Das Juür ANLE
geſt l.“
Die alte Baſtion bei Riva.
Siehe das Bild auf Seite 20.)
as kleine, ganz italieniſche Städtchen Riva hat eine pracht-
volle Lage am Nordende des Gardaſees. Nings breitet
ſich die fruchlbare Sarcaebene aus, welche von hohen, unten
bewaldeten, weiter oben kahlen und zexklüfteten Felsbergen
umſchloſſen wird. Die Stadt ſelbſt iſt klein, eng, vol ita-
lieniſchen Schmutzes und zu längerem Aufenthalte nicht zu
empfehlen, aber der von Lorden kommende Reiſende macht
hier gewöhnlich zum erſten Male Bekanntſchaft mit italieniſcher
Art und betraͤchtet nicht ohne Intereſſe die alten Denkmale
aus der geſchichtlichen Vergangenheit des Städtchens. Da
iſt vor Allem am Hauptplatze die feſte Kaſerne, einſt in den
Zeiten der Skaliger eine Burg, deren baufälliger Wartthurm
noch ſteht, jetzt aber abgetragen werden ſoll; und droben am
Abhangé der furchtbar ſteilen, 1570 Meter hohen Rocchetta,
gerade über der Stadt, droht die malexiſche Ruine eines
einftigen Kaſtells herab, das ebenfalls noch aus der Zeit der
Skaͤliger ſtammt und jetzt vom Volke il bastione genannt
wird. Wer da oben hinaufſteigt, beſonders an einem Tage,
wo Gewitter von den Bergen heranziehen (wie auf unſerem
Bilde S. 20) und Nebel das Thal zu erfüllen beginnen, durch
deſſen Schleier bleigrau der See heraufblickt, der wird ſich
da oben kaum ernſter Betrachtungen über den Wandel der
Zeiten erwehren können. Einſt herrſchten an dieſen Geſtaden
die Römer, die ihre hohe Kultur, ihren Luxus und ihre Ueppig-
keit mitbrachten. Dann kamen die Jahrhunderte langen
Kämpfe der Völkerwanderung. Wohl damals ſchon ſtand auf
jenem Felskopfe eine Burg, welche die Straße, die am See
entlang führt, ſperrte. Später kam Riva an die Biſchöfe
von Trient, dann beſaß es die berühmte Herrſcherfamilie der
Skaliger von Verona (1260—1387), welche das Stadtſchloß
(die jetzige Kaſerne) erbauten und die Baſtion zu einem un-
einnehmbaren Bollwerk machten. Als ſolches galt ſie auch
noch, als die Skaliger von Venedig beſiegt wurden und Riva
Eigenthum der ſtolzen Republik am Adriatiſchen Meere wurde.
Von Maximilian I. wurde es für Trient zurückerobert und
blieb bis heute bei Oeſterreich. Im Jahre 1703 wurde die
Baſtion von den Franzoſen geſprengt und ſeitdem nicht wieder
aufgebaut. Die öſterreichiſchen Kaiſerjäger henutzten die Ruine
der alten Veſte eine Zeitlang als Schießſtand, bis ſie ſich
bei der ſtetig wachſenden Tragweite der Handfeuerwaffen auch
dazu als nicht mehr tauglich erwies. Für den winterlichen
Kurgaſt in Riva bildet die Baſtion ein beliebtes Ausflugs-
ziel; dem Einwohner gilt ſie noch immer als Wahrzeichen
der Stadt.
des Osmanenfürſten Soliman.
