Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
H-st rz. Ilinftvivte Fnurilien-Deitnng. 2"hrg. W3


Vom Wege verirrt.

Ronran

von

Lothar Vrenkrndorf.

<FortIchun<>)

meinem Vertrauen gewendet habe. Du vergissest, daß
Du mit dem, was Du mir da ansinnst, Deine Rechte

(Nachdruck verboten.)
as ist vielleicht die Weisheit deS Staatsan-
walts/' unterbrach der Bankier seinen Sohn;
„aber Du kannst Dir denken, daß es nicht
der Staatsanwalt war, an den ich mich mit
Vertrauen gewendet habe. Du vergissest, daß


denn doch sehr erheblich überschreitest. Wenn meine
Mittheilungen nicht im Stande waren, gewisse kind-
liche Empfindungen in Deinem Herzen zu wecken, so
magst Du meinetwegen darauf bestehen, daß Hertha
ihr Kapital zurückerhaltc; etwas Weiteres von mir zu
fordern aber bist Du nicht befugt. Glücklicherweise bin
ich noch der alleinige Herr über meine Entschlüsse und
Handlungen, und ich werde es gewiß am allerwenigsten
einem meiner Söhne gestatten, mir in dieser Hinsicht
Befehle zu ertheilen."
„Nicht von meinen Befehlen ist hier die Rede, Vater,
sondern allein von dem, was Dein Gewissen, Dein
Pflichtgefühl und die einfachsten Erwägungen der Lebens-
klugheit Dir befehlen. Daß ich nach solchen Enthüllungen
noch weniger als zuvor daran denken würde, Hertha
an ihr gegebenes Wort zu binden, hätte Dir ja von
vornherein klar sein müssen und —"

Der Bankier unterbrach ihn, indem er heftig mit der
Faust auf den Tisch schlug. „Genug also! Mag es
denn meinetwegen so sein! Ich habe mich in Dir ge-
täuscht, wie ich mich in Deinem Bruder getäuscht habe,
und ich werde mich künftig mit der Gewißheit abfinden
müssen, daß meine Söhne kein Herz für mich haben.
Das überspannte gnädige Fräulein, dein ich niemals
die Thür dieses Hauses hätte öffuen sollen, mag sein
Geld in meinem Komptoir erheben, wann es ihm be-
liebt; jede sonstige Einmischung in meine Angelegen-
heiten aber muß ich mir sehr entschieden verbitten. —
Und damit Hütten wir uns wohl, wie ich denke, für
heute und vielleicht auch für die nächste Zukunft nichts
weiter zu sagen."
Er machte eine zornig verabschiedende Bewegung
gegen Werner hin, doch der junge Staatsanwalt folgte
der darin liegenden Aufforderung, das Zimmer zu ver-


Alte Erinnerungen. Nach einem Gemälde von N. Koller. (S. 598)
 
Annotationen