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zosen, namentlich bei der Einnahme von Kinburn,
gefangene Russen eingeschifft, um nach Odessa ge-
bracht und dort in Freiheit gesetzt zu weiten. Da
die Russen weitaus nicht so viele gefangene Fran-
zosen haben, so denkt man, daß sie dagegen später
eine gleiche Anzahl Türken der Karser Garnison
schicken werden. General Kokoinowitsch, der in
Kinburn kommandirtc, schifft sich mit seinen Sol-
daten ein. Man glaubt, daß seiner in Rußland
keine sehr freundliche Aufnahme harre; doch hatte
er feine Alternative, als sich zu ergeben oder sich
und die ganze Besatzung in die Luft zu sprengen
und es ist kaum anzunehmen, daß man es ihm
als ein Verbrechen anrechnen wird, eine Kapitu-
lation angenommen zu haben, durch welche es ihm
möglich war, ungefähr 2000 Menschen das Leben
zu retten und sie dem Lande zu erhalten. Diese
Gefangenen sprechen sich über die ihnen von den
französischen Militärbehörden zu Theil gewordene
Behandlung Alle sehr lobend aus. — General
La Marmora war seit zwei Tagen in Konstanti-
nopel eingctroffcn. Er sollte sich am 13. oder 14.
einschiffen, um das Oberkommando über das sar-
dinische Krimmkontingent wieder anzutreten. An
Bord desselben Dampfboots befand sich auch der
Kommandant der englisch-polnischen Legion, Graf
Zamoi'skp, der Skutari bewohnt, wo sich die Eng-
länder befinden. — Der Gesundheitsstand der fran-
zösischen Armee hatte sich merklich gebessert. In-
dessen waren die Spitäler noch überfüllt und aus
der Krimm war Befehl zur Herrichtung einer
weitern großen Anzahl von Betten für die ankom-
menden Krankentransporte cingetroffen. Man ar-
beitet am Lager zu Maslak an Ausbesserung der
während des Winters beschädigten Baracken. Man
glaukt, daß sie demnächst von einem französischen
Armeekorps besetzt werden sollen. — Die Krimin-
post vom 11. ist am 13. Morgens cingclaufen.
Der Gesundheitsstand der Armee hat sich in ter
Krimm sehr gebessert. — Briefe aus Kertsch vom
8. d., welche mit diesem Schiffe anlangten, be-
richten, daß dort, wie zu Jeni-Kale, trotz der
sehr großen Kälte, Alles munter ist. Die Umge-
bungen von Kertsch sind noch immer von Kosaken-
abtheilungen besetzt, die es unmöglich machten, sich
aus der Stadt zu entfernen. Einige Tage vorher
wurden 3 englische und ein französischer Offizier,
welche sich etwas zu weit gewagt hatten, gefangen.
— Die Franzosen haben noch immer ungefähr
2000 Bi. Marineinfanterie dort, die sich sehr
wohl befinden. — Omer Pascha hat sich am 13.
Morgens in's Seraskierat begeben, wo er eine
ziemlich lange Unterredung mit dem Kricgsminister
hatte.

Orientalische Angelegenheiten.
Paris, 22. März. Der Kongreß versam-
melte sich heute um I V? Uhr; die Sitzung dauerte
bis 5 Uhr. Es wurde das von der Redaktions-
kommission abgefaßte Protokoll vorgelesen. Diese
Sitzung muß daher sehr wichtig gewesen sein.
Wahrscheinlich wird der Friede in der nächsten
Woche unterzeichnet werden. So viel ich hörte,
dürfte die heutige Sitzung die vorletzte gewesen sein.
Paris, 26. März. Die ,/Affembl. Nat."
schreibt heute: „Das Werk des Kongresses steht
offenbar der Vollendung nahe. Alle wichtigen
Punkte des Vertrags, welcher Europa den Frieden
geben soll, sind — wie man sagt — bereits seit
mehreren Tagen festgestcllt und der endgiltige Ab-
schluß hat nur durch einige Vereinbarungen be-
züglich der innern Gestaltung der Donaufürsten-
thümer eine kleine Verzögerung erlitten. Man
fügt bei, daß die Unterzeichnung wahrscheinlich
noch in dieser Woche erfolgen werde. Sicher ist,
daß Lord Clarendon bereits mehrere Abschiedsbe-
suche gemacht und mitgetheilt hat, daß er Paris
Sonntag Morgens verlassen werde, um Montag
der Wiedereröffnung der Sitzungen im Oberhause
anzuwohnen."
„Wir können nicht von dem sprechen, was
im Innern des Kongresses vorgeht. Doch glauben
wir sagen zu können — denn Alles ist einig darüber
—, daß im Laufe der Verhandlungen zwischen
den Bevollmächtigten Oesterreichs und Rußlands
nicht das beste Einvernehmen zu bestehen schien,
daß in ihren Beziehungen vielmehr jene Bitterkeit
vorherrschte, welche man gewöhnlich zwischen ehe-
maligen Freunden bemerkt, die irgend ein Umstand
entzweite und die sich gegenseitig beschweren zu
sollen glauben. Mit einem Worte, die intimen
Beziehungen, welche vor dem Kriege zwischen den
drei großen Nord-Höfen bestanden, wären —wenn
man dem Anscheine und den daraus zu ziehenden
Folgerungen glauben will — mehr ober weniger
ernstlich bedroht."
„Lord Clarendon wird also, wie bereits er-
wähnt, Paris Sonntag verlassen. Graf Orloff
soll, sagt man, nach dem Schluß des Kongresses
als außerordentlicher Gesandter daselbst verbleiben,
um die Thronbesteigung des Kaisers Alexander II.
am Tuilericnhofe zu notifiziren. Der Graf würde
Paris erst zur Zeit der Krönung des Zaaren ver-
lassen , welche im Monat August zu Moskau statt-
haben soll. Es verlautet noch nicht, wer Frank-
reich bei dieser Feierlichkeit vertreten soll. England
hat hiefür, sagt man, bereits den Herzog von
Cambridge bestimmt."
 
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