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Berliner Kunst-Herold: wirtschaftl. Zentralorgan für bildende Künstler ; offizielles Publikations-Organ des Verbandes Deutscher Illustratoren, der Bildhauer-Vereinigung von Mitgliedern des V.B.K. und der Ortsvereine der A.D.K., sowie der Freien Vereinigung der Graphiker — 5.1905

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Nr. 39
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https://doi.org/10.11588/diglit.67606#0316
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KUNST-HEROLD

Seite 6

V. Jahrgang-,

Was die künstlerische Seite der ganzen Sache angeht, so
sieht es da nicht minder betrübt aus. Herr Heinrich Schiit':
hat an den Hauptraum ein nicht gewöhnliches Mass von Liebe
und Geschicklichkeit gewendet. Aber diese Geschicklichkeit
und dieser Fleiiss waren eben am falscihen- Platze tätig, ein
Künstler, den seine ganze Begabung auf die illustrative Klein-
kunst hinweist, erhielt dekorative Aufgaben, die ihm gar nicht
liegen. Vergrösserte Miniaturen gelben doch keine Monumental-
malereji! Die Ausmalung der Gewölbezwickel mit kleinen
Postkartenmotiven ist ganz besonders unglücklich in der Ver-
teilung der Flecke, der Farben, von einem Mangel an deko-
rativer Wirkung, an Ruhe, dass man Ucht ohne Kopfschütteln
vorbeigeht Wie schlägt auch diese Überladung mit Witzchen
dem Geiste der Gotik ins Gesicht! Und i'm Froschnibelungein-
saal die Farben! Der Dreiklang von Lichtblau, Spangrün und
Orange macht geradezu übel! Es ist der Klagen kein Ende
und einem1 Münchener, der für seine Stadt ein Herz hat, tut
wahrlich dies Herz weh da unten! Besonders jetzt in der
Fremdensaison! Es gibt freilich eine Kategorie von Fremden,
Herrschaften 'mit .Jägerhemden, Gummi kragen und Schirm-
mützen, die wiehern vor Freude über den hier entfalteten
Humor! Doch es gibt auch eine Kategorie von Fremden, die
mit ironischem Lächeln auf diese Zeugnisse „bayerischen
Barbarentums“ blickt und auch eine Freude daran hat, aber
keine, die uns Ehre macht!
Musste das so gemacht werden, durfte das sein? Wai
angesichts einer so grossen und dankbaren Aufgabe für
Künstler von dekorativem Talent wirklich dem Bauherrn eine
derartige Willkür in der Wahl der ausführenden'Kräfte zuzu-
gestehen? Und hatte die Kommission, die hier massgebend
gewesen sein mag, wirklich das Recht, der Mitwelt und Nach-
welt von Geschmack und Moral der Münchner von 1905 solche
Proben vorzusetzen? Im gleichen Jahre sind: in Stuttgart und
Leipzig ebenfalls neue Ratskeller eröffnet worden, Räume voll
gemütlichen Behagens, in denen sich jeder wohl fühlt, in denen
aber die Anspielungen auf den Bacchusdienst nur ganz be-
scheiden und diskret angebracht sind — in Stuttgart einzig
in Gestalt goldener Weintrauben an den Beleuchtungskörpern!
Und hier eine solche Glorifikation der Besoffenheit! Der alte
Teil des Ratskellers rrf't Ferdinand Wagners Malereien ver-
stärkt in seiner gemütlichen und menschlich anständigen Wir-
kung dlurch den Gegensatz noch das Unbehagen, das man in
den neuen Hailein empfindet. Auch hier haben die feinen,
lustigen Geister des Weines die Herrschaft, nicht die grunzen-
den Dämonen der Gosse!
Wenn d'ie Münchener Künstlerschaft vom Plane dieser Ar-
beiten Kenntnis gehabt hätte, ehe sie als Ifait accompli vor
ihren 'entsetzten Augen standen, dann wäre Wohl ein ge-
harnischter Protest die Folge gewesen. Freilich — vielleicht
hätte dieser Protest das gleiche Schicksal gehabt, wie jenes
Schreiben, in dem die angesehensten Baukünstler Münchens in
B,?zug auf andere Einzelheiten des Rathausneubaues an den
Bauleiter eine kollegiale Bitte richteten — er wäre vielleicht
auch unbeantwortet in den Orkus gefallen!“
(Diese Ausführungen, deren Berechtigung in weitesten
Künstlerkreisen voll anerkannt wird, beweist wieder einmal,
dass bei der Ausführung solcher Aufträge mit grösster Umsicht
vorgegangen werden muss; und vor allem hat die Stadt-
verwaltung der Kunststadt München die Pflicht und
Schuldigkeit, bei der Ausgestaltung und Ausschmückung ihrer
Bauten nur gute Künstler, die besten, die wir hier haben,
heranzuz-ehen. Es ist in den „M. N. N.“ in Übereinstimmung
mit den Anschauungen unserer gesamten Künstlerschaft und
weitester Kreise der Einwohnerschaft schon des öfteren mit
Nachdruck verlangt worden, dass derartige Arbeiten auf dem
Wege eines allgemeinen, öffentlichen Wettbe-
werbes für alle Münchener Künstler vergeben und dass die

