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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 22.1962

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Nesselhauf, Herbert: Ein Leugenstein des Kaisers Victorinus: Illingen, Ldkrs. Rastatt
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https://doi.org/10.11588/diglit.43789#0092

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Herbert Nesselhauf

Schemas zu formulieren, wobei sie sich mehr oder weniger an die statthalterliche Direk-
tive hielten. Vollends sich selbst überlassen blieben die civitates in Obergermanien* * 11).
Der Umstand, daß in mehreren Provinzen gleichzeitig Meilensteine gesetzt worden sind
und in einer ausdrücklich die Straßenerneuerung bezeugt ist, berechtigt nun aber auch
zu dem Schluß, daß die ganze Aktion durch einen kaiserlichen Befehl ausgelöst wurde,
der die Renovierung aller oder bestimmter Reichsstraßen in einem größeren, mehrere
Provinzen umfassenden Gebiet anordnete12). Die Frage, weshalb im Jahre 237 die
gallischen Straßen erneuert wurden, ob es sich dabei um eine ohne besonderen Anlaß
verfügte Generalüberholung handelte oder ob die Arbeiten in Zusammenhang standen
mit dem Projekt eines Germanenkrieges, können wir auf sich beruhen lassen. Es sollte
hier nur gezeigt werden, daß auch Meilensteine, deren Inschrift im Dedikationstypus
abgefaßt ist, den Vollzug des Straßenbaus anzeigen können. Daß sie es tun, bedarf
allerdings in jedem Falle des Nachweises.
Für den Leugenstein von Illingen läßt sich dieser Nachweis nicht erbringen, eine sichere
Entscheidung im einen oder anderen Sinne ist deshalb hier auch nicht möglich. Zwar hat
man allenthalben in Gallien Meilensteine mit dem Namen des Kaisers Victorinus er-
richtet13) und auch in Britannien fehlen sie nicht14), nirgends findet sich aber eine Spur,
die darauf hindeutete, daß damals am Ausbau oder an der Erneuerung des Straßen-
systems gearbeitet wurde. Wahrscheinlich sind auch die Meilensteine mit dem Namen
des Victorinus, wie die Mehrzahl der Meilensteine des 3. Jahrhunderts, nur konventio-
nelle Bekundungen der Loyalität gegenüber dem Kaiser. Auch als solche sind sie in-
dessen von Wert, zumal für eine so überlieferungsarme Zeit wie das 3. Jahrhundert,
in dem wir auf die Inschriften als eine unserer wichtigsten Informationsquellen an-
gewiesen sind. Nur durch sie haben wir eine, wenn auch vorerst noch reichlich summa-
rische Vorstellung vom Machtbereich des gallischen Kaisertums. Daß er über den Rhein
hinübergriff, erfahren wir jetzt erst durch den Leugenstein von Illingen.

u) Für sich steht einstweilen der Meilenstein CIL XIII 9058 von der Straße Nyon—Lausanne,
dessen Text mit der Formel pontes et vias vetust. conlabs. restit. vielleicht das Formular der
Belgica vertritt (vgl. o. Anm. 10).
12) Wie verschieden sich dieser Befehl an unserem Beobachtungsmaterial, den Meilensteinen,
auswirkte, zeigt sehr instruktiv der Befund an der Straße Lyon—Bordeaux, die aus der
Lugdunensis in die Aquitania führt. An der lugdunensischen Teilstrecke standen die Meilen-
steine mit dem dieser Provinz eigentümlichen Formular (CIL XIII 8861—8864. 8866),
jenseits der Grenze setzt der aquitanische Typ ein (CIL XIII 8867. 8869. 8870. 8874).
Wenn es übrigens noch eines Beweises dafür bedürfte, daß damals auch in der Lugdunensis
gebaut wurde, so liegt er hier vor, denn niemand wird glauben, daß an der durchgehenden
Reichsstraße die Bautätigkeit an der Provinzgrenze haltmachte.
1S) CIL XIII 8958 — 8961. 8975. 8999. 9006. 9012. 9040. 12090.
14) Die britannischen Meilensteine des Victorinus hat E. Birley, Roman Britain and the Roman
army (1953) 62 f. zusammengestellt.
 
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