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Der Maler öffnete jetzt das kleine, hinter dem
Kutschersitz angebrachte Fenster und rief- „Halten Sie
beim Ruttner'schen Hause an, ich werde dort aussteigen."
„Schön, Herr Hellmer," sagte der Kutscher, und
fügte leise hinzu- „Gute Unterhaltung."
Einige hundert Schritte weiter hielt der Wagen
Das Buch für Alle.
vor einein wenig ansehnlichen, aber hohen Hause an,
ivo der Maler ausstieg.
„Arch Wiedersehen im .Hirschh" sagte er zu dem
Fremden, seinen Huf lüftend.
Wahrend der Omnibus weiter rasselte, schritt der
jungc Brann die Stufen zur Thür des Hauses hinan
LM §4.
und zog die Glocke. Ihr heiserer Ton wurde von
dem Gebell eines Hundes beantwortet.
Bald darauf zeigte sich am Fenster neben der Thür
die Gestalt eines alten Mannes, welche dann verschwand,
worauf sich im Hausgang Tritte vernehmen ließen.
Man hörte, wie mehrere Riegel zurückgezogen wurden,
Humoristisches.
Gs Liegt oft tiefee Kinn irn knrd'seijerl KpieL.
Stibitzt der Mutter eine Scheer,
Ganz wichlip sitzt das Knirpschen da
Und spricht: „Jetzt bin ich der Papa!"
(nn Maler tritt in's Atelier,
Was muß er seh'n! O weh, o weh!
(nu Bankdirekwr kämmt nach Haus.
„Was weint ihr denn?" so ruft er auS.
„Laß doch, Papa, wir spielen Pleite,
Der Map ist der Kassirer heute."
„O, nichts!" ertönt die Antwort draus,
„Wir spielen ja nur Stapel lauf!"
Ein Lustspicldichter fährt empor:
„Was ist das wieder für Rumor?
So ruft die Frau Majorin aus.
„Ach," ruft der.kleine Fritz, „wie schade,
Wir spicl'n so hübsch Tistanzritt grade!"
und endlich öffnete sich die Thür, durch die der War-
tende eiligst eintrnt. Dann wurde sie wieder vorsichtig
geschlossen.
Etwa zwei Stunden später verließ der Maler sichtlich
erregt das Haus. Sein Gesicht war geröthet, und seine
sonst so freundlichen Züge hatten einen finsteren Aus-
druck angenommen. Er warf die Thür dröhnend in's
Schloß, seine Hände waren geballt und eine Verwün-
schung murmelnd, schritt er mit heftiger Bewegung die
Straße weiter, gegen den Marktplatz zu.
So bemerkte er nicht, wie zwei Frauen mit einem
mächtigen Waschkorb aus einem Nachbarhause traten
und, erstaunt über sein Gebühren und Aussehen, ihm
neugierig nachsahen.
„Siehst Du, Leni," sagte die Acltere zu ihrer
Begleiterin, einem hübschen, etwa zwanzigjährigen
Mädchen, „da kommt der junge Hellmer von seinem
! Onkel. Der alte Geizkragen scheint wieder sehr »n
gnädig gewesen zu sein. Was der Maler für ein böses
Gesicht machte! Der Ruttner hat gewiß kein Geld her-
geben wollen. Wenn der einmal die Augen zumachte,
das wäre gut für den jungen Herrn und für die Anna.
Dann könnten sie sofort heirathen. Geld genug hat der
Alte. Sonst wird's wohl noch lange dauern. Wen»
er sie nur nicht sitzen läßt, wenn's noch lange währt
! mit der Hochzeit. So eine Offizierstochter ohne Geld
Der Maler öffnete jetzt das kleine, hinter dem
Kutschersitz angebrachte Fenster und rief- „Halten Sie
beim Ruttner'schen Hause an, ich werde dort aussteigen."
„Schön, Herr Hellmer," sagte der Kutscher, und
fügte leise hinzu- „Gute Unterhaltung."
Einige hundert Schritte weiter hielt der Wagen
Das Buch für Alle.
vor einein wenig ansehnlichen, aber hohen Hause an,
ivo der Maler ausstieg.
„Arch Wiedersehen im .Hirschh" sagte er zu dem
Fremden, seinen Huf lüftend.
Wahrend der Omnibus weiter rasselte, schritt der
jungc Brann die Stufen zur Thür des Hauses hinan
LM §4.
und zog die Glocke. Ihr heiserer Ton wurde von
dem Gebell eines Hundes beantwortet.
Bald darauf zeigte sich am Fenster neben der Thür
die Gestalt eines alten Mannes, welche dann verschwand,
worauf sich im Hausgang Tritte vernehmen ließen.
Man hörte, wie mehrere Riegel zurückgezogen wurden,
Humoristisches.
Gs Liegt oft tiefee Kinn irn knrd'seijerl KpieL.
Stibitzt der Mutter eine Scheer,
Ganz wichlip sitzt das Knirpschen da
Und spricht: „Jetzt bin ich der Papa!"
(nn Maler tritt in's Atelier,
Was muß er seh'n! O weh, o weh!
(nu Bankdirekwr kämmt nach Haus.
„Was weint ihr denn?" so ruft er auS.
„Laß doch, Papa, wir spielen Pleite,
Der Map ist der Kassirer heute."
„O, nichts!" ertönt die Antwort draus,
„Wir spielen ja nur Stapel lauf!"
Ein Lustspicldichter fährt empor:
„Was ist das wieder für Rumor?
So ruft die Frau Majorin aus.
„Ach," ruft der.kleine Fritz, „wie schade,
Wir spicl'n so hübsch Tistanzritt grade!"
und endlich öffnete sich die Thür, durch die der War-
tende eiligst eintrnt. Dann wurde sie wieder vorsichtig
geschlossen.
Etwa zwei Stunden später verließ der Maler sichtlich
erregt das Haus. Sein Gesicht war geröthet, und seine
sonst so freundlichen Züge hatten einen finsteren Aus-
druck angenommen. Er warf die Thür dröhnend in's
Schloß, seine Hände waren geballt und eine Verwün-
schung murmelnd, schritt er mit heftiger Bewegung die
Straße weiter, gegen den Marktplatz zu.
So bemerkte er nicht, wie zwei Frauen mit einem
mächtigen Waschkorb aus einem Nachbarhause traten
und, erstaunt über sein Gebühren und Aussehen, ihm
neugierig nachsahen.
„Siehst Du, Leni," sagte die Acltere zu ihrer
Begleiterin, einem hübschen, etwa zwanzigjährigen
Mädchen, „da kommt der junge Hellmer von seinem
! Onkel. Der alte Geizkragen scheint wieder sehr »n
gnädig gewesen zu sein. Was der Maler für ein böses
Gesicht machte! Der Ruttner hat gewiß kein Geld her-
geben wollen. Wenn der einmal die Augen zumachte,
das wäre gut für den jungen Herrn und für die Anna.
Dann könnten sie sofort heirathen. Geld genug hat der
Alte. Sonst wird's wohl noch lange dauern. Wen»
er sie nur nicht sitzen läßt, wenn's noch lange währt
! mit der Hochzeit. So eine Offizierstochter ohne Geld