Eiehe das Bild auf Seite 21.)
der Tod
türkiſchen Reiches auf eine hohe Stufe, fiel aber zuletzt
im Kampfe gegen die Mongolen durch die unglückliche Schlacht
von Angora in die Gefangenſchaft Timur's, worin er im
Jahre 1403 ſtarb. Durch den Zwiſt ſeiner Söhne Soliman,
Muſa und Mohammed gerieth nunmehr das Türkenreich in
Gefahr, gänzlich zu zerfallen. Soliman, der Aelteſte, nahm den
europäiſchen Theil des Reiches in Beſitz, führte zunächſt.
mehrere Jahre mit ſeinem Bruder Mohammed Krieg und
eroberte auch einen Theil von Kleinaſien. Während er hier
noch in kriegeriſche Unternehmungen verwickelt war und ſich
zugleich einem üppigen Genußleben hingab, ſuchte der dritte
Bruder Muſa in Verbindung mit dem Wojwoden der Walachei
und den über Soliman's lange Abweſenheit und ſein aus-
ſchweifendes Leben unzufriedenen Statthaltern das väterliche
Reich in Europa für ſich zu gewinnen. Nun eilte Soliman
über den Hellespont nach ſeinen thrakiſchen Beſitzungen zurück
und lockte durch Liſt und Verrath die meiſten Verbündeten
Muſa's wieder auf feine Seite, ſo daß Letzterem nichts übrig
blieb, als in das Hämusgebirge zu flüchten, wo er eine Zeit-
lang als Freibeuter herumzog! Nach dieſer glücklichen Wen-
dung ließ ſich Soliman in Adrianopel nieder und be-
gann von Neuem das üppige Genußleben, ohne ſich durch die
Vahnungen der Freunde und Rathgeber ſeines verſtorbenen
Vaters davon abbringen zu laſſen.! So konnte es nicht aus-
bleiben, daß von Neuem die Unzufriedenheit um ſich griff
und eine Verſchwörung ſich bildete, deren Leiter mit Muſa
in Verbindung traten und ihn herbeiriefen. Mit ſtarker
Macht zog Muſa, zu dem die meiſten Heerführer übergingen,
im Jahre 1410 gegen Adrianopel heran. Drei getreue
Emire ſuchten Soliman zu retten, indem ſie ihn aus dem
der Richtung auf Konſtantinopel auf ſchnellen Roſſen davon-
ſprengten. Unterwegs aber ſollte ihn das Geſchick in einer
ganz unerwarteten Weiſe ereilen. In unwegſamer Gegend
überfiel plötzlich ein? Schaar Bauern den Reitertrupp und
machte Soliman und ſeine Begleiter unbarmherzig nieder
(fiehe unſer Bild auf S. 21). Sie freuten fich, an dem
Sultan, den die Schönheit ſeines Pferdes und die Pracht
ſeines Anzuges leicht kenntlich machten, Rache nehmen zu
koͤnnen für die früher von ſeinen Statthaltern erlittenen
Bedrückungen. „Wie wüthende Weſpen,“ heißt es in einer
Schilderung des Ueberfalls, „fielen ſie über ihn her, warfen
ihn mit tauſend Wunden zu Boden und ſchlugen ihm den
Kopf ab.“ Muſa verhängte ein ſchweres Straͤfgericht über
die Nörder; das ganze Dorf wurde in Brand gefteckt, und
die Bewohnerſchaft in die Flammen getrieben. Dann führte
Nuſa bis 1418 eine Gewaltherrſchaft über die europäifche
Türkei, wurde aber ſchließlich von ſeinem Bruder Mohanımed
nach einer unglücklichen Schlacht gefangen genommen und
; erdrofjelt. So gelang es Mohammed, daͤs ganze osmaniſche
Reich wieder in ſeiner Hand zu vereinigen.
Ein unglücklicher Schuß.
(Siehe das Bild auf Seite 24.)
Di; Jagdluſt wird leicht zux Leidenſchaft, und wer dieſer
einmal anheimgefallen iſt, kann von der Jägerei nicht laſſen.
