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Das Buch für Alle.

Leben vereinigt weiß, so Gott will zu seinem Glück. Die
bürgerliche Eheschließung ist vollzogen, der Standesbeamte
in dem Saale des gothischen Hauses hat darüber sein Proto-
koll ausgenommen, die Vermählten haben es sowie die Zeu-
gen unterschrieben; nun begeben sie sich in die Kirche zur

Ben

Ein großes Herz find't man sehr ost
Bei kleinen Leuten ungehofft.


Die größte Rücksicht biete dem.
Der dir am meisten unbequem.


Laß, mageren Gewinn zu wahren,
Getrost unsich're Aussicht fahren.


Thür — im Auge; aber auch andere Leute sind da, um in
unwillkürlich sich einstellenden Gedanken über die Ehe die
Braut zu sehen, wie sie in Erregung an der Seite ihres Zu-
künftigen Hinfahrt zu jener Thür, und beruhigter wieder aus
ihr hinaustritt in das nun ganz neue Leben. Auf den Bräuti-
gam richtet sich das Interesse dieser Straßengäste der Hoch-

Hrst 4.

Trauung. Dieser Umwandlungsprozeß zweier Menschen zu
einem Paar mit gemeinsamem Leid und Freud und Haus-
wesen, so bedeutungsvoll für ihr Leben, ruft auch für ihnen
ganz fern Stehende mehr oder minder Theilnahms auf. Darum
ist es am Pstersbergl immer belebt, wenn das Standesamt

seins Pforte geöffnet hat. Zumal sind es weibliche Neugierige,
Alt und Jung, die sich da einfinden, um die Brautpaare an-
und wieder abfahren zu sehen. Die Dienstmägde, welche auf
dem nahen Viktualienmarkte ihre Einkäufe besorgt haben,
halten die Thür des Standesamts — diese Zukunft eröffnende

Humoristisches.

Rlriba's Sprüche der Weisheit.
Von McrX Schobh.


Erleichtre deines Nächsten Last,
Wenn du nicht selbst zu tragen hast.


Der Lüge freche Spur auf ihrem finstern Gleise,
Kannst du ergründen nur durch schlagende Beweise.


Zwar macht ein starker Geist uns frei,
Doch stößt er an oft nebenbei.



Wer nach der Sonne strebt, der hüte seinen Zug,
Sonst fliegt hinab zur Erd' er jäh und früh genug.


Obwohl er trügt von vornherein,
So lieben Manche doch den Schein.


Oft fördert uns zum Ziel und leitet unfern Schritt,
Was man doch wiederholt achtlos mit Füßen tritt.

zeit seltener, höchstens besieht man ihn darauf, ob er jung
oder alt, zu jung oder zu alt für seine andere Hälfte sei.
Dergleichen Prüfungen sind namentlich den Blumenverkäufe-
rinnen, die hier ihren Stand haben, geläufig. Sie wissen
auch sonst wohl so Manches von dem Bräutigam und der
Braut zu erzählen und halten mit ihrer Zunge nicht zurück

gegen die Mägde, die ihren Bekannten dann wieder berichten,
was sie vernommen, und auch wohl noch etwas mehr. So
spielt sich am Petersberg! in München ein Stück Stadtleben
ab, zu dem alle Pärchen beitragen, die dahin um des Standes-
amts willen sich festlich gekleidet begeben.
 
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