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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 21.1905

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Heft 1
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Hanftmann, Bartel: Der Neubau "Hotel zum goldenen Roß" in Halberstadt: Architekt: Baurat C. Hagemann daselbst
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https://doi.org/10.11588/diglit.44852#0016

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1905

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 1

Hotel zum goldenen Roß in Halberstadt. Architekt: Baurat C. Hagemann
Hofansicht. in Halberstadt.


Der Neubau „Hotel zum goldenen Roß“
in Halberstadt
Architekt: Baurat C. Hagemann daselbst.


us Halberstadt bringen wir heute Ansichten des im Jahre 1901
fertiggestellten Neubaues »Zum goldenen Roß«, der an Stelle
einer Reihe älterer, aus Notfachwerk mit Überputz hergestellter
Nutzbauten trat. Im vorigen Jahre widerfuhr der Stadt, die
im Besitze von Fachwerkbauten unmittelbar nach Hildesheim kommt, der
unersetzliche Verlust des weltbekannten Schuhhofes aus dem Jahre
1579. Alle Bemühungen, das abgebrannte Gebäude durch einen Neubau
in Anlehnung an dasselbe ersetzt zu sehen, sind leider gescheitert. Die
im Entstehen begriffene Warenhausecke schlimm-moderner Art ist nicht
mehr abzuwenden. Schade! Man hatte in verdienstvoller Weise be-


gonnen, dem Schuhhof eine würdige Nachbarschaft zu geben. Die
Nachbarecke — das Haus von Heinsius, Architekt: K. Friedrichs in Han-
nover, das wir demnächst bringen werden, — und das »Goldene Roß«,
einige Häuserlängen entfernt auf dem Breitenweg gelegen, konnten sich
innerhalb der modernen Erfordernisse wohl neben dem altehrwürdigen
Genossen sehen lassen. Das »Goldene Roß« zeigt auf den ersten Blick
schon liebevolles Eingehen auf die Technik und Ausdrucksweise der Früh-
renaissance, die noch einen leichten Einschlag von gotischen Einzelheiten
festhält. Das Material ist heller Sandstein mit bündigem, hellem Flächen-
putz ; die reichlich verwendeten Holzteile sind einfach lasiert und mit Rot
und Grün sparsam abgesetzt. Die Einzelheiten sind durchaus örtlich-boden-
ständig; das Eichenholz bleibt ersichtlich rissefrei stehen. Die harmonische
und schön be-


Hotel zum goldenen Roß in
Halberstadt.
Eingang zum Restaurant.

Architekt: Baurat C. Hage-
mann in Halberstadt.

wegte Wirkung,
zu der die Farbe
ihr gutes Teil bei-
trägt, entnimmt
man unschwer aus
der Abbildung.
Man wird sich bei
der die Achsen-
symmetrie ableh-
nenden Gliede-
rung der fast 30m
langen Front des
Reihenhausmäßi-
gen in der nicht all-
zu breiten Straße
kaum bewußt. Die
Hofansichten sind
in Backstein und
Putz mit einigem
Fachwerk gehal-
ten. Auch dort
gibt die Gliede-
rungdesAufbaues
aus dem Grund-
risse dem Ganzen
den Reiz des na-
türlich Bewegten
und Anheimeln-
den. Die Bauein-
teilung läßt der
Erdgeschoßgrund-
riß ersehen (die
Obergeschosse
sind für Fremden-
zimmerbestimmt).

Hotel zum goldenen Roß in Halberstadt.
Detail der Fassade.

Architekt: Baurat C. Hagemann
in Halberstadt.

Die Nutzbarmachung verlangte die Anlage von Läden nach der Straße,
wogegen die Ruhe des umschlossenen Gartens den eigentlichen Hotel-
räumen vorteilhaft zu statten kommt.
Besondre Aufmerksamkeit verdienen das Vestibül und das Treppen-
haus, dessen geräumige Treppe schön gearbeitete Krümmlingswangen aus
Eichenholz auf weist. Ein Spiegelgewölbe, in zarten Tönen gehalten, schließt
den Treppenraum nach oben wirkungsvoll ab. Die Kunstverglasungen
stammen von Müller in Quedlinburg. Sehr beachtenswert ist auch der
Speisesaal mit flacher, naturalistischer Antragearbeit. Dort wie auch ander-
wärts ist den reich, aber nicht aufdringlich gehaltenen Türen künstlerische
Sorgfalt gewidmet: rote und grüne Lasuren, mit wenig Gold abgesetzt.
Tapete ist verschmäht; die sie vertretende Patronierung in mattgelben
Tönen auf Glattputz wirkt nahezu seideartig. Vestibül, Treppenhaus und
Speisesaal, die man nacheinander betritt, geben dem Gasthaus jenes
Milieu der Behaglichkeit, das den stilistischen Ausdrucksmitteln im Äußeren
entspricht und wohltuend gegen das Geschäftshausmäßige der modernen
Gasthausanlagen absticht.
Erfreulicherweise ist die ganze Arbeit von ortsansässigen Hand-
werksmeistern hergestellt.
Die Zentralheizung stammt von Dicker & Werneburg in Halle a. S.,
die Kochanlage mit Warmwasservorrichtung für Spülküche, Bad, Wärme-
schrank u. s. w. von Gebr. Denner in Eisenach, die elektrische Lichtan-
lage von Siemens & Halske. Die Gesamtkosten betragen rund 250000 Mk.,
worin auch die jenseits des Gartens nach der dortigen Straße belegenen
Gebäulichkeiten für Wagen, Pferde und Waschgelegenheit u. s. w. ein-
geschlossen sind. Hanftmann.


Hotel zum goldenen Roß in Halberstadt.
Hofansicht.

Architekt: Baurat C. Hagemann
in Halberstadt.

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