Es iſt auch ein großes Vergnügen, ſo des Morgens früh,
wenn die Sonne kaͤuni emporgeſtiegen, das Feld friſche Dünſte
athmet, der Wald kühl iſt und duftet, und milde, goldene
Lichter in dem Laubwerk, den Tannennadeln ſpielen, zu wan-
dern und die erquickende Kühle des neuerwachten Tages zu
genießen. Dann ſchleicht der des Waidwerks kundige Jagd-
freund durch den Wald, mit ſcharfen Augen nach Raubzeug
ausſpähend, und wenn er Glück hat, bietet ſich ein Fuchs,
ein Rehbock ſeinem Rohre. Das iſt eine große Luſt und,
namentlich was die Vertilgung des Raubzeugs betrifft, ein
nützliches Werk. Bedenklich wird die Sache jedoch, wenn
ungeübte, kurzſichtige oder ungeſchickte Menſchen dem edlen
Waidwerk obliegen. Eine geladene Flinte iſt ein böſes Ding,
geſchoſſen iſt ſchnell, man trifft auch mitunter, und iſt das
Geſchoß aus dem Rohre, gibt's kein Aufhalten, ſo gern auch
mancher Sonntagsjäger dies möchte. So ergeht es dem
mit ſchmucker Jagdkleidung ausgeſtatteten Herrn Aſſeſſor
Widibold, den unfer Bild auf S. 24 in einer keineswegs
beneidenswerthen Lage zeigt. Sein Jagdrock war ſo waid-
männiſch wie möglich, ſeine langen Stiefeln, ſeine Beinkleider
völlig vorſchriftsmäßig, ſein Hut — einen keckeren, ſchöneren
konnte kein Jäger haben, die reichgeſchmückte Lederjagdtaſche war
groß und hatte lange Franſen, die Doppelflinte war ein Ge-
wehr erſten Ranges. So zog Herr Widibold aus, in den Wald,
in die Berge, als Gaſt des Jagdbeſitzers, der ihm ſo viel
nützliche und ſachverſtändige Anweiſungen gegeben und ihm
die Stellung bezeichnet hatte, wo er den Haſen erwarten ſollte.
Aber wenn der Menſch Pech haben ſoll, hat er es auch auf der
Jagd. Durch irgend ein Mißverſtändniß kam des Jagdherrn
munteres Dachſel dem Herrn Aſſeſſor in die Bahn. Er war
kurzſichtig, und gerade in dem Moment, als er dieſen ver-
meintlichen großen Haſen ſchießen wollte, fiel ihm das Augen-
glas von der Naſe, aber entgehen wollte er ſich die Beute
nicht laſſen. Er drückt los, ein ſchreckliches Geheul erhebt
dieſer Haſe, das ſehr verdächtig nach Hundegeheul klingt, und
in dieſem Augenblick eilt auch ſchon der Jagdherr aus dem
Dickicht. Er macht nicht gerade ein freundliches Geſicht zu dem
glücklichen Schützen, denn ſein guter Dachſel liegt winſelnd
da, in das Bein getroffen; der Herr Aſſeſſor Widibold ſieht
auch nicht ſehr vergnügt aus hinſichtlich ſeines Waidmanns-
glückes. „Das war ein unglücklicher Schuß“, ſagt er, und
der Jagdfreund iſt derſelben Meinung. Die Jagd iſt aus
für heute. Der Dachſel wird heimgetragen, und der Jagd-
beſitzer ſchwört, nie mehr den Wünſchen des Herrn Aſſeſſors,
mit ihm auf die Jagd zu gehen, nachzugeben.
Die Koralleniuduſtrie in Italien.
