492
Das Buch für All?.
Mt 20.
Do» Jose Zorrilla u Moral.
er zu Valladolid als Sohn eines höheren Gsrichtsbeamten,
der später Alkalde von Madrid wurde, geboren. Er sollte die
Rechte studiren, sühlte sich aber stets mehr von Poesie und
literarischen Beschäftigungen angezogen, weshalb er mit seinem
strengen Vater zerfiel. In Madrid begeisterte ihn der Tod
und das Leichenbegängnis; des Satirikers Lassa (1837) zu
einer Elegie, welche ihn zuerst bekannt machte. In diese
Zeit füllt auch sein erstes Drama „Juan Dandalo", dessen
Erfolg ihn zunächst dem Theater zuführte, wo damals, wie
überhaupt in der Literatur, die Romantik in ihrer höchsten
Blüthe stand. Er schus nun in rascher Folge eins große Rn
zahl von Werken der verschiedensten Dichtnngsarten, die seinen
Namen zu einem gefeierten machten. Ohne Frage ist Zorrilla
der bedeutendste Lyriker des modernen Spaniens. Auch seine
dramatischen Werke sind im Grunde nur Romanzen, Troubadour-
gesänge, zu denen ihn; die poetische und legendenhafte Ilcber-
lieserung seines Vaterlandes den Stoss gab. An; meisten be
kannt und beliebt ist seine dramatische Bearbeitung der Don
Juan Sage geworden, die unter dem Titel „Don Juan Tenorio"
auf allen spanischen Bühnen gegeben wird. Um Zorrilla
recht zu würdigen, muß man aber seine Lieder kennen, vor
an hat die Namen Char
woche und Charfreitag
früher von den; griechischen
Worte Eharis (Gnade) oder
dem lateinischen cnrenu
(Fasten) nbleiten wollen, doch
hat Jakob Grimm ihren
deutschen Ursprung nachge-
wicsen. Seine Darlegung
wird noch durch den Umstand
unterstützt, daß sich jene Be-
zeichnungen nur im Dept-
schen vorfinden. Dis Fran-
zosen sagen vsvclrocki saint.
heiliger Freitag, ebenso die
Italiener: venkrck; santo,
und dis Engländer tRs Avock
triclaz-, der gute Freitag.
Grimm leitet jene Wörter
wohl mit Recht von dein
gothischen Kära, Klage, Weh-
klage ab. Die Charwoche ist
also die K.lagewoche. Man
feierte den Charfreitag schon
seit dein 4. Jahrhundert als
den; Todestag des Heilandes
durch einen Klagegesang in
der Kirche, durch Fasten und
Büßübungen. Noch heute
wird an diesen; Tage in
allen katholischen Kirchen das
Innere, namentlich der Altar,
seinesgcwöhnlichen Schmuckes
entkleidet, dagegen alle Al-
täre und Kruzifixe, sowie
Kanzel und Taufstein schwarz
verhangen. Die Kerzen sind
verlöscht und liegen umge-
stürzt auf den Altären, schon
seit Gründonnerstag sind dis
Glocken verstummt, und selbst
die kleinen Meßklingeln durch
Holzknarren ersetzt, deren
harter Ton eigenthüinlich
durch die weiten, stillen
Räume schallt. —In Mün
chen gestaltet sich diese Trauer
feier ganz besonders groß-
artig und eindrucksvoll in
der Michaels-Hofkirche, die
in der verkehrreichen Neu-
hauser Straße gegenüber dein
bekannten Bräuhause „Zum
Pschorr" liegt. Das Haupt-
schiff dieses 1583 bis 1595
erbauten Gotteshauses, in dessen linkem Seitenschiff sich Thor-
waldsen's herrliches Monument des Herzogs Eugen von Leuch
tenberg befindet, wird von einen; einzigen kühnen Tonnen
gswölbe von 83 Meter Spannung und 83 Meier Tiefe überdeckt
und macht einen wahrhaft imposanten Eindruck. Während nun
in den übrigen Kirchen am Charfreitag ein sogenanntes „heiliges
Grab" hergestellt und ausgeschmückt wird, erblickt man statt dessen
in der Michaels-Hofkirche nur ein mächtiges, aus 800 Flantz
inen gebildetes schwebendes Kreuz, welches das Mittelschiff
beleuchtet (siehe unsere Abbildung auf S. 493). Der Ein
vruck ist ein überwältigender, zumal wenn an; -Abend um
sieben Uhr von dem Kirchenchor, dem besten in ganz Mün-
chen, das ergreifende „Miserere" gesungen wird. Dieser Chor
ist mit Recht berühmt durch seins Vorträge altklassischer Vo
kalmusik, und die Werke Palestrina s, Orlando di Lasso's und
anderer Meister finden stets eine ausgezeichnete Wiedergabe.
