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M w. Illustrirte Familien-Zeitung. 2°hrg. iW


Der Talisman.

Noman

von
Balduin Mölltzausrn.
(Fortsetzung.)
- (Nachdruck verboten.)
adleton hatte gehofft, mich aus diese Art
bequem und gefahrlos beseitigen zu können/"
fuhr Jonas fort. „Denn war ich erst in
der Gewalt der Lynchmänner, so hätten
meine heiligsten Betheuerungen und Gegen-
anklagen nicht einmal einen Aufschub be-
wirkt. Zu oft waren derartige Täuschungen
versucht worden, darauf berechnet, die da-
durch gewonnene Zeit von Helfershelfern
r Befreiung ausnutzen zu lassen. -Ob Dio-
n teuflischen Anschlag gegen mein Leben
wußte, wage ich nicht zu entscheiden. Ihr letzter Blick
auf mich war freilich geeignet, solchem Verdacht Raum
zu geben.
Es folgten jetzt die Jahre, die ich als Eareworn
verlebte. Auf meinen Irrfahrten berührte ich auch St. Jo-
seph, wo ich in der That zwei schon lange dort lagernde
Briefe vorfand. Sie kennen beide. Der von Dionysia
geschriebene nebst Beilage belehrte mich, daß Cenador
dennoch das Endloos eines Mörders gefunden hatte, mit-
hin alle meine Opfer für Beatriz und ihr Kind vergeblich
gewesen. Es übte keinen tieferen Eindruck auf mich aus,
zumal ich die beklagenswerthe Märtyrerin sammt ihrem
Knaben von da ab zu den Verstorbenen zählte. Noch
weniger überraschte es mich, das; die Aermstc, wie ich nach
Dionysias Mittheilungen nur glauben konnte, freiwillig
in den Tod gegangen war, und ihr Kind mit hinüber-
genommen und damit allen ferneren Nachstellungen und
Unbilden entzogen hatte. Beatriz' etwas älterer Brief
enthielt nur die Haarlocke. Beigefügt war der von der
Post ausgestellte Empfangsschein über die an die Münze
in Philadelphia beförderten zweiundvierzigtausend Dollars.
Welchen Eindruck der Anblick der Locke und gedörrten
Blüthcn und Gräser aus mich ausübte, ist unbeschreiblich.
Ich konnte mich der Ueberzeugung nicht verschließen, daß
schon zu der Zeit, in der sie das letzte Liebeszeichen sinnig
für mich herstellte, der Plan, mit ihrem kleinen Liebling
dem Leben zu entsagen, sie ernst beschäftigte. Doppelt
traurig ist daher jetzt noch der Gedanke für mich, daß
es nur an einem Zufall lag, wenn ich die Sterbende
nicht bei Laboux persönlich in Empfang nahm, ihr nicht
einen letzten freundlichen Trost in's Jenseits hinüber
Mitgab. Sie aber werden ermessen, wie hart der Verlust
des' thcuren Andenkens mich traf, begreiflich finden,
daß ich das Aeußerste aufbot, wieder in dessen Besitz zu
gelangen.
Wie Sie wissen, sollte die zweite Hälfte meines
Permögens mir erst dann übermittelt werden, nachdem
ich den für die Sendung bestimmten Weg vorgeschrieben
haben würde. In erneuten Verkehr nut Dionysia rind
Padlcton zu treten, zumal nach Beatriz' Hinscheiden,
hielt ich indessen für überflüssig. Sie hätten mir ent-


Zicrgekkichc Mühe.
Nach einem Gemälde von A. Müller-Lingke. (S. 455)
 
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