Siehe die Illuſtrationen auf Seite 25.) _
Di; für Schmuckſachen aller Art ſehr beliebte Edelkoralle
findet ſich im Mittelmeer und im Adriatiſchen Meer bis
oberhalb Sebenico und wird mit eigenthümlichen Schlepp-
netzen gefiſcht; auch nimmt man wohl dazu ein Kreuz aus
und läßt ſie ſich in den am Balken befeſtigten Quaſten ver-
wickeln. Der Geſammtertrag der Korallenfiſcherei wird bis
auf einen geringen Theil in Italien ſelbſt und nament-
lich in Torre del Greco und bei Genua zu Schmuckſachen
verarbeitet. Unſere Bilder auf S. 25 verſetzen uns nach
San Martino al Baro bei Genua und führen uns in einer
dortigen Fabrik die Hauptmomente der Bearbeitung der
Korallen vor Augen. Die Korallenfiſcher erhalten meift ab-
gebrochene und mit Schlamm bedeckte Zweige oder Stücke
von den Korallenſtämmen, die in der Fabrik zunächſt behufs
Reinigung in die Waſchbarillen gebracht werden. Es ſind
das längliche, fortwährend rotirende Fäſſer, in die gleichzeitig
immer friſches Waſſer läuft, das aus zwei ſiebartigen Oeff-
nungen abfließt. Die gereinigten Korallen werden nun auf
Tiſche geſchüttet und von Arbeiterinnen einer erſten Sortirung
nach Größe, Form, Farbe und Werth unterzogen. Die rothen,
minderwerthigen und mit zackigen Ecken verfehenen Korallen
kommen auf Schnüre geſaßt in den Handel und müſſen zu
dem Zweck durchlocht werden. Die Korallen werden zwiſchen
Brettchen gelegt und dieſe zwiſchen drei, aus einem Tifche
emporragende Eiſenſtäbe feſt eingeklemmt. Dann wird jede
einzelne Koralle von der betreffenden Arbeiterin mittelſt eines
Bohrapparats durchlocht, der dem bei der Laubſägearbeit
zur Vexwendung kommenden ganz ähnlich iſt. Während
dieſer Arbeit riefelt aus einem oben auf dem Tiſche ſtehenden
Gefäß fortwährend Waſſer über die Bohrſtelle. Die ſo durch-
lochten Korallen ſind nun aber noch ganz unregelmäßig; ſie
werden auf feinen Draht aufgefädelt und dann wie die
Saiten einer Zither nebeneinander auf eine lange hölzerne
Platte geſpannt. Ein Mann bearbeitet ſie hierauf mit großen
Draht drehenden Korallen eine cylinderförmige, ziemlich regel-
mäßige Geſtalt erlangt haben. Will man aus dieſen Cylin-
dern perlenförmige Korallen herſtellen, ſo muß jeder Cylinder
an einem zugeſpitzten Holze aufgeſpießt und dann an einem
rotirenden Schleifſtein geſchliffen werden. Die ſehr geſchickten
Arbeiter runden auf dieſe Art erſt das eine und dann das
andere Ende ab, bis die Perlenform hergeſtellt iſt! Die
Perlen kommen alsdann nochmals in die Barillen; man gibt
dem Waſſer jetzt einen Zuſatz von gepulvertem Hirſchhorn
und verſetzt die Fäſſer in ſehr ſchnelle Umdrehung, bis alle
Verlen eine ſchöne Politur aufweiſen. Nach nochmaligem
Waſchen werden ſie ſortirt und je nach der Größe auf Schnüre
gereiht; das letzte Sortiren geſchieht mit kleinen, aus Rohr
hergeſtellten Zangen.
Die Karlsbrüche in Prag.
Siehe das Bild auf Seite 27.)
8 in lebhafter Entwickelung hegriffene Hauptſtadt Böhmens,
das alte Prag, liegt zu beiden Seiten der Moldau in
einem weiten Thaͤlkeſſel und zerfällt in ſieben Theile: die
Altſtadt, die Joſephsſiadt und die Neuſtadt am rechten Ufer
der Moldau; die Kleinſeite an den Abhängen des Hradſchin
und Laurenzberges, den Hradſchin ſelbſt mit der Burg,
Wyſchehrad und Holeſchowitz-Bubna. Fünf Brücken, außer
den Eiſenbahnübergängen, verbinden die Ufer des Fluſſes
innerhalb der Stadt, von denen die geſchichtlich denkwürdigſte
und berühmteſte die Karlsbrücke iſt, welche vom Centrum
der Altſtadt hinüber auf die Kleinſeite und den Hradſchin
führt. Die Brücke, von der wir auf S. 27 eine Abbildung
geben, iſt unter Kaiſer Karl IV. erbaut, dem Prag auch die
Gründung der Univerſität, der Neuſtadt und zahlreicher
anderer öffentlicher Bauten verdankt, und unter dem die
böhmiſche Hauptſtadt überhaupt ihren höchſten Glanