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Heft iz. Illustviute Fanrilien-Deitnng. «M. M3.




Nachdem Vincenti und Pietro die erste Wache auf
den am meisten gefährdeten Zeiten übernommen hatten,
traten die klebrigen vor dem Hause zusammen, wo der
Fremde, ein Freiwilliger, die Ursache seines unerwarte-
ten Erscheinens erklärte. Nach seinen Mittheilungen
war er in das Villamettethal abgeordnet worden, um
die vielleicht auf dem Marsch befindlichen Verstärkungen
zur Eile zu treiben. Den mit den Aufständischen
Kämpfenden waren die Lebensmittel in der Thal bei-
nah vollständig ausgegangen, und mit dem letzten Pulver
mußten sie bis zur äußersten Grenze haushälterisch
umgehen, wollten sie nicht gänzlich wehrlos werden.
Um einer völligen Niederlage und Vernichtung zu ent-
gehen, hatten sie den Rückzug angetreten und waren
bereits bis in das benachbarte Thal des Cow-Creek
gedrängt worden. Traf die erwartete Hilfe nicht bald
ein, so stand das Aergste zu befürchten. Was von den
Ansiedlern nicht rechtzeitig flüchtete, hatten die blut-
dürstigen Feinde erbarmungslos nicdergemacht. Sogar
an den Hausthieren übten sie ihre Mord-
lust. An einer Heerde niedergeschossener
Schweine war er vorbeigeritten, in deren
Mitte er die Leiche des ermordeten Hir-
ten liegen sah. Was des Weiteren auf
einzelnen Farmen an Grausamkeit verübt
worden, das ruhte als Geheimniß unter
dampfenden Aschenhaufen.
Als der Bote seine Schilderungen
endigte, lachte die alte Farmerfrau gehässig
vor sich hi».
„So ivar es schon immer, so lange
ich denken kann," sprach sie unheimlich
ruhig, „bevor man Hilfe schickt oder Vor
kehrungen trifft, wartet man, bis die
blutigen Beweise für den Ausbruch der
Feindseligkeiten vvrliegen. Dann entsendet
die Regierung ein Häuflein Dragoner oder
Infanteristen, gerade groß genug, um
froh zu sein, selbst mit undurchlöcherter
Haut davon zu kommen. Das klebrige
sollen, die Milizen besorgen, die von einem
Kriege im Walde gerade soviel verstehen,
wie die Rogues vom christlichen Katcchis
mus. Kommen Verstärkungen, so ist es zu
spät, um Todte aufzuerwecken und ver-
branntes Eigenthum aus der Asche her-
auszustampfen." Sie schüttelte sich, wie
einen körperlichen Schmerz unterdrückend,
und mit klarerer Stimme fuhr sie zu dem
Doktor gewendet fort: „Ich hörte, Sie
seien ein Arzt. Da möchten Sie zunächst
die Wunde meines Nachbarn Wheeler prü-
fen. Hernach gehen Sie zu meiner Toch-
ter. Auch sie hätte ich beinah verloren.
Glücklicherweise kam sie mit einem Streif-
schuß über die Rippen davon. Drinnen
im Hause sitzt sie und legt kühle Um-
schläge aus."
„Was bedeutet das Wort auch?" fragte
der Doktor erschrocken, „und weshalb sagten
Sie dies nicht früher? Ich wäre längst
bei ihr gewesen —"
„Erstens hatte es keine Noth," fiel

Der Talisman.
Roman

Auch auf der gegenüberliegenden Seite war ein
Schuß gefallen. Die erbitterte Frau hatte ihn abgeseuert
und bewirkt, daß die Indianer, unter Zurücklassung
ihrer Todten, zunächst aus dem Bereich der feindlichen
Geschosse zu gelangen trachteten. Man ließ sie ge-
währen, kümmerte sich wenig um die vereinzelten Kugeln,
die gelegentlich aus der Ferne über das Gehöft hin-
sausten. Mit herausforderndem Geheul schwangen die
Rothhäute ihre Waffen. In jeder ihrer Bewegungen
verrieth sich, daß sie entschlossen waren, selbst unter
neuen Opfern das begangene Vernichtungswerk zu vollen-
den. Nur die in dem Gehölz Versteckten blieben als
Schildwachen auf ihrem weniger gefährdeten Posten,
drangen aber nicht weit genug vor, um sich dem Feuer
der Belagerten auszusetzen. Für diese standen daher
einige Stunden der Ruhe in Aussicht. Es ließ sich sogar
vcrmuthen, daß, so lange der Tag leuchtete, kein neuer
Angriff erfolgen würde, und bis zum Einbruch der Nacht
glaubte man zuversichtlich auf Entsatz rechnen zu dürfen.

Ladislaus v. Szög»öu»i-Warich,

noch nicht fest, ich hör's am Ton.
den Ladestock herunter, als wolltest Du
her das Ding jetzt und setze das Zünd-
hütchen auf," und gleich darauf lag der
Büchsenlauf wieder zwischen den Paliffa-
denspitzen.
Von den Wilden war indessen nichts
mehr zu sehen. Nunmehr von sieben
Büchsen bedroht, deren verderbliche Wir-
kung sie kennen lernten, hatten sic sich in
Vertiefungen und hinter Einfriedigungen
so geborgen, daß sie von dem Gehöft aus
nicht leicht entdeckt werden konnten. Einer
Anzahl war es indessen gelungen, in das
Gehölz einzudringen.
„Vorsicht, Vorsicht," raunte Wheeler
Nunmehr Lionel und Vincenti zu, mit
denen er einen flüchtigen Gruß wechselte,
--beachtet die Stellen, wo eine Kugel ihren
Weg zwischen dein Gebälk hindurch findet.
Einer solchen verdanke ich nämlich meine
Verwundung. Auch zeigt eure Köpfe nicht
oberhalb der Pfähle: denn die in dem
Gehölz da drüben sind des Teufels -
halloh — Vincenti — nufgepaßt mit
Zhren Falkenaugen: da drüben regt's sich
wieder. Auf ein halbes Dutzend müßen
wir noch rechnen. Zweien von ihnen zer-
trümmerte ich den Schädel so zierlich,
wie nur je eine leere Kürbisschale. Gut
gemacht, bei Gott! Freund Vincenti,"
schaltete er begeistert ein, sobald dessen
i^chuß verhallte, „hätte der Lump sich nicht
"u Kraut überschlagen, möchte er vor
meinen Augen bis an's Ende der Welt
verborgen geblieben sein." So redete der
kampseslustige junge Hüne anscheinend
keichtfertig in den Tag hinein, um Eliza
ermuthigen, während doch seine Blicke,
w oft es in der verhängnißvollen Lage ge-
schehen konnte, mit verhaltenen Jammer
me freundliche Gestalt verstohlen umfingen.

(Fortsetzung.)
- (Nachdruck verboten.)
ei Gott, das war Hilfe zur rechten Zeit,"
ries James Wheeler Iurassic zu, „bei der
Unzahl von Feinden hätten wir uns keine
stunde länger gehalten." Dann zu Lionel
und Vincenti: „Schießt Jeden über den Hau-
fen, der seine Zuflucht in dem Busch suchen
will. Das ist nämlich der gefährlichste Punkt.
Ein Glück, daß die Hunde schlecht zielen —
fester, Eliza, die Kugel sitzt
Stoße
Pflastersteine rammen — so — so —

von
Balduin Mölltzausen.
 
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