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Das Buch für Alle.
Helt 2.
Ueberall sehen wir an der Wand Druckknöpfe zum
Geben des Alarmzeichens, wie in den Korridoren, überall
ferner Schläuche, fertig zum Gebrauch aufgehängt
und an die Wasserleitung angeschlossen. Das ganze
Haus ist nur aus Stein, Glas und Eisen gebaut, der
Ausbruch eines Brandes kaum denkbar, und doch ist
alle nur mögliche Vorkehrung zur Bekämpfung eines
Feuers getroffen. An einzelnen Stellen in den Korridoren
und Bureaur sehen wir rothlackirte „Extinkteure" aus-
gestellt. Es sind dies „Gasspritzen", die mit Riemen
auf dem Rücken eines Mannes befestigt rind sofort nach
dem Orte des Brandes hingetragen werden können.
Das Rohr gibt einen Strahl sehr kohlensäurereichen
Wassers und dieses löscht bekanntlich Feuer rasch, weil
es ihm den Kohlenstoff entzieht.
Noch eine Einrichtung füllt uns in den verschiedenen
Bureaur aus. An Regalen, an einzelnen Schubladen,
an einzelnen Büchern sind rothe Blechtafeln angebracht.
Es sind dies Bezeichnungen für diejenigen Gegenstände,
die für den Fall eines Feuers in erster Linie zu retten
und in Sicherheit zu bringen sind.
Wir stehen endlich im Bureau des uns führenden
Direktors.
„Ich null Ihnen," erklärt er, „noch einige Kleinst;
ketten zeigen, bevor ich Sie in das Allerheiligste führe.
Hier sehen Sie die schweren Armeerevolver, die zur
Bewaffnung unserer Diener und der Wächter dienen.
Sie sehen die Leibgurte und Patrontaschen, die an
diesen Revolvern befestigt sind. — Hier sehen Sie Blech-
marken in verschiedenen Formen, aus verschiedenem
Metall, mit verschiedenfarbigen Nummern. Sie bilden
die Legitimation und Passirerlaubniß für die Wasch-
und Scheuerfrauen, die nach Schluß der Geschäftszeit
die Räumlichkeiten in der Bank reinigen. Da aber
sofort nach Geschäfksschluß die Wache in Thätigkeit tritt,
so müssen diese Frauen besondere. Legitimationen zum
Verlassen des Hauses haben. — Hier sehen Sie verschie-
dene farbige Passirkarten für Beamte der Bank, die noch
nach Geschäftsschluß in den Bureaup thätig sind und
erst später das Gebäude verlassen wollen. Durch die
Farbe der Passirkarte, die täglich wechselt, ist dem Be-
amten sogar der Weg genau vorgeschrieben, den er im
Gebäude zu nehmen hat. — Doch nnn folgen Sie mir
noch einmal nach dem großen Lichthofe, respektive in einen
Nebenraum desselben, der unser Alarmplatz ist."
Wir betreten neben dem Lichthofe einen abge-
schlossenen, ziemlich großen Raum, der verschiedene sonder-
bare Kasten und eine Anzahl von Läutewerken enthält.
Zwei Pförtner sind hier auf Wache.
„Hier sehen Sie den Apparat, um die Feuerwehr
herbeizurufen. Man braucht nur an diesem Handgriff
zu ziehen, und auf allen Stationen der Feuerwehr ertönt
das Alarmsignal, wenige Minuten später halten einige
Züge der Feuerwehr hier vor dem Hause. — Hier ist
die Vorrichtung für das Alarmsignal, das im ganzen
Haüse ertönt. Auf den ersten Ton desselben besetzen,
wie ich Ihnen bereits mittheilte, besonders hierfür be-
stimmte Diener sämmtliche Thüren. Tue anderen Diener
aus allen Stockwerken sammeln sich hier, um weiterer
Befehle und Verwendung gewärtig zu sein. Das wich-
tigste Stück in diesem Raume ist wohl aber hier diese
große Uhr, ein elektrisches Wunderwerk von Siemens
L Halske. Sie sehen unter dem Zifferblatt eine Oeffnung,
Hine Trauung bei der Lnnksarmee in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Ongmalzeichmmg von E. Liinmer. (S. 50)
in dieser erscheint eine Zahl, sobald durch Druck auf
einen der größeren Knöpfe der in den Korridoren an-
gebrachten Kästen das Feuersignal gegeben wird. Diese
Kästchen stehen nämlich alle mit dieser Uhr in Verbin-
dung; wird der Knopf eines derselben gedrückt, so er-
schallt nicht nur hier das Feuersignal, sondern unter
dein Zifferblatt der Uhr erscheint auch die Nummer der
Station, welche das Feuersignal gibt, so daß man hier
sofort darüber orientirt ist, wo es im Hause brenut.
