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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 21.1905

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Heft 3
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Zetzsche, Carl: Friedhofkunst, [2]
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Bilder von der Weltausstellung in St. Louis 1904, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.44852#0031

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1905

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Architekt: Carl Zetzsche in Berlin.

21

Urnenschrein in der Urnenhalle
im Treptower Park bei Berlin.


Bilder von der Weltausstellung in St. Louis
1904.
II. Nutzanwendungen.
s wird lehrreich sein zu beobachten, welche Nachwirkung
die in unserm Stimmungsbilde im vorigen Hefte wieder-
gegebenen Eindrücke aus der Gegenüberstellung inner-
lich vornehmer alter Kunst und aufwendiger Ausstellungs-
Kulissenarchitektur auf die Amerikaner selbst etwa haben werden.
Die amerikanischen Millionäre lieben es ja besonders, ihre
Residenzen in den Stilen der französischen Könige des 18. Jahr-
hunderts oder nach den italienischen Barockpalästen ausstatten
zu lassen. Sie haben dadurch die Veranlassung gegeben, daß
ein erheblicher Teil der amerikanischen Architekten in der aka-
demisch-klassischen Ausbildung an der Pariser Ecole des beaux
arts die höchste künstlerische Vollendung und zugleich die
beste geschäftliche Empfehlung sieht.
Den Dollargewaltigen erscheinen jene prunkhaften Formen
als wirkungsvolle repräsentative noch dazu für gewöhnliche
Sterbliche unerschwingliche Folie ihrer Person und zugleich als
angenehme Erinnerung an den genußreichen Luxusaufenthalt in
Paris. Sie und ihre Lieferanten werden deshalb durch die auf
der Ausstellung in St. Louis sich aufdrängenden Schlußfolge-
rungen über die begrenzte Verwendbarkeit der Ausdrucksmittel
alter Monumentalkunst für die Bewältigung neuer Bauaufgaben
sich wohl ebensowenig beeinflussen lassen, wie die große Masse
der amerikanischen Ausstellungsbesucher, denen der große Jahr-
markt die Hauptsache ist, die innere Hohlheit und Leere emp-
finden wird, die aus dem Riesenmaßstab und der endlosen
Wiederholung der Säulenstellungen an den Ausstellungs-
gebäuden, wie aus der Häufung plastischen Schmucks sich ergibt.
Wer aber über die Eindrücke in ihrer Gesamtheit sich
Rechenschaft zu geben versucht, und an solchen kann es bei
dem scharfen Blick und der Unbefangenheit der Amerikaner
keineswegs fehlen, muß das Unbefriedigende und Oberfläch-
liche, das Kulissenhafte dieser Pariser Ecole des beaux arts-
Architektur erkennen, muß herausfühlen, daß jedes der großen
Gebäude nur sein eigenes mißtöniges Ich in den Vordergrund
drängt, statt den großzügigen Grundgedanken der Gesamt-
anlage und damit das Gesamtbild zu fördern. Das beweist
schlagend das übereinstimmende Urteil aller, daß eine wirklich
überwältigende Wirkung der ungeheuren Anlage erst eintritt,
wenn die Einzelheiten der Gebäude und ihre Überladung in
der Dunkelheit verschwunden sind und nur die großen Haupt-

Figur an einem Architekt: Professor Fritz Schumacher
Grabmal in Oleiwitz. in Dresden.
Modelliert von Rob. Schirmer in Berlin.

heiten der Darstellung ganz
von selbst wieder Innigkeit und
Vertiefung erlangen und es
wird nicht nur darauf ankom-
men, daß so und so viel Pal-
menzweige, Mohnköpfe und
erlöschende Fackeln angeklebt
werden. Auch die Figuren wer-
den von der unwahren Pose
befreit, werden aus der Manie-
riertheit nach Art der französi-
schen Galanteriefiguren wieder
zu Idealgestalten werden, wie
sie ein von Fritz Schumacher
entworfenes Grabmal zeigt.
Wenige nur sind es, die
bisher in diesem Sinne Grab-
mäler zu schaffen wußten, die
mit Wenigem tiefe Innerlichkeit
oder die persönlichen Eigen-
schaften des Toten (Grabmal
des Heraldikers Warnecke von
Emil Doepler d. J.) wiederzu-
gebenvermochten. Unter ihnen
sei als der Ersten einer Her-
mann Obrist genannt, der vor
Jahren schon im Berliner Kunst¬
gewerbemuseum einige Grabsteine ausgestellt hatte, die in
ihrem bescheidenen Schmuck und der einfachen, material-
gerechten und doch so echt künstlerischen Behandlung des
Steines mustergültig sein sollten für die einfachsten Aufgaben
unsrer deutschen Friedhofkunst.
Mögen die vorhandenen Ansätze sich kräftig entwickeln
und Früchte tragen! Mag die Mannigfaltigkeit unsrer künst-
lerischen Bestrebungen sich auch auf den Friedhöfen betätigen,
wo ihnen ein so überaus reiches Feld geboten ist, denn es gibt
kein allgemeines Rezept für die Friedhofkunst — ein jeder
kann anders und doch gut sein — wohl aber gibt es, wie das
Vorstehende zeigt, gewisse Regeln, die für deutsche Friedhöfe
zu beherzigen sind.

Figur an einem Architekt: Professor Fritz Schumacher
Grabmal in Gleiwitz. in Dresden.
Modelliert von Rob. Schirmer in Berlin.
 
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