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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 18.1902

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Heft 12
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Die Architektur der Internationalen Ausstellung für moderne dekorative Kunst in Turin 1902, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.44900#0098

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1902

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 12

Handzeichnungen), sind schlicht in der Form und weiss ge-
strichen, das Ganze als Ausbildung eines solchen Raumes in
einem einfach bürgerlichen Hause gedacht, daher ohne jeglichen
Prunk. Reich wirkt dagegen
der von Architekt Kreis in
Dresden entworfene, mit einem
Tonnengewölbe überdeckte
Majolikasaal, ausgeführt von
Villeroy & Boch. Die Bild¬
hauerarbeit lieferte Prof. Gross,
Dresden. Die Wirkung des
in ziemlich tiefer Tönung ge¬
haltenen Raumes ist ernst und
würdevoll und würde es noch
in erhöhtem Masse sein, wenn
nicht die karikaturenhaften,
übergrossen und zu oft wieder¬
kehrenden Masken eines pol¬
nischen Schnorrers und seiner
Gattin sich immer wieder dem
künstlerisch einheitlichen Ein¬
drücke entgegenstellten. Das
sind Witze, deren man mit
der Zeit überdrüssig wird.
Nicht weniger originell wirkt
der von Architekt Kühne, Dres¬
den , durchgebildete Material¬
gruppenraum, dessen dunkle
Kassettendecke (modelliert von
Prof. Gross, Dresden) mit den brennend roten Füllungen und
den tiefen mit Tonnengewölben versehenen Fensternischen
eher den Eindruck eines prächtigen Repräsentations- als eines
Materialgruppenraumes macht. Hier befindet sich denn auch
eine Einschaltung, wie sie bei keiner andern Ausstellergruppe
in Anwendung kam: es ist ein reichlich versehenes Lese-

kabinett mit allen in Deutschland erscheinenden und zum
Kunstleben in Beziehung stehenden Zeitschriften eingerichtet,
das zu jeder Zeit seine Anziehungskraft im vollsten Masse
bewährt. Auf weitere Details
einzugehen, verbietet sich hier
und es sei zum Schlüsse nur
noch des österreichischen
Hauses gedacht, das in um-
fangreicher Weise die Ein-
richtungsart der oberen Zehn-
tausend illustriert: eine mäch-
tig angelegte Diele, innerhalb
deren eine sehr bequeme,
breite Treppe zum Oberge-
schoss führt und um welche
sich die Wohnräume unten
behagliche Gesellschafts- und
Wohnzimmer, oben reizvoll
ausgebildete Schlafräume mit
Erkern und Balkons gruppie-
ren. Dass zu einem anständi-
gen Hause auch entsprechende
Bedürfnisanstalten gehören,
wundert viele italienische Be-
sucher der Ausstellung aufs
äusserste. Man hat da Ge-
legenheit, die drolligsten Mut-
massungen zu hören.
Eine Frage, gerechtfertigt
durch all den Aufwand von Arbeit, welche seitens des Auslandes
in Turin mit Verausgabung grosser Mittel geleistet worden
ist, drängt sich dabei stark in den Vordergrund: Begegnet
das alles, was da geschaffen und ausgestellt wurde, auch
dem nötigen Verständnis? Das Bedürfnis nach einer eigent-
lichen Wohnungskunst macht sich beim Italiener bei weitem


Stuckdecke
im Raum 30.

Architekt: H. E. v. Berlepsch
in Planegg-München.


Raum 19.
(Zimmer.)

Architekt: H. E. v. Berlepsch in Planegg-München.
Ausführung: Schreinerei List in München.

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