Von hier aus wird dann sofort die Feuerwehr alarmirt,
und die Kolonne der Wächter oder Diener mit den
Eptinkteuren zum Löschen und Retten von Sachen kom-
mandirt. — Im unteren Theile des Uhrkastens sehen Sie
ein Räderwerk, durch das ein breiter Papierstreifen hin-
durchgeht. Es ist die Kontrole für die Wächter. Die
Wächter, die Nachts beständig durch die Korridore und
Bureaux patrouilliren, müssen auf ihrem Wege an den
schmalen Kästchen immer auf deu kleineren der beiden
Knöpfe drücken. Durch diesen Druck entsteht auf elek-
trischen! Wege in dem Papierstreifen ein Loch, das
eine seine Nadel sticht und die Kontrole, die diese
Uhr, die selbstthätig die Stundenzahlen auf den Papier-
streifen druckt, ermöglicht, ist eiue so genaue, daß die
uur minutenlange Unaufmerksamkeit eines Wächters
genau nachzuweisen ist. — Sie sehen, wir haben
einen großartigen Sicherheitsapparat, derselbe kann
aber im richtigen Augenblick nur funktioniren, wenn
er fortwährend im Gange gehalten wird und dies
geschieht durch probeweise Alarmirungen. Heute Nacht
nehme ich eine solche vor. Wenn Sie mich eine halbe
Stunde vor Mitternacht in: Restaurant an der Ecke
erwarten wollen, können Sie sich die Sache ansehen!"
Es ist kurz vor Mitternacht, das großstädtische Nacht-
leben befindet sich auf seinem Höhepunkte. Das Restau-
rant, in dem nur warten, ist bis auf den letzten Platz
gefüllt. Da erscheint der Bankdirektor.
„Entschuldigen Sie, wenn ich Sie etwas warten ließ,
aber ich war noch rasch auf der nächsten Feuerwache.
Der diensthabende Brandmeister ist mit einer Probe-
alarmirung der Feuerwehr einverstanden, da die Wache
heute noch nicht ausgerückt ist. Es ist den anderen
Wachen telegraphisch mitgetheilt worden, daß unser
etwaiges Feuersignal in der nächsten halben Stunde
ungiltig ist. Aber nun kommen Sie mit."
Wir stehen bald daraus vor einein der Portale des
Bankgebäudes, das todt und still vor uns liegt. Der
Direktor klopft und wartet daun, bis er angerusen wird.
Es ist uns nicht gestattet, hier di-e Umständlichkeiten zu
schildern, die nothwendig sind, um den Direktor zu
legitimiren. Diese Einrichtungen müssen eben Geheim-
nis; bleiben. Einem Unbefugten aber ist es zweifellos
unmöglich, des Nachts sich mit List Eintritt in die
Bant zu verschaffen.
Endlich öffnen sich für uns die Eisenthüren. Wir
treten ein, und plötzlich flammen zahlreiche elektrische
Lichter auf. An der Treppe aber stehen — für alle
Fälle — vier Wächter mit schußsertigem Revolver. Sie
verschwinden wieder, als sie den Direktor erkennen.
Wir betreten das Treppenhaus, und ein Druck auf
einen Knopf bringt alle Lichter zum Glühen, aber nur
für fünf Minuten, dann muß auf einen „Repetitions-
knopf" gedrückt werden.
Wir steigen die Treppe zum ersten Stock empor.
Als wir den dunklen Korridor betreten, schallt uns aus
der Finsterniß das laute: „Halt! Werda?" entgegeu.
Der Direktor gibt Auskunft und die Passirworte, und
der Korridor ist plötzlich hell erleuchtet. Vor uns steht
der Wächter, der auf seinem Rundgange begriffen ist
Wir schließen uns ihm an. Er öffnet eine der Bureau-
thüren, und das elektrische Licht flammt durch das Oeffneu
der Thür auf. Wir durchschreiten eine Flucht von
Bureauräumen, überall sieht der Wächter nach. Kommt
er an einem der Signalkästchen vorbei, so drückt er auf
den Kontrolknopf.
Immer durch neue Korridore schreiten wir mit ihm,
ein unheimlicher Marsch in dem kolossalen Gebäude, in
dem alles Leben erstorben ist. Vor uns leuchtet das
Das Buch für Alle.
Helt 2.
Ueberall sehen wir an der Wand Druckknöpfe zum
Geben des Alarmzeichens, wie in den Korridoren, überall
ferner Schläuche, fertig zum Gebrauch aufgehängt
und an die Wasserleitung angeschlossen. Das ganze
Haus ist nur aus Stein, Glas und Eisen gebaut, der
Ausbruch eines Brandes kaum denkbar, und doch ist
alle nur mögliche Vorkehrung zur Bekämpfung eines
Feuers getroffen. An einzelnen Stellen in den Korridoren
und Bureaur sehen wir rothlackirte „Extinkteure" aus-
gestellt. Es sind dies „Gasspritzen", die mit Riemen
auf dem Rücken eines Mannes befestigt rind sofort nach
dem Orte des Brandes hingetragen werden können.
Das Rohr gibt einen Strahl sehr kohlensäurereichen
Wassers und dieses löscht bekanntlich Feuer rasch, weil
es ihm den Kohlenstoff entzieht.
Noch eine Einrichtung füllt uns in den verschiedenen
Bureaur aus. An Regalen, an einzelnen Schubladen,
an einzelnen Büchern sind rothe Blechtafeln angebracht.
Es sind dies Bezeichnungen für diejenigen Gegenstände,
die für den Fall eines Feuers in erster Linie zu retten
und in Sicherheit zu bringen sind.
Wir stehen endlich im Bureau des uns führenden
Direktors.
„Ich null Ihnen," erklärt er, „noch einige Kleinst;
ketten zeigen, bevor ich Sie in das Allerheiligste führe.
Hier sehen Sie die schweren Armeerevolver, die zur
Bewaffnung unserer Diener und der Wächter dienen.
Sie sehen die Leibgurte und Patrontaschen, die an
diesen Revolvern befestigt sind. — Hier sehen Sie Blech-
marken in verschiedenen Formen, aus verschiedenem
Metall, mit verschiedenfarbigen Nummern. Sie bilden
die Legitimation und Passirerlaubniß für die Wasch-
und Scheuerfrauen, die nach Schluß der Geschäftszeit
die Räumlichkeiten in der Bank reinigen. Da aber
sofort nach Geschäfksschluß die Wache in Thätigkeit tritt,
so müssen diese Frauen besondere. Legitimationen zum
Verlassen des Hauses haben. — Hier sehen Sie verschie-
dene farbige Passirkarten für Beamte der Bank, die noch
nach Geschäftsschluß in den Bureaup thätig sind und
erst später das Gebäude verlassen wollen. Durch die
Farbe der Passirkarte, die täglich wechselt, ist dem Be-
amten sogar der Weg genau vorgeschrieben, den er im
Gebäude zu nehmen hat. — Doch nnn folgen Sie mir
noch einmal nach dem großen Lichthofe, respektive in einen
Nebenraum desselben, der unser Alarmplatz ist."
Wir betreten neben dem Lichthofe einen abge-
schlossenen, ziemlich großen Raum, der verschiedene sonder-
bare Kasten und eine Anzahl von Läutewerken enthält.
Zwei Pförtner sind hier auf Wache.
„Hier sehen Sie den Apparat, um die Feuerwehr
herbeizurufen. Man braucht nur an diesem Handgriff
zu ziehen, und auf allen Stationen der Feuerwehr ertönt
das Alarmsignal, wenige Minuten später halten einige
Züge der Feuerwehr hier vor dem Hause. — Hier ist
die Vorrichtung für das Alarmsignal, das im ganzen
Haüse ertönt. Auf den ersten Ton desselben besetzen,
wie ich Ihnen bereits mittheilte, besonders hierfür be-
stimmte Diener sämmtliche Thüren. Tue anderen Diener
aus allen Stockwerken sammeln sich hier, um weiterer
Befehle und Verwendung gewärtig zu sein. Das wich-
tigste Stück in diesem Raume ist wohl aber hier diese
große Uhr, ein elektrisches Wunderwerk von Siemens
L Halske. Sie sehen unter dem Zifferblatt eine Oeffnung,
Hine Trauung bei der Lnnksarmee in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Ongmalzeichmmg von E. Liinmer. (S. 50)
in dieser erscheint eine Zahl, sobald durch Druck auf
einen der größeren Knöpfe der in den Korridoren an-
gebrachten Kästen das Feuersignal gegeben wird. Diese
Kästchen stehen nämlich alle mit dieser Uhr in Verbin-
dung; wird der Knopf eines derselben gedrückt, so er-
schallt nicht nur hier das Feuersignal, sondern unter
dein Zifferblatt der Uhr erscheint auch die Nummer der
Station, welche das Feuersignal gibt, so daß man hier
sofort darüber orientirt ist, wo es im Hause brenut.
Von hier aus wird dann sofort die Feuerwehr alarmirt,
und die Kolonne der Wächter oder Diener mit den
Eptinkteuren zum Löschen und Retten von Sachen kom-
mandirt. — Im unteren Theile des Uhrkastens sehen Sie
ein Räderwerk, durch das ein breiter Papierstreifen hin-
durchgeht. Es ist die Kontrole für die Wächter. Die
Wächter, die Nachts beständig durch die Korridore und
Bureaux patrouilliren, müssen auf ihrem Wege an den
schmalen Kästchen immer auf deu kleineren der beiden
Knöpfe drücken. Durch diesen Druck entsteht auf elek-
trischen! Wege in dem Papierstreifen ein Loch, das
eine seine Nadel sticht und die Kontrole, die diese
Uhr, die selbstthätig die Stundenzahlen auf den Papier-
streifen druckt, ermöglicht, ist eiue so genaue, daß die
uur minutenlange Unaufmerksamkeit eines Wächters
genau nachzuweisen ist. — Sie sehen, wir haben
einen großartigen Sicherheitsapparat, derselbe kann
aber im richtigen Augenblick nur funktioniren, wenn
er fortwährend im Gange gehalten wird und dies
geschieht durch probeweise Alarmirungen. Heute Nacht
nehme ich eine solche vor. Wenn Sie mich eine halbe
Stunde vor Mitternacht in: Restaurant an der Ecke
erwarten wollen, können Sie sich die Sache ansehen!"
Es ist kurz vor Mitternacht, das großstädtische Nacht-
leben befindet sich auf seinem Höhepunkte. Das Restau-
rant, in dem nur warten, ist bis auf den letzten Platz
gefüllt. Da erscheint der Bankdirektor.
„Entschuldigen Sie, wenn ich Sie etwas warten ließ,
aber ich war noch rasch auf der nächsten Feuerwache.
Der diensthabende Brandmeister ist mit einer Probe-
alarmirung der Feuerwehr einverstanden, da die Wache
heute noch nicht ausgerückt ist. Es ist den anderen
Wachen telegraphisch mitgetheilt worden, daß unser
etwaiges Feuersignal in der nächsten halben Stunde
ungiltig ist. Aber nun kommen Sie mit."
Wir stehen bald daraus vor einein der Portale des
Bankgebäudes, das todt und still vor uns liegt. Der
Direktor klopft und wartet daun, bis er angerusen wird.
Es ist uns nicht gestattet, hier di-e Umständlichkeiten zu
schildern, die nothwendig sind, um den Direktor zu
legitimiren. Diese Einrichtungen müssen eben Geheim-
nis; bleiben. Einem Unbefugten aber ist es zweifellos
unmöglich, des Nachts sich mit List Eintritt in die
Bant zu verschaffen.
Endlich öffnen sich für uns die Eisenthüren. Wir
treten ein, und plötzlich flammen zahlreiche elektrische
Lichter auf. An der Treppe aber stehen — für alle
Fälle — vier Wächter mit schußsertigem Revolver. Sie
verschwinden wieder, als sie den Direktor erkennen.
Wir betreten das Treppenhaus, und ein Druck auf
einen Knopf bringt alle Lichter zum Glühen, aber nur
für fünf Minuten, dann muß auf einen „Repetitions-
knopf" gedrückt werden.
Wir steigen die Treppe zum ersten Stock empor.
Als wir den dunklen Korridor betreten, schallt uns aus
der Finsterniß das laute: „Halt! Werda?" entgegeu.
Der Direktor gibt Auskunft und die Passirworte, und
der Korridor ist plötzlich hell erleuchtet. Vor uns steht
der Wächter, der auf seinem Rundgange begriffen ist
Wir schließen uns ihm an. Er öffnet eine der Bureau-
thüren, und das elektrische Licht flammt durch das Oeffneu
der Thür auf. Wir durchschreiten eine Flucht von
Bureauräumen, überall sieht der Wächter nach. Kommt
er an einem der Signalkästchen vorbei, so drückt er auf
den Kontrolknopf.
Immer durch neue Korridore schreiten wir mit ihm,
ein unheimlicher Marsch in dem kolossalen Gebäude, in
dem alles Leben erstorben ist. Vor uns leuchtet das