Entwürfe dazu vor der Ausführung öffentlich ausg©'
stellt werden. Auf diesem Wege und nur auf diesem
dürfte es sich ermöglichen lassen, in Zukunft derartige, für die
Kunststadt München nicht peinliche, sondern auch direkt
schädliche Vorkommnisse zu vermeiden. D. Red.)
Gemäldediebstahl'. Im August wurden aus der Wohnung
des Leopold v. Lieben in Wien I, Oppolzergasse 6, zwei Ge-
mälde im Werte von 40 000 bis 50 000 Kronen gestohlen. Die-
selben wurden mit Blindrahmen aus den Rahmen gehoben
und blieben die leeren Rahmen zurück. Das eine Gemälde
; ist von B ö c k 1 i n gemalt, 56 X 77 Zentimeter gross und stellt
zwei Satyre dar, die ein fischförmigers Meerweib mit einem
aus dem Wasser ziehen; im Vordergrund Wasser, im Hintei-
grund Felsen. Das zweite Gemälde, angeblich von Troyon,
67 X 56 Zentimeter gross, stellt drei Kühe auf sumpfiger Wiese
dar. Für die Wiedererlangung der beiden Bilder ist eine Be-
lohnung von 2000 Kronen zugesichert.
Der geprellte Lenbach. Meister Lenbachs sprichwörtliche
Gutherzigkeit ist bekanntlich vielfach missbraucht worden-
Vor einigen Jahren kamen bekanntlich viele B Idcr Lenbachs
ohne Namen in den Kunsthandiel und die Kunsthändler hatten
darum grosses Interesse daran, dass der Meister diese Bilde'
nacträglich zeichnete. Tn vielen Fällen aber hielt es sehr
schwer an, ihn dazu zu bewegen, weil er manchmal gall Ser
Laune war und dann niemals Konzessionen, besonders nicht an
1 Kunsthändler machte. Wenn cs sich um ein Bild aus seincr
j ersten Zeit handelte, war eine Abweisung überhaupt sicher-
: Nun kam eines Tages ein sehr guter Lenbach frühen Ursprung’
'n den Handel, der dien Bürgermeister von Schrobenhausen
Lenbachs Vaterstadt — mit seiner Frau darstellt. Wie ?6'
sagt, ein vorzügliches Bild, aber ohne den Namen des Meisters-
Der Kunsthändler;, der es sehr günstig erworben, sinnt ver>
zweifelt auf einen Trick, der dien Meister zur Namenszeichnui»
veranlassen und das Gemälde um 1000 oder mehr Mark wer''
voller machen könnte. Und siehe da: e'nes Tages kommt
eben diesem Bilde zu Lenbach eine dürftig gekleidete Fra"
Ein armes Weib, Witwe, zu Hause sieben Kinder. Leuba^
lässt sich das erzählen und hört dann die Bitte um Zeich-
nung' des Bl'des an. Griesgrämig sagt er: „I tu’s not gern'
Aber weil's Sie sau, schreib’ i mei Unterschrift hint’ nai> ■
Aber wann S’ Eahna nöt 100 Mark dafür zahl’n llass’n, 11,1
■ pass’n S’ fein auf!“ — Na, das Bild ist gezeichnet, nicht de111
Ruhm und nicht dem Kunsthandel zuliebe, aber aus ein6
schönen, barmherzg-en Regung, wie sie bei Lenbach nid1*
selten waren.
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