Am Charsämstüg Abend erlischt das Kreuz, die übrigen Lich-
ter werden wieder angezündet, die Glocken ertönen wieder,
und der Ostersonntag sieht die Kirche in vollen; Glanz und
frohem Festschmuct.
von Paris, in denen nicht das Geringste von einer
Flucht der .Königin stand, auch war es seltsam, daß
die Flüchtige nicht verfolgt wurde.
Alle diese Dinge kamen in der Sitzung des Sicher
heitsausschusses zur Sprache, und schließlich einigte inan
sich darüber, dem Kommandanten der Nationalmiliz
der Provinz in Bösangon, sowie den nächsten republi-
kanischen Behörden in Pontarlier Meldung von dein
Vorfall zu machen.
Während der Sicherheitsausschuß von Iougne noch
beisammen saß, erschien an dem Thor, das den (Angang
zum Dorfe und die Straße abspcrrte, ein Wagen mit
vier Männern in (Avil. Der Wagen wurde angehalten,
und merkwürdiger Weise lief in demselben Augenblick,
in den; der Wagen hielt, ein Nad von der Achse ab,
und der Wagen schlug um.
Er fiel so unglücklich, daß
er das Thor versperrte
und ein Schließen der
Flügel unmöglich machte.
Die Reisenden baten
die Milizen, ihnen beim
Wiederaufrichten des Wa¬
gens behilflich zu sein,
und die Leute griffen auch
willig zu. Eben war es
gelungen, das Rad auf
seiner Achse wieder zu be¬
festigen, da «iahte ein zwei¬
ter und dritter Wagen,
ebenfalls mit Reisenden,
und eben hatte man den
Thorweg freigemacht, so
kam ein vierter und fünf¬
ter Wagen, jeder besetzt
mit vier Reisenden, welche
plötzlich an Zahl bei Wei¬
tem der Milizwache am
Thor überlegen waren und
sich auf eine eifrige De¬
batte wegen ihrer Wei-
terfahrt mit den Miliz¬
soldaten einließen. Ein
siebenter und achter Wa¬
gen erschien und hinter
diesen in sausendem Gn-
lop die erste Schwadron
der Kavallerie, welcher die
Wagen init den Frauen
und Kindern und dann die
zweite Schwadron folgten.
Ehe die erschreckteil
Milizwachen sich besinnen
konnten, hatten die Schwa¬
dronen ohne Widerstand
das Thor passirt und be¬
fanden sich im Dorfe selbst.
Die meisten Milizen
warfen ihre Waffen weg
und flüchteten in die Häu¬
ser. Man ließ sie laufen.
Mit außerordentliche r
Schnelligkeit wurde das
Rathhaus besetzt, ebenso
die Kirche, damit nicht die
Sturmglocke gezogen wer¬
den konnte, und ehe sich
der noch immer in der
Sitzung befindliche Aus¬
schuß darüber klar wurde,
was geschehen sei, war
Iougne in. der Hand des
Herrn v. St. Ange, der
beschloß, hier dauernd
Öluartier zu nehmen, um
den einzigen Uebergang
an der Grenze freizu¬
halten.
Ala er die Gefangene
besichtigte, brach er alsbald in lautes Gelächter aus,
denn er erkannte die Saint-Vul, mit der er oft genug
auch außer dem Theater in Gesellschaften zusammgekom-
men war.
Tie arme Theaterprinzessin, die man für eine wirk-
liche Königin gehalten halte, wurde befreit und durste
natürlich ohne Weiteres Weiterreisen. Die zwölfhundert
Goldstücke und den größten Theil ihrer Garderobe er-
hielt sie zurück. Ein Theil aber war verloren« die
Frauen der Ausschußmitglieder hatte sich an den
phantastischen Garderobestücken schadlos gehalten, und
da die Saint-Vul erklärte, lieber auf Alles ver-
zichten zu wollen, als noch länger an dem Drte zu
bleiben, an dem sie so viel Angst ausgestanden hatte,
ließ sie ihre Garderobestücke und ebenso die verhüng-
nißvolle Krone, die nicht wiedcrgefunden wurde, im
Stiche, um mit den anderen Flüchtlingen noch in der
nächsten Stunde über die Grenze zu gehen.
