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Klein, Dieter; Dülfer, Martin; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Dülfer, Martin [Ill.]
Martin Dülfer: Wegbereiter der deutschen Jugendstilarchitektur — Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 8: München: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 1981

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https://doi.org/10.11588/diglit.63235#0097

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Der in den Proszeniumsbogen eingeschriebene Dreiecks-
giebel sparte schmale Zwickelfelder aus, die mit Ranken-
werk gefüllt waren; das Giebelfeld selbst wurde mit einem
Pegasus geschmückt, die Proszeniumsdecke mit Kasset-
tenanordnung.
An der Frontwand zwischen Decke und Proszeniumsöff-
nung hatte man ein Goethezitat mit besonders hervorgeho-
benen Majuskeln angebracht:
So Alte, so Junge, sind alle geladen
In unserem Aether sich munter
zu baden
Ein Trauernder komme,
da fühlt er sich froh,
Erheitert ein Sorgender, jeglicher so
Wie’s immer dem einen, dem Andern
entspricht, zum Streben, zum
Handeln, zum Wirken,
zur Pflicht.
Die Theatervorhänge vervollständigten die Raumwirkung:
der dunkelrote Hauptvorhang war mit blauem und rotem
Blumendekor, in stilisierten Körben angeordnet, bestickt;
daneben gab es noch einen nicht näher beschriebenen
„Stoffvorhang“ und natürlich einen eisernen Vorhang.1041)
Wie bei allen seinen Theatern hatte Dülfer auch in Duisburg
den Beleuchtungskörpern wichtige dekorative Aufgaben
zugewiesen: kastenförmig hingen sie quergestellt entlang
der Umfassungsmauern herab, an den Rangbrüstungen tra-
ten sie als Lampengirlanden auf1042).
Insgesamt hatte das Haus eine Kapazität von 1652 Sitzplät-
zen; im Parkett waren 768 Plätze untergebracht, diese ein-
schließlich 10 Logenplätzen. Der erste Rang wies 234 Sitze
auf, davon 94 Logenplätze in 24 Abteilen, die in der Mehr-
zahl durch niedere, geschwunge Trennwände (wie in
Dülfers anderen Theatern) geschieden waren. Nur die Mit-
tellogen bildeten weitgehend abgeschirmte Räume; ihnen
waren vier Sitzreihen vorgelagert. Im zweiten Rang wurde,
nach bewährtem Muster, auf Logen ganz verzichtet; dort
waren 239 Plätze vorhanden. Der dritte Rang faßte 267 Per-
sonen und der vierte schließlich 144.1043)
Ausstattung der Foyers
Beeindruckender als das Auditorium mag das dreischiffig
angelegte Hauptfoyer gewirkt haben: dort dominierten die
riesigen, das kassettierte Tonnengewölbe des Mittelschif-
fes stützenden Pfeiler, die seitlich mit Reliefs in geometri-
schen Feldern versehen waren und deren Kanten von farbig
anders gefaßten Eierstabmotiven hervorgehoben wurden.
Die Unterzüge der Emporen waren an den Auflagerstellen
konsolartig verstärkt, in ihrer Form die Betonkonstruktion
nicht verleugnend. Darüber wölbten sich schlichte (aus
Bandeisen gefertigte) Geländer in jedem Joch leicht vor, in
ihrem unteren Bereich mit geometrischen Dekorbändern
betont. Den abschließenden, an den Längsseiten der Tonne
durchlaufenden Architrav hatte man mit einem Mäander-
muster versehen.
Den Quellen nach zu schließen, dürften die Wandflächen in
orangegelbem Ton gestrichen worden sein; über die Farb-
gebung der Decke ist nichts bekannt.
Einen Blickfang bildeten die an Längs- und Stirnwänden an-

gebrachten Figurenfriese, nicht näher erläuterte Nachbil-
dungen von Originalen des Tempels in Phygalia1044).
Vom Gewölbe hingen zehn als „Kristallkronen“ bezeichnete
Lampen1045): die von Perlenschnüren umgebenen mittleren
Glasschirme hatten die Form länglicher Bleikristalle.
Auf dem Fußboden lag ein schwarzweißer Teppich, der in
Quadrate eingepaßte, große Blütenmuster zeigte.
Die Farbe Schwarz taucht auch bei den grün-schwarz be-
zogenen Sitzmöbeln und bei den schwarzen (I), bunt be-
stickten Vorhängen auf1046).
Zur Möblierung gehörten auch einige Tischchen mit dazu-
passenden Hockern, an den Schmalseiten des Raumes wa-
ren Buffettheken angebracht.


Ausstattung der Durchgangsräume
Von sämtlichen Durchgangsräumen wie auch von der Kas-
senhalle fanden sich bisher keine Fotos, nur ungenaue Be-
schreibungen; über die Wandelgänge heißt es, daß sie „in
etwas grellen Farben leuchteten“, an anderer Stelle ist die
Rede von „krassem Grün“1047).
Die sonst bei Dülfer immer praktizierte Anordnung der Gar-
derobentische entlang der Wandelgänge ist im Duisburger
ersten Rang nicht zu finden: dort waren durch die vorhande-
nen Logen-Vorräume wesentlich weniger Ablagen erforder-
lich, die man mühelos an den inneren Ecken der Umgänge
(gegenüber den Ersten-Rang-Treppen) unterbringen konnte.
Im Parkettbereich dagegen erweiterte man die seitlichen
Umgangs-Garderoben durch zusätzliche Ablagetische im
Mittelbereich des entsprechenden Ringfoyers (Abb. 74).
Vermutlich auf die Haupttreppen zum ersten Rang und auf
den Fußboden der Kassenhalle blieb die Verwendung von
grauem Marmor beschränkt: dieses Material beschaffte
man aus Salzburg1048).

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