleichzeitig waren der Karlsruher Heinrich Hübsch
und einige österreichische Architekten des „romantischen
Historismus“ (in den 1820er Jahren) für Backsteinfassaden
eingetreten673); in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
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glatte Putzflächen waren gelblich gehalten, die Ornamente
des Kranzsimses hoben sich von rotbraunem Grund ab.654)
Welche Fassadenteile vergoldet waren, ist allerdings nicht
überliefert.
Dülfers „sehr ungenierte Farbengebung“655) wurde immer
wieder verwundert registriert; besonders originell erschien
den Zeitgenossen, daß sich bei seinen großen Stuckfeldern
die Ranken der Pflanzengewinde leicht erhöht von dunklem
Putzgrund abhoben und daß einzelne Blüten dieser Gewin-
de in lebhaften Farben getönt oder glänzend vergoldet wa-
ren.656)
Später kamen zu den Floraldetails auch geometrische For-
men wie Kreise, Ovale, Quadrate, Rauten usw., die oft in
Gold oder in gebrochenen Farben gefaßt waren.657)
Die Sockel seiner Jugendstilhäuser beließ Dülfer meist in
naturfarbenem Beton, das Erdgeschoß war oft mit grauem,
geriffelten Grobkalkmörtel versehen, die oberen Stockwer-
ke schließlich in weniger groben Putztechniken ausgeführt
und mit verschiedenen Farben getönt.
In der Friedrichstraße (Nr. 9 — 11, Abb. 20) gliederten grünli-
che Lisenen das hellgraue Mauerwerk658); beim Haus Schel-
lingstraße 26 blieb der Rauhputz naturfarben, die Fenster-
umrahmungen waren dagegen gelblich gehalten; auf den
oberen Fassadenabschluß konzentrierte sich die farblich
aufwendigste Zone: in der Hohlkehle hoben sich rote Ro-
sen mit grünen Blättern von hellgrauem Grund ab (Abb.
29).659) Leider präsentiert sich die Fassade heute aus-
schließlich in Grautönen. Völlig andere Farben wählte Dül-
fer für die Hohenzollernstraße Nr. 23: Grundfarbe war dort
ein dunkles Ockergelb, die hellen Ornamente waren mit
hellrotem Grund hinterlegt (ohne Abb.).660)
Die gewagteste Farbgebung war aber wohl am Gebäude
der „Allgemeinen Zeitung“ in der Bayerstraße zu finden:
dort standen satte Gelb-, Blau- und Grüntöne neben blau-
schwarzem Grund; dazu kam die reichliche Verwendung
von vergoldeten Details (Abb. 21)661)
Im Gegensatz zu den großen Miets- und Geschäftshäusern
blieb beim Villenbau der farbige Anstrich auf einige wenige
Stellen beschränkt; dafür verwendete Dülfer dort aber meist
leuchtende „ungebrochene“ Farben, die die Verwitterung
„in eine Skala von Untertönen“ zerlegen sollte662), so etwa
am Gitterwerk der Balkone und an den Holzteilen.
Farbige Fassaden anderer Architekten um die Jahrhundert-
wende
An farbigen Fassaden jener Zeit sind vor allem die Bauten
Helbig & Haigers zu nennen (z. B. Ainmillerstr. Nr. 22); diese
beiden Architekten gingen in der Farbgebung noch weiter
als Dülfer (für den Geschmack vieler Zeitgenossen sogar zu
weit!). Den Beschreibungen nach zu schließen verwendeten
sie noch wesentlich kräftigere Farben als Dülfer; obwohl
sie sich auf die antike Architekturmalerei beriefen und
durchaus eine „eigene Sprache“ fanden, erweckten sie den
Eindruck „um jeden Preis modern sein“ zu wollen.663)
Ähnlich wie Dülfers Bauten mögen die der Gebrüder Rank
gewirkt haben, auch Honig & Söldner, Max Langheinrich
und andere gestalteten ihre Fassaden bunt. Außerhalb
Münchens herrschte bei den modernen Putzbauten der
Jahrhundertwende meist der helle, oft blendend weiße
Farbton vor, als Beispiele seien Otto Wagners und Josef Ol-
brichs Werke genannt. Olbrich ging mit der Ornamentik
sparsamer um als sein Lehrmeister Wagner; er legte Wert
auf große Flächen und ersetzte den Stuck teilweise durch
farbigen Anstrich664) bzw. Ornamentmalerei. Zur farbigen
Wandfläche konnte aber auch er sich nicht durchringen, die
Angst vor farbiger Fassadengestaltung, die vor allem in
Wien noch bis vor wenigen Jahren zu beobachten war,
schien in München völlig unbekannt.
Welche Aggressionen farbige Architektur gelegentlich aus-
zulösen vermochte, zeigt das Beispiel Magdeburgs: dort
war Bruno Taut in den zwanziger Jahren als Leiter des
Stadtbauamtes derart nachdrücklich um ein farbiges Stadt-
bild bemüht, daß es wegen „Verunstaltung der Stadt“ zu ei-
ner „Drohung mit Handgranaten“ kam.665)
Künstlerische Möglichkeiten der Backsteinbauweise bei
der Fassadengestaltung
Backsteinfassaden von den Anfängen bis in die zwanziger
Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts
„Der gebrannte Ziegel ist so alt wie unsere Nachrichten von
der Architektur reichen“, schrieb 1860 der Architekt Theo-
phil Hansen an König Max II. von Bayern.666) Tatsächlich
sind die ältesten bekannten Beispiele hochentwickelter
Backsteintechnik in Ägypten, Persien und besonders in
Assyrien um 600 v. Ohr. zu finden.667)
Eine neue Blüte erlebte der unverblendete Ziegelbau bei
den Römern668), die diese Bauweise den Germanen weiter-
vermittelten; von dort übernahmen später auch die slavi-
schen Völker den Backsteinbau.669)
Die erste, wirklich bedeutende, seither fast ununterbroche-
ne Tradition des Backsteinbaues setzte in Deutschland
aber erst um 1150 im Hinterland der Nord- und der Ostsee
ein, als dort der Backstein die Verwendung von Feldsteinen
verdrängte.670)
In der Folgezeit wurde die Verbindung von Backstein-
flächen mit Hausteinteilen in Holland, Dänemark und
Schweden üblich671), unverputzte Backsteinkirchen verbrei-
teten sich vor allem während der gotischen Epoche über
die nordeuropäischen Länder.672) Schließlich verwendete
man im Norden diese Technik auch für Profanbauten, im
süddeutschen Raum blieben dagegen Backsteinfassaden
ausschließlich dem Sakralbau vorbehalten; an hervorragen-
den Beispielen seien die Frauenkirche in München, St.
Martin in Landshut und das Ingolstädter Liebfrauenmün-
ster genannt.
Erst im 19. Jahrhundert versuchte man diese Tradition
durch eine Reihe von neugotischen Kirchenbauten aufs
neue zu beleben: als früheste ihrer Art ist Ohlmüllers
Münchner Mariahilf-Kirche anzuführen.
Für die bayrische Profanarchitektur entdeckte aber haupt-
sächlich Friedrich Gärtner die unverkleideten Backsteinfas-
saden, nachdem einige Zeit vor ihm Schinkel in Preußen
sich bereits dieser Technik bedient hatte, so z.B. für seine
Werder’sche Kirche oder für die Berliner Bauakademie.
Etwa gleichzeitig waren der Karlsruher Heinrich Hübsch
und einige österreichische Architekten des „romantischen
Historismus“ (in den 1820er Jahren) für Backsteinfassaden
eingetreten673); in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
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