Sie blieb während der schrecklichsten Zeit der Revo-
lution im Auslande und kehrte erst unter Napoleon
nach Paris zurück, wo sie wiederholt erklärte, sie habe
sich als Theaterkönigin manchmal gewünscht, eine wirk-
liche Königin zu sein, nach dem Erlebnis; in Iougne
aber habe sie alle solche verwegenen Ideen für immer
aus ihren Herzen verbannt.
Hon Jose Jürrilla i, Moral
?>er volksthüiiilichste unter den spanischen Dichteri; des Jahr
Hunderts, Don Joss Zorrilla y Moral (siehe das unten
stehende Porträt), ist an; 23. Januar 1893 zu Madrid nach einen;
vielbewegten Lebe«; verschieden. Am 21. Februar 1817 wurde
Allen; die zur Verherrlichung Granada's gedichteten „Minne-
sängerlieder", die „Sommernächte" u. s. iv. Der Verfasser
lebte viele Jahre hindurch abwechselnd in Paris und Brüssel,
bis er sich 1854 nach Amerika begab, wo er in Mexiko eine
Zeitlang Vorleser des Kaisers Maximilian war. Nach dessen
Tode kehrte er 1866 nach Madrid zurück, wo der von zu-
nehmendem Alter und Kummer niedergebeugte Dichter einen
schweren Kampf um's Dasein zu führen hatte, da seine hervor-
ragendsten Werke geschaffen worden waren, als es noch kein
Gesetz über literarisches Agenthum gab. Noch einmal ging
Zorrilla die Sonne des Glückes auf, als ihm, der seit
1885 Mitglied der spanischen Akademie war, am 22. Juni
1889 zu Granada im Namen des spanischen Volkes die gol-
dene Dichterkrone auf das greise Haupt gesetzt wurde. Auch
einen Ehrensold bewilligten ihn; die Cortes, so daß er fortan
wenigstens vor Nahrungssorgen gesichert war. In seiner
Wohnung im fünften Stock eines Hauses der Calle de Santa
Teresa, von einigen Ver-
wandten und Freunden und
dem dürftigsten Hausgeräth
umgeben, ist er nun fried-
lich entschlummert. Sein Lei-
chenbegängnis; am 25. Januar
gestaltete sich zu einer groß-
artigen Kundgebung natio-
naler Trauer.
Wrfmtag in der
Ulichnels - l>of!'.iri!ik;n
Miinchkn.
Das Buch für All?.
Mt 20.
Do» Jose Zorrilla u Moral.
er zu Valladolid als Sohn eines höheren Gsrichtsbeamten,
der später Alkalde von Madrid wurde, geboren. Er sollte die
Rechte studiren, sühlte sich aber stets mehr von Poesie und
literarischen Beschäftigungen angezogen, weshalb er mit seinem
strengen Vater zerfiel. In Madrid begeisterte ihn der Tod
und das Leichenbegängnis; des Satirikers Lassa (1837) zu
einer Elegie, welche ihn zuerst bekannt machte. In diese
Zeit füllt auch sein erstes Drama „Juan Dandalo", dessen
Erfolg ihn zunächst dem Theater zuführte, wo damals, wie
überhaupt in der Literatur, die Romantik in ihrer höchsten
Blüthe stand. Er schus nun in rascher Folge eins große Rn
zahl von Werken der verschiedensten Dichtnngsarten, die seinen
Namen zu einem gefeierten machten. Ohne Frage ist Zorrilla
der bedeutendste Lyriker des modernen Spaniens. Auch seine
dramatischen Werke sind im Grunde nur Romanzen, Troubadour-
gesänge, zu denen ihn; die poetische und legendenhafte Ilcber-
lieserung seines Vaterlandes den Stoss gab. An; meisten be
kannt und beliebt ist seine dramatische Bearbeitung der Don
Juan Sage geworden, die unter dem Titel „Don Juan Tenorio"
auf allen spanischen Bühnen gegeben wird. Um Zorrilla
recht zu würdigen, muß man aber seine Lieder kennen, vor
an hat die Namen Char
woche und Charfreitag
früher von den; griechischen
Worte Eharis (Gnade) oder
dem lateinischen cnrenu
(Fasten) nbleiten wollen, doch
hat Jakob Grimm ihren
deutschen Ursprung nachge-
wicsen. Seine Darlegung
wird noch durch den Umstand
unterstützt, daß sich jene Be-
zeichnungen nur im Dept-
schen vorfinden. Dis Fran-
zosen sagen vsvclrocki saint.
heiliger Freitag, ebenso die
Italiener: venkrck; santo,
und dis Engländer tRs Avock
triclaz-, der gute Freitag.
Grimm leitet jene Wörter
wohl mit Recht von dein
gothischen Kära, Klage, Weh-
klage ab. Die Charwoche ist
also die K.lagewoche. Man
feierte den Charfreitag schon
seit dein 4. Jahrhundert als
den; Todestag des Heilandes
durch einen Klagegesang in
der Kirche, durch Fasten und
Büßübungen. Noch heute
wird an diesen; Tage in
allen katholischen Kirchen das
Innere, namentlich der Altar,
seinesgcwöhnlichen Schmuckes
entkleidet, dagegen alle Al-
täre und Kruzifixe, sowie
Kanzel und Taufstein schwarz
verhangen. Die Kerzen sind
verlöscht und liegen umge-
stürzt auf den Altären, schon
seit Gründonnerstag sind dis
Glocken verstummt, und selbst
die kleinen Meßklingeln durch
Holzknarren ersetzt, deren
harter Ton eigenthüinlich
durch die weiten, stillen
Räume schallt. —In Mün
chen gestaltet sich diese Trauer
feier ganz besonders groß-
artig und eindrucksvoll in
der Michaels-Hofkirche, die
in der verkehrreichen Neu-
hauser Straße gegenüber dein
bekannten Bräuhause „Zum
Pschorr" liegt. Das Haupt-
schiff dieses 1583 bis 1595
erbauten Gotteshauses, in dessen linkem Seitenschiff sich Thor-
waldsen's herrliches Monument des Herzogs Eugen von Leuch
tenberg befindet, wird von einen; einzigen kühnen Tonnen
gswölbe von 83 Meter Spannung und 83 Meier Tiefe überdeckt
und macht einen wahrhaft imposanten Eindruck. Während nun
in den übrigen Kirchen am Charfreitag ein sogenanntes „heiliges
Grab" hergestellt und ausgeschmückt wird, erblickt man statt dessen
in der Michaels-Hofkirche nur ein mächtiges, aus 800 Flantz
inen gebildetes schwebendes Kreuz, welches das Mittelschiff
beleuchtet (siehe unsere Abbildung auf S. 493). Der Ein
vruck ist ein überwältigender, zumal wenn an; -Abend um
sieben Uhr von dem Kirchenchor, dem besten in ganz Mün-
chen, das ergreifende „Miserere" gesungen wird. Dieser Chor
ist mit Recht berühmt durch seins Vorträge altklassischer Vo
kalmusik, und die Werke Palestrina s, Orlando di Lasso's und
anderer Meister finden stets eine ausgezeichnete Wiedergabe.
Am Charsämstüg Abend erlischt das Kreuz, die übrigen Lich-
ter werden wieder angezündet, die Glocken ertönen wieder,
und der Ostersonntag sieht die Kirche in vollen; Glanz und
frohem Festschmuct.
von Paris, in denen nicht das Geringste von einer
Flucht der .Königin stand, auch war es seltsam, daß
die Flüchtige nicht verfolgt wurde.
Alle diese Dinge kamen in der Sitzung des Sicher
heitsausschusses zur Sprache, und schließlich einigte inan
sich darüber, dem Kommandanten der Nationalmiliz
der Provinz in Bösangon, sowie den nächsten republi-
kanischen Behörden in Pontarlier Meldung von dein
Vorfall zu machen.
Während der Sicherheitsausschuß von Iougne noch
beisammen saß, erschien an dem Thor, das den (Angang
zum Dorfe und die Straße abspcrrte, ein Wagen mit
vier Männern in (Avil. Der Wagen wurde angehalten,
und merkwürdiger Weise lief in demselben Augenblick,
in den; der Wagen hielt, ein Nad von der Achse ab,
und der Wagen schlug um.
Er fiel so unglücklich, daß
er das Thor versperrte
und ein Schließen der
Flügel unmöglich machte.
Die Reisenden baten
die Milizen, ihnen beim
Wiederaufrichten des Wa¬
gens behilflich zu sein,
und die Leute griffen auch
willig zu. Eben war es
gelungen, das Rad auf
seiner Achse wieder zu be¬
festigen, da «iahte ein zwei¬
ter und dritter Wagen,
ebenfalls mit Reisenden,
und eben hatte man den
Thorweg freigemacht, so
kam ein vierter und fünf¬
ter Wagen, jeder besetzt
mit vier Reisenden, welche
plötzlich an Zahl bei Wei¬
tem der Milizwache am
Thor überlegen waren und
sich auf eine eifrige De¬
batte wegen ihrer Wei-
terfahrt mit den Miliz¬
soldaten einließen. Ein
siebenter und achter Wa¬
gen erschien und hinter
diesen in sausendem Gn-
lop die erste Schwadron
der Kavallerie, welcher die
Wagen init den Frauen
und Kindern und dann die
zweite Schwadron folgten.
