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Das Bu ch f ü r All e.
Ljcst 8.
seiner Vermählung mit Armaccde nahe sei und cin-
bedingt eingehalten werden müsse. Den beiden jungen
Männern wurde schwül zu Muthe; indeß, sollte Saint-
Anqe's Leben erhalten bleiben, so blieb nichts Anderes
übrig, als sich mit ihm trauen zu lassen, was denn
auch richtig geschah. Nach der Hochzeit blieb die ver-
meintliche „junge Frau" damaligem Gebrauche gemäß
noch im Kloster, und verließ dasselbe erst dann, als
Saint-Ange's Begnadigung erwirkt worden war.
Jetzt war aber guter Rath theuer. d'Auvray war
allerdings mit Armande de Saint-Ange getraut, allein
von einem rechtlichen Bestände dieser Ehe konnte keine
Rede sein, da der Bruder weder in Stellvertretung
der Schwester gehandelt hatte, noch das französische
Gesetz solch" einen Fall
kannte. Zudem trug die
Familie überhaupt Beden¬
ken, die Geschichte an die
Öffentlichkeit zu bringen,
und beschloß daher, sich über
ferneres Verhalten beim
Papste Raths - zu erholen.
Nun war Jnnocenz XIII.,
der damals, man schrieb
1722, auf dem päpstlichen
Stuhle saß, die Milde selbst:
den vorliegenden Fall aber
ließ er dennoch strenge un¬
tersuchen und erst dann, als
es erwiesen war, daß die
That der beiden jungen
Männer wirklich der Noth
und nicht dem eigenen Trieb
entsprang, sprach er sie los
von jeglicher Strafe. Gleich¬
zeitig ordnete er Kraft sei¬
nes Amtes die Nichtigkeits¬
erklärung dieser „Männer¬
ehe" an, worauf d'Auvray
erst die richtige Armande
heirathen konnte.
In Amerika ist sogar
noch im Sommer I8!)I die
eheliche Verbindung zweier
dem starken Geschlechte an¬
gehörigen Personen vollzo¬
gen worden, ohne daß dieser
Frevel gerichtliche Schritte
zur Folge gehabt hätte. Der
Thatbestand dieses Falles
ist nämlich folgender. In
einer Zeitung von Prince-
town (Arkansas) war im
Juni jenes Jahres ein In¬
serat erschienen, wodurch eine
junge, hübsche und reiche
Bostonerin einen Farmer aus
obiger Gegend zu ehelichen
wünschte. Sofort legte ihr
ein junger Mann brieflich
sein Herz zu Füßen, lind
schon wenige Tage später
erhielt er die Zusage, sowie
die Aufforderung der Schö¬
nen, sie demnächst zu erwar¬
ten, er möge nur inzwischen
alle Anstalten zur Trau¬
ung treffen. Der glückliche
Bräutigam ließ sich das ge¬
sagt sein, und als die Braut
nnkam, da konnte er sie gleich
vom Posthause weg zum
Sheriff (Friedensrichter) füh¬
ren, der das Paar schon
erwartete und im Beisein
des ganzen Dorfes traute.
Dann ging's zur Tafel, die
auf einer Wiese angerichtet
war. Weit über hundert
Personen nahmen Theil da¬
ran. Auch der Bürgermeister
und der Sheriff waren gekommen, um den Glanz
des Festes zu erhöhen. Stundenlang trübte kein Miß-
ton dasselbe. Plötzlich aber sprang die schöne Braut auf,
zog aus ihrer Kleidertasche eine ansehnliche Flasche mit
Whiskey und trank zunächst das Wohl der Versammlung,
dann aber forderte sie alle Welt zum Schmollistrinkeu
auf. Dem jungen Ehemanne behagte die Geschichte
nicht. Er wollte demnach von seiner besseren Hälfte
die Schnaptzflasche haben und erhielt sie auch, leider
aber nicht zu Händen, sondern über den Kopf, so daß
sie in Scherben ging. Nun wurde er zornig und fiel
über die junge Frau her. Eine Weile rauften die
Neuvermählten, ohne daß man hätte sagen können, auf
wessen Seite sich der Sieg neigen werde. Plötzlich
jedoch lag der junge Ehemann im Grase, und die Braut
stand in Münnerkleidern da, sang den „Pankee-Doodle"
und schwang dabei ihre hübschen blonden Locken in der
hocherhobenen Rechten. — „Sie ist ein Mann!" schrieen
die meisten Zeugen dieses Vorganges und machten
Miene, den Betrüger zu lynchen. Allein die jungen
Bursche umgaben schützend den Demaskirtcn und er-
klärten feierlich, er sei unschuldig, und die ganze Ge-
schichte ein Scherz, den sie angezettelt, um dem nach
einer reichen Braut lüstern gewesenen jungen Farmer
einen Streich zu spielen. Alles lachte. Selbst Bürger-
meister und Sheriff stimmte die Sache heiter und somit
kam sie nicht vor die Jury.
Ueberhaupt ist "Amerika das Land der seltsamen Trau-
ungen. Der neueste Vorschlag in dieser Richtung ist der
der „phonographischen" Trauung. Bei derselben hätte
es folgendermaßen zuzugehen. Ein, sagen wir in
New-Jork wohnender Mann kommt zum Sheriff mit
einem Phonographen unter'»: Arm und ersucht ihn, die
Trauungsformeln hineinzusprechen, da er sich mit seiner
Geliebten in Philadelphia vermählen wolle. Der Sheriff
willigt ein, sagt mit lauter vernehmlicher Stimme die
Fragen in die Sprachrohre, der Ehekandidat sagt die
nöthigen Antworten her, und der erste Theil der
Trauungsceremonie ist beendigt. Die Wachsröhre mit
den Trauungsformcln wird dann auf die Post gegeben
und an die Braut geschickt. Diese nimmt den sprechen-
den Cylindcr mit sich zum Sheriff, der mit ihr dieselben
Fragen und Antworten durch die Sprachröhre dem
horchenden Wachscylinder in's Ohr sagt. Darauf spricht
der Beamte den Segen und erklärt die Trauung für
beendigt, und Bräutigam und Braut sind nicht nur
"Mann und Weib, sondern besitzen auch iu dem Wachs-
cylinder ein „sprechendes" Dokument der Hochzeit.
Etwas älter schon, obgleich ebenfalls neueren Da-
tums, ist die Trauung zu Pferde. Die erste derselben
hat nachstehenden Verlauf genommen. Der Friedens-
richter von Paoli unweit Chicago befand sich wie ge-
wöhnlich in seinem Arbeitszimmer, als er plötzlich
seinen Namen mit lauter Stimme rufen hörte. Er trat
vor die Thüre und sah vor sich, hoch zu Rosse, einen
eleganten Mann und eine junge hübsche Dance. Der
junge Mann richtete an den Friedensrichter das Ersuchen,
ihn und seine Begleiterin auf der Ltelle im Sattel mit-
einander zu trauen. Gleichzeitig präsentirte der berittene
Bräutigam seine und seiner Braut amtlich beglaubigten
Dokumente und hielt ihm dabei eine entsprechende Anzahl
Dollarnoten hin. Nach einem Einblick in die Doku-
mente, deren Echtheit ihm
unzweifelhaft schien, Hieß der
Friedensrichter das Paar
die Hände ineinanderlegen
und begann: „Mr. S.,
wollen Sie Miß Nelly G.
zur Gattin nehmen?"
„Ja! Herr Richter!"
„Miß Nelly G., wollen
Sie die Gattin des Mr. S.
werden?"
„Ja! Herr Richter!"
„Gut, ich erkläre Sie für
Mann und Weib," schloß
der Friedensrichter und strich
das Geld ein.
Mit einem „Danke
bestens" sprengten die Neu-
vermählten im schärfsten Ga-
lop den Verfolgern entge-
gen, die ihre Trauung hin-
dern sollten. Es handelte
sich dabei natürlich um eine
Entführung, die überhaupt
jetzt in Amerika sehr Mode
ist bei der eleganten Welt.
Ein Seitenstück zur
Trauung zu Pferde sind die
„Eisenbahn- oder Dampf-
trauungen". Ein Pärchen,
dessen ehelicher Verbindung
zu Hause mancherlei Schwie-
rigkeiten entgegenstehen, er-
greift die Flucht. Bevor es
jedoch in einen anderen
Staat gelangt, könnte es er-
griffen und getrennt wer-
den. Um dem vorzubeugen,
wird nun telegraphisch ein
Friedensrichter auf irgend
eine kleine Station bestellt,
wo der Zug mindestens fünf
Minuten hält. Wenn er
dort ankommt, harrt der
Beamte bereits des Paa-
res und traut dasselbe im
Wagen oder auf dem Bahn-
steig, ehe der Zug weiter-
führt.
Zu den seltsamen und
— nach unseren Begriffen —
merkwürdigen Trauungen
gehören natürlich auch die-
jenigen, welche im Geschäfts-
lokale oder gür im Schau-
fenster irgend eines Kauf-
mannes stättfinden, nach-
dem sie vorher entsprechend
ausposaunt worden sind.
Man nennt sie „Reklame-
trauungen" und versichert,
daß sie ihren Zweck, das
Geschäft bekannt zu machen,
selten verfehlen, sowie auch
das Gute haben, denen, die
sich dazu hergeben, ein hüb-
sches Sümmchen einzutragcn.
Ucbrigcns kann man in Amerika nm Ende auch ge-
traut werden, ohne eine Ahnung davon zu haben. Ein
Schauspieler, Namens Albert Altner, welcher oft mit
der Naiven, Fräulein Carie van Booskirk, in einem
Lustspiele auftrat, das mit der Ehe Beider endigte, hat
nämlich die junge Dame als seine rechtmäßige Gattin
in Anspruch genommen. Er begründete sein Anrecht
damit, daß eine auf der Bühne gefeierte Hochzeit, zu
welcher beide Theile ihre Einwilligung gegeben, den
Gesetzen des Landes gemäß sei. Fräulein van Boos-
kirk hat nun gegen die Ansprüche Altner's allerdings
Verwahrung eingelegt, aber dieser hat erklärt, daß er
seine Sache vor allen amerikanischen Gerichten ver-
thcidigen werde. Und da das Gericht in Michigan die
Frage, ob eine bei aufgezogenem Vorhang auf der
Bühne stattgehabte Trauung eines Schauspielers mit
einer Schauspielerin infolge der Absicht, die man damit
Hin tzränkkcin aus der Dorfapotlseke. Nach einem Gemälde von H. Kotschenreiter. (S. 78)
Das Bu ch f ü r All e.
Ljcst 8.
seiner Vermählung mit Armaccde nahe sei und cin-
bedingt eingehalten werden müsse. Den beiden jungen
Männern wurde schwül zu Muthe; indeß, sollte Saint-
Anqe's Leben erhalten bleiben, so blieb nichts Anderes
übrig, als sich mit ihm trauen zu lassen, was denn
auch richtig geschah. Nach der Hochzeit blieb die ver-
meintliche „junge Frau" damaligem Gebrauche gemäß
noch im Kloster, und verließ dasselbe erst dann, als
Saint-Ange's Begnadigung erwirkt worden war.
Jetzt war aber guter Rath theuer. d'Auvray war
allerdings mit Armande de Saint-Ange getraut, allein
von einem rechtlichen Bestände dieser Ehe konnte keine
Rede sein, da der Bruder weder in Stellvertretung
der Schwester gehandelt hatte, noch das französische
Gesetz solch" einen Fall
kannte. Zudem trug die
Familie überhaupt Beden¬
ken, die Geschichte an die
Öffentlichkeit zu bringen,
und beschloß daher, sich über
ferneres Verhalten beim
Papste Raths - zu erholen.
Nun war Jnnocenz XIII.,
der damals, man schrieb
1722, auf dem päpstlichen
Stuhle saß, die Milde selbst:
den vorliegenden Fall aber
ließ er dennoch strenge un¬
tersuchen und erst dann, als
es erwiesen war, daß die
That der beiden jungen
Männer wirklich der Noth
und nicht dem eigenen Trieb
entsprang, sprach er sie los
von jeglicher Strafe. Gleich¬
zeitig ordnete er Kraft sei¬
nes Amtes die Nichtigkeits¬
erklärung dieser „Männer¬
ehe" an, worauf d'Auvray
erst die richtige Armande
heirathen konnte.
In Amerika ist sogar
noch im Sommer I8!)I die
eheliche Verbindung zweier
dem starken Geschlechte an¬
gehörigen Personen vollzo¬
gen worden, ohne daß dieser
Frevel gerichtliche Schritte
zur Folge gehabt hätte. Der
Thatbestand dieses Falles
ist nämlich folgender. In
einer Zeitung von Prince-
town (Arkansas) war im
Juni jenes Jahres ein In¬
serat erschienen, wodurch eine
junge, hübsche und reiche
Bostonerin einen Farmer aus
obiger Gegend zu ehelichen
wünschte. Sofort legte ihr
ein junger Mann brieflich
sein Herz zu Füßen, lind
schon wenige Tage später
erhielt er die Zusage, sowie
die Aufforderung der Schö¬
nen, sie demnächst zu erwar¬
ten, er möge nur inzwischen
alle Anstalten zur Trau¬
ung treffen. Der glückliche
Bräutigam ließ sich das ge¬
sagt sein, und als die Braut
nnkam, da konnte er sie gleich
vom Posthause weg zum
Sheriff (Friedensrichter) füh¬
ren, der das Paar schon
erwartete und im Beisein
des ganzen Dorfes traute.
Dann ging's zur Tafel, die
auf einer Wiese angerichtet
war. Weit über hundert
Personen nahmen Theil da¬
ran. Auch der Bürgermeister
und der Sheriff waren gekommen, um den Glanz
des Festes zu erhöhen. Stundenlang trübte kein Miß-
ton dasselbe. Plötzlich aber sprang die schöne Braut auf,
zog aus ihrer Kleidertasche eine ansehnliche Flasche mit
Whiskey und trank zunächst das Wohl der Versammlung,
dann aber forderte sie alle Welt zum Schmollistrinkeu
auf. Dem jungen Ehemanne behagte die Geschichte
nicht. Er wollte demnach von seiner besseren Hälfte
die Schnaptzflasche haben und erhielt sie auch, leider
aber nicht zu Händen, sondern über den Kopf, so daß
sie in Scherben ging. Nun wurde er zornig und fiel
über die junge Frau her. Eine Weile rauften die
Neuvermählten, ohne daß man hätte sagen können, auf
wessen Seite sich der Sieg neigen werde. Plötzlich
jedoch lag der junge Ehemann im Grase, und die Braut
stand in Münnerkleidern da, sang den „Pankee-Doodle"
und schwang dabei ihre hübschen blonden Locken in der
hocherhobenen Rechten. — „Sie ist ein Mann!" schrieen
die meisten Zeugen dieses Vorganges und machten
Miene, den Betrüger zu lynchen. Allein die jungen
Bursche umgaben schützend den Demaskirtcn und er-
klärten feierlich, er sei unschuldig, und die ganze Ge-
schichte ein Scherz, den sie angezettelt, um dem nach
einer reichen Braut lüstern gewesenen jungen Farmer
einen Streich zu spielen. Alles lachte. Selbst Bürger-
meister und Sheriff stimmte die Sache heiter und somit
kam sie nicht vor die Jury.
Ueberhaupt ist "Amerika das Land der seltsamen Trau-
ungen. Der neueste Vorschlag in dieser Richtung ist der
der „phonographischen" Trauung. Bei derselben hätte
es folgendermaßen zuzugehen. Ein, sagen wir in
New-Jork wohnender Mann kommt zum Sheriff mit
einem Phonographen unter'»: Arm und ersucht ihn, die
Trauungsformeln hineinzusprechen, da er sich mit seiner
Geliebten in Philadelphia vermählen wolle. Der Sheriff
willigt ein, sagt mit lauter vernehmlicher Stimme die
Fragen in die Sprachrohre, der Ehekandidat sagt die
nöthigen Antworten her, und der erste Theil der
Trauungsceremonie ist beendigt. Die Wachsröhre mit
den Trauungsformcln wird dann auf die Post gegeben
und an die Braut geschickt. Diese nimmt den sprechen-
den Cylindcr mit sich zum Sheriff, der mit ihr dieselben
Fragen und Antworten durch die Sprachröhre dem
horchenden Wachscylinder in's Ohr sagt. Darauf spricht
der Beamte den Segen und erklärt die Trauung für
beendigt, und Bräutigam und Braut sind nicht nur
"Mann und Weib, sondern besitzen auch iu dem Wachs-
cylinder ein „sprechendes" Dokument der Hochzeit.
Etwas älter schon, obgleich ebenfalls neueren Da-
tums, ist die Trauung zu Pferde. Die erste derselben
hat nachstehenden Verlauf genommen. Der Friedens-
richter von Paoli unweit Chicago befand sich wie ge-
wöhnlich in seinem Arbeitszimmer, als er plötzlich
seinen Namen mit lauter Stimme rufen hörte. Er trat
vor die Thüre und sah vor sich, hoch zu Rosse, einen
eleganten Mann und eine junge hübsche Dance. Der
junge Mann richtete an den Friedensrichter das Ersuchen,
ihn und seine Begleiterin auf der Ltelle im Sattel mit-
einander zu trauen. Gleichzeitig präsentirte der berittene
Bräutigam seine und seiner Braut amtlich beglaubigten
Dokumente und hielt ihm dabei eine entsprechende Anzahl
Dollarnoten hin. Nach einem Einblick in die Doku-
mente, deren Echtheit ihm
unzweifelhaft schien, Hieß der
Friedensrichter das Paar
die Hände ineinanderlegen
und begann: „Mr. S.,
wollen Sie Miß Nelly G.
zur Gattin nehmen?"
„Ja! Herr Richter!"
„Miß Nelly G., wollen
Sie die Gattin des Mr. S.
werden?"
„Ja! Herr Richter!"
„Gut, ich erkläre Sie für
Mann und Weib," schloß
der Friedensrichter und strich
das Geld ein.
Mit einem „Danke
bestens" sprengten die Neu-
vermählten im schärfsten Ga-
lop den Verfolgern entge-
gen, die ihre Trauung hin-
dern sollten. Es handelte
sich dabei natürlich um eine
Entführung, die überhaupt
jetzt in Amerika sehr Mode
ist bei der eleganten Welt.
Ein Seitenstück zur
Trauung zu Pferde sind die
„Eisenbahn- oder Dampf-
trauungen". Ein Pärchen,
dessen ehelicher Verbindung
zu Hause mancherlei Schwie-
rigkeiten entgegenstehen, er-
greift die Flucht. Bevor es
jedoch in einen anderen
Staat gelangt, könnte es er-
griffen und getrennt wer-
den. Um dem vorzubeugen,
wird nun telegraphisch ein
Friedensrichter auf irgend
eine kleine Station bestellt,
wo der Zug mindestens fünf
Minuten hält. Wenn er
dort ankommt, harrt der
Beamte bereits des Paa-
res und traut dasselbe im
Wagen oder auf dem Bahn-
steig, ehe der Zug weiter-
führt.
Zu den seltsamen und
— nach unseren Begriffen —
merkwürdigen Trauungen
gehören natürlich auch die-
jenigen, welche im Geschäfts-
lokale oder gür im Schau-
fenster irgend eines Kauf-
mannes stättfinden, nach-
dem sie vorher entsprechend
ausposaunt worden sind.
Man nennt sie „Reklame-
trauungen" und versichert,
daß sie ihren Zweck, das
Geschäft bekannt zu machen,
selten verfehlen, sowie auch
das Gute haben, denen, die
sich dazu hergeben, ein hüb-
sches Sümmchen einzutragcn.
Ucbrigcns kann man in Amerika nm Ende auch ge-
traut werden, ohne eine Ahnung davon zu haben. Ein
Schauspieler, Namens Albert Altner, welcher oft mit
der Naiven, Fräulein Carie van Booskirk, in einem
Lustspiele auftrat, das mit der Ehe Beider endigte, hat
nämlich die junge Dame als seine rechtmäßige Gattin
in Anspruch genommen. Er begründete sein Anrecht
damit, daß eine auf der Bühne gefeierte Hochzeit, zu
welcher beide Theile ihre Einwilligung gegeben, den
Gesetzen des Landes gemäß sei. Fräulein van Boos-
kirk hat nun gegen die Ansprüche Altner's allerdings
Verwahrung eingelegt, aber dieser hat erklärt, daß er
seine Sache vor allen amerikanischen Gerichten ver-
thcidigen werde. Und da das Gericht in Michigan die
Frage, ob eine bei aufgezogenem Vorhang auf der
Bühne stattgehabte Trauung eines Schauspielers mit
einer Schauspielerin infolge der Absicht, die man damit
Hin tzränkkcin aus der Dorfapotlseke. Nach einem Gemälde von H. Kotschenreiter. (S. 78)