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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 21.1905

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Heft 5
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Brauchitsch, Ernst von: Bilder aus Mansfeld
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Beschreibung der Abbildungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44852#0049

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1905

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 5


blühendsten Formen der Renaissance (Abb. 5 u. 6). Von den Reliefs, die
sicherlich alle Felder gefüllt haben, ist nur die Szene der Geißelung original;
die Kreuzigung (auf der Tür des Behälters) ist neu, das Wappen stark er-
neuert. Erwähnt sei auch von Kunstwerken in der Kapelle das steinerne
Epitaph eines Grafen Günther von 1526, in fast italienischen Formen, mit
einer plastischen Darstellung der Kreuzigung von künstlerischem Wert;
ferner der schöne spätgotische Taufstein und das den Chor abschließende
hohe eiserne Gitter von einfacher, aber gut überlegter Linienführung, an
dessen mittlere Türöffnung sich innerhalb des Chorraums die Kanzel an-
schließt.
Von dem zweiten, wenige Schritte neben der Kapelle sich erheben-
den Schloß »Mittelort« sind nur die ruinenhaften Umfassungsmauern übrig
geblieben. Der überlieferte Name »Der goldene Saal« mag auf die Pracht
der einstigen Ausstattung schließen lassen, welche der Besitz der Mans-
felder Kupfer- und Silberbergwerke dem reichen Grafengeschlecht erlaubte.
Aus der Ecke dieser Saalruine springt ein kanzelartiger Balkon, von großer
Anmut hervor (Abb. 7). Vier Konsolen und ein an der Mauerecke auf-
schießendes, höchst zierliches Säulchen tragen mit zwischengespannten
Bögen diesen in einer Art Vierpaß vorspringenden Altan, den das Ober-
geschoß wahrscheinlich mit einem gewölbten Baldachin ohne Stützen
überdachte. Am Schlußstein des Türbogens findet sich die Jahreszahl 1532.
Am Fuße des Schloßberges liegt das Städtchen Mansfeld, in dem
Martin Luthers Vaterhaus noch jetzt teilweise erhalten ist, ebenso wie die
»Lutherschule mit dem hier (Abb. 8) wiedergegebenen Portale. Der schöne
Stein mit St. Georg dem Drachentöter und vier auf Luther bezüglichen
lateinischen Verszeilen entstammt jedenfalls erst nachlutherischer Zeit. In
der Ortskirche endlich befinden sich außer einem Gestühl mit gutem go-
tischen Bandwerk drei sehenswerte Altarschreine, deren einen mit der heiligen
Anna selbdritt und St. Ottilia unsre Abbildung 9 (in der Beilage) zeigt.
Schloß und Stadt Mansfeld sind jetzt von der Station Kloster Mans-
feld« an der Linie Berlin—Sangerhausen unschwer erreichbar, und der
Kunstfreund wird sich durch einen Besuch belohnt sehen. Genauere kri-
tische Beschreibung findet man in »Bau- und Kunstdenkmäler des Mans-
felder Oebirgskreises« von Prof. Dr. H. Größter und Dr. A. Brinkmann,
herausgegeben von der historischen Kommission der Provinz Sachsen.

Beschreibung der Abbildungen.
Tafel 33/34. Die Knospstraße in Stuttgart. Architekten:
Eisenlohr & Weigle, Oberbauräte in Stuttgart.
Die im Auftrag der Frau Geheimrat von Knosp erfolgte Bebauung
dieser Privatstraße war^eine Aufgabe, wie sie wohl selten einem Archi-
tekten geboten wird: handelte es sich doch um die nahezu vollständige
und einheitliche Bebauung dieses Straßenzugs, wobei die Architekten
nicht durch kleinliche Spekulationsrücksichten gebunden waren und somit
der künstlerische Teil dieser Aufgabe zu freier Geltung gebracht werden
konnte. Ein Zusammenrücken der Häuser ohne Wich konnte leider gegen
die herrschenden Bauvorschriften nicht durchgesetzt werden (siehe den
ersten Entwurf); es wurde deshalb versucht, die unschöne Wirkung der
3 m-Abstände durch verbindende Torbögen zu mildern. Die Bebauung
geschah in der Hauptsache mit dreigeschossigen Zinshäusern. Doch hat
darunter auch ein Neubau für die höhere Handelsschule Platz gefunden,
den die Bauherrin im Andenken an ihren verstorbenen Gemahl, einen her-
vorragenden Industriellen, erstellen ließ und gegen billige Miete jener
Anstalt überlassen hat. Um der ganzen Bauanlage möglichst viel Licht
und Luft zuzuführen, wurden nicht allein die Hinterhöfe sehr ausgiebig
bemessen, sondern auch ein Teil des verfügbaren Platzes als Garten für
die Bewohner der Straße frei gelassen. Die Größe der zu schaffenden
Wohnungen ergab sich aus der Lage der betreffenden Häuser. Demgemäß
wurden größere Wohnungen bis zu sieben Zimmern in den Eckhäusern
an den durch die Privatstraße verbundenen Hauptstraßen geschaffen,
während die Häuser an der Privatstraße kleinere mit drei, vier und fünf
Zimmern erhielten. Die Einteilung dieser Wohnungen entspricht den Stutt-
garter Bedürfnissen. Bei der inneren Ausstattung wurde größerer Wert
auf solide Ausführungen als auf billigen Prunk gelegt, daher kamen wo nur
möglich moderne Grundsätze bei Installationen, Form- und Farbengebung
u. s. w. zur Geltung. Das Äußere wurde bei den Eckhäusern ganz in Hau-
stein, bei den übrigen Bauten in Haustein und Putz ausgeführt. Sämtliche
Dächer wurden mit Biberschwanzziegeln als Doppeldächer hergestellt. Die
Baukosten der ganzen Anlage stellen sich auf rund 1000000 Mk.

Die Knospstraße in Stuttgart. Architekten: Eisenlohr & Weigle,
2. Westseite. Oberbauräte in Stuttgart.


Die Knospstraße in Stuttgart. Architekten: Eisenlohr & Weigle,
3. Ostseite, untere Hälfte. Oberbauräte in Stuttgart.


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