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Badische Fundberichte: amtl. Nachrichtenbl. für die ur- u. frühgeschichtl. Forschung Badens — 22.1962

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Schillinger-Häfele, Ute: Eine neue Inschrift aus Stettfeld, Ldkrs. Bruchsal
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https://doi.org/10.11588/diglit.43789#0096

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Ute Schillinger-Häfele

Voluntarierkohorten später lange Zeit überwiegend aus Bürgern ergänzt worden sind17).
Das verbietet aber nicht anzunehmen, sie seien bei ihrer Aufstellung aus Freigelassenen
gebildet worden18). Daß schon bei der Gründung dieser Kohorten römische Bürger ein-
traten, kann man jedenfalls aus unserem Material nicht beweisen, und es ließe sich,
selbst wenn wir wüßten, daß die beiden genannten Soldaten zu der ersten Mannschaft
gehört hätten, auch nicht ihrer Namensform entnehmen, da wir nichts über die Modali-
täten der Freilassung zu diesem außerordentlichen Zweck wissen.
Offenbar schon ausgehend von der Überzeugung, der Zusatz „voluntariorum“ beim
Namen einer Truppe, in der „sich bei der Gründung römische Bürger befanden“, könne
nicht als „Distinktivum einer Libertinenaufstellung gegenüber einer cohors ingenuorum
genommen sein“, prüft Kraft nun die literarische Überlieferung daraufhin, ob sie
zwingende Gründe biete, „in den cohortes voluntariorum ehemalige Libertinenaus-
hebungen zu erkennen“19). Dazu untersucht er vor allem den Sprachgebrauch von
voluntarius.
Es ist hier nicht der Ort, auf die Interpretation aller Stellen einzugehen. Mag sie im
einzelnen unbefriedigend sein, so ist das Gesamtergebnis Krafts doch zutreffend: in mili-
tärischem Zusammenhang bedeutet voluntarius „im innerrömischen Gebrauch nirgends
einen Freigelassenen, sondern freie römische Bürger“20). Dieses Ergebnis ist freilich auch
nicht überraschend und besagt nichts gegen die unverdächtige Nachricht des Macrobius,
Augustus habe die aus freigelassenen Sklaven gebildeten Truppen „voluntariae“ genannt.
Voluntarius hieß eben — keineswegs nur im militärischen Bereich — einfach freiwillig,
und selbst wenn es, wie Macrobius sagt, von Augustus in euphemistischem Sinn zur
Charakterisierung dieser außerordentlichen Truppen benutzt worden ist21), bedeutet das
auf keinen Fall, daß dieses Wort von da an nur noch eingeengt auf die Bedeutung
Freigelassener bzw. nur noch im Hinblick auf Freigelassenenverbände hätte gebraucht
werden können. Krafts Versuch zu beweisen, die cohortes voluntariorum civium Roma-
norum könnten nicht aus den von Augustus aufgestellten Freigelassenenverbänden her-
vorgegangen sein, scheint mir jedenfalls mißglückt zu sein22), zumal er weder eine
einleuchtende neue Erklärung dieser Bezeichnung gibt noch — was besonders schwer
wiegt — angeben kann, wo dann der Gegensatz zu den ebenfalls inschriftlich bezeugten
cohortes ingenuorum zu suchen wäre. So lange nicht eine Inschrift auftaucht, auf der eine
cohors ingenuorum ebenfalls den Zusatz vol(untariorum bzw. -untaria) trägt, wird
man deshalb weiter der Mommsenschen Deutung folgen dürfen 23).

17) a. a. O. S. 82 ff.
18) Was Kraft a. a. O. S. 94 dazu sagt, kann nicht überzeugen.
19) a. a. O. S. 93.
20) a. a. O. S. 90.
21) Mag nun die eine oder die andere der von E. Stein a. a. O. S. 225 vorgeschlagenen Er-
klärungen zutreffen.
22) Vgl. aber die Besprechung von H. T. Rowell, Journal of Roman Studies 43, 1953, S. 177.
23) Vgl. jetzt auch den nach Beendigung des Manuskripts erschienenen Artikel „voluntarii“
(RE II. Reihe 17, Sp. 886 ff.) von Alfred Neumann.
 
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