Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 18.1902

DOI Heft:
Heft 5
DOI Artikel:
Die Architektur auf den deutschen Kunstausstellungen des Jahres 1901, [3]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44900#0041

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1902

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 5


Die Architektur auf den
deutschen Kunstausstellungen des Jahres 1901.
(Schluss.)
nd nun zu Darmstadt, dessen Künstlerkolonie auf
der Mathildenhöhe eine völlig neue Ausstellungsform
darstellte und dadurch zum Ereignis wurde, welches
die Aufmerksamkeit weiterer Kreise in höherem Masse auf sich
zog, als dies die vorher besprochenen Ausstellungen vermochten.
Hier hatte der jugendliche Grossherzog in begeisterter
Anteilnahme an dem Emporblühen einer neuen Kunst und mit
selbstlosester Opferfreudigkeit eine Reihe begabter Künstler
vereinigt und ihnen die Gelegenheit zu freiem, unbehindertem
Schaffen geboten. So konnte in herrlichster Lage auf der höchsten
Stelle des zu einem Villenviertel aufgeschlossenen Parkes der
Mathildenhöhe eine Gruppe von Gebäuden entstehen, die als


Haupteingang zur Kolonie. Aus „Olbrich, Architektur“. Verlag von Ernst Wasmuth in Berlin.


dauernde Niederlassung dieser Künstlervereinigung nach ein-
heitlichem, künstlerisch wohldurchdachtem Plane angeordnet
und verteilt, im einzelnen nach dem besonderen Geschmack
und den Idealen des betreffenden Künstler-Bewohners bis zum
letzten Einrichtungsstücke durchgeführt, zum ersten Male in
greifbarer Wirklichkeit, nicht bloss in Zeichnungen und Modellen
die Ideale verkörpert zeigten, welche ihren Schöpfern für ihre
Häuslichkeit und ihre dekorative Kunst vorschwebten.
Dieses Ereignis, nicht eine, sondern eine ganze Gruppe
von bis in die kleinste Einzelheit dem persönlichen Geschmacke
gemäss durchgebildeten Wohnungen fix und fertig zum Be-
wohnen vor sich zu sehen, musste auf die Laien, die bisher
aus Zeichnungen und selbst Modellen und Einzelvorführungen
von Zimmerausstattungen u. dergl. immer nur einen unvoll-
ständigen Begriff von den Absichten der Künstler zu gewinnen
vermochten, einen gewaltigen Eindruck machen. Bot sich ihnen

doch in der ganzen Anlage ein geschlossenes, in jeder Hin-
sicht vollständiges Bild von dem, was’nach dem Hoffen und
Sehnen der beteiligten Künstler in Zukunft auch anderswo
entstehen sollte und konnte, ein Kulturbild der Zukunft, wie
man bisher auf allen grösseren Ausstellungen in den historischen
Gruppen von Alt-Paris u. s. w. Kulturbilder der Vergangen-
heit zu sehen gewöhnt war.
Und in diesem Kulturbilde war jeder Gegenstand am
richtigen Platze, wo er gebraucht werden sollte, und in der
mit ihm zusammengestimmten Umgebung zu sehen und zu
beurteilen. Keine Reihe verschiedenartiger Gegenstände für
denselben Zweck, keine Häufung gleichgearteter, wenn auch
noch so künstlerischer Arbeiten störte das Auge. Keine
Stapelung von dutzendweisen Wiederholungen erinnerte an
die Verkaufsausstellung, obwohl jeder Gegenstand natürlich
auf Bestellung zu beziehen war.
Der Erfolg dieser Ausstellungsart konnte nicht ausbleiben.
Wer sich nach einer auf die Persönlichkeit gestimmten Häus-
lichkeit sehnte, musste durch die Vortragsweise, wenn nicht
überzeugt, so doch in vieler Hinsicht angeregt und belehrt
werden. Viele, die bisher keine bestimmte Vorstellung von dem
Wesen der neueren Richtungen erlangen konnten, weil sie

Aus „Olbrich, Architektur“.
Olbrichs Haus mit Brunnen von Habich. Verlag von Ernst Wasmuth in Berlin.


33
 
Annotationen