Ehe die erschreckteil
Milizwachen sich besinnen
konnten, hatten die Schwa¬
dronen ohne Widerstand
das Thor passirt und be¬
fanden sich im Dorfe selbst.
Die meisten Milizen
warfen ihre Waffen weg
und flüchteten in die Häu¬
ser. Man ließ sie laufen.
Mit außerordentliche r
Schnelligkeit wurde das
Rathhaus besetzt, ebenso
die Kirche, damit nicht die
Sturmglocke gezogen wer¬
den konnte, und ehe sich
der noch immer in der
Sitzung befindliche Aus¬
schuß darüber klar wurde,
was geschehen sei, war
Iougne in. der Hand des
Herrn v. St. Ange, der
beschloß, hier dauernd
Öluartier zu nehmen, um
den einzigen Uebergang
an der Grenze freizu¬
halten.
Ala er die Gefangene
besichtigte, brach er alsbald in lautes Gelächter aus,
denn er erkannte die Saint-Vul, mit der er oft genug
auch außer dem Theater in Gesellschaften zusammgekom-
men war.
Tie arme Theaterprinzessin, die man für eine wirk-
liche Königin gehalten halte, wurde befreit und durste
natürlich ohne Weiteres Weiterreisen. Die zwölfhundert
Goldstücke und den größten Theil ihrer Garderobe er-
hielt sie zurück. Ein Theil aber war verloren« die
Frauen der Ausschußmitglieder hatte sich an den
phantastischen Garderobestücken schadlos gehalten, und
da die Saint-Vul erklärte, lieber auf Alles ver-
zichten zu wollen, als noch länger an dem Drte zu
bleiben, an dem sie so viel Angst ausgestanden hatte,
ließ sie ihre Garderobestücke und ebenso die verhüng-
nißvolle Krone, die nicht wiedcrgefunden wurde, im
Stiche, um mit den anderen Flüchtlingen noch in der
nächsten Stunde über die Grenze zu gehen.
Sie blieb während der schrecklichsten Zeit der Revo-
lution im Auslande und kehrte erst unter Napoleon
nach Paris zurück, wo sie wiederholt erklärte, sie habe
sich als Theaterkönigin manchmal gewünscht, eine wirk-
liche Königin zu sein, nach dem Erlebnis; in Iougne
aber habe sie alle solche verwegenen Ideen für immer
aus ihren Herzen verbannt.
Hon Jose Jürrilla i, Moral
?>er volksthüiiilichste unter den spanischen Dichteri; des Jahr
Hunderts, Don Joss Zorrilla y Moral (siehe das unten
stehende Porträt), ist an; 23. Januar 1893 zu Madrid nach einen;
vielbewegten Lebe«; verschieden. Am 21. Februar 1817 wurde
Allen; die zur Verherrlichung Granada's gedichteten „Minne-
sängerlieder", die „Sommernächte" u. s. iv. Der Verfasser
lebte viele Jahre hindurch abwechselnd in Paris und Brüssel,
bis er sich 1854 nach Amerika begab, wo er in Mexiko eine
Zeitlang Vorleser des Kaisers Maximilian war. Nach dessen
Tode kehrte er 1866 nach Madrid zurück, wo der von zu-
nehmendem Alter und Kummer niedergebeugte Dichter einen
schweren Kampf um's Dasein zu führen hatte, da seine hervor-
ragendsten Werke geschaffen worden waren, als es noch kein
Gesetz über literarisches Agenthum gab. Noch einmal ging
Zorrilla die Sonne des Glückes auf, als ihm, der seit
1885 Mitglied der spanischen Akademie war, am 22. Juni
1889 zu Granada im Namen des spanischen Volkes die gol-
dene Dichterkrone auf das greise Haupt gesetzt wurde. Auch
einen Ehrensold bewilligten ihn; die Cortes, so daß er fortan
wenigstens vor Nahrungssorgen gesichert war. In seiner
Wohnung im fünften Stock eines Hauses der Calle de Santa
Teresa, von einigen Ver-
wandten und Freunden und
dem dürftigsten Hausgeräth
umgeben, ist er nun fried-
lich entschlummert. Sein Lei-
chenbegängnis; am 25. Januar
gestaltete sich zu einer groß-
artigen Kundgebung natio-
naler Trauer.
Wrfmtag in der
Ulichnels - l>of!'.iri!ik;n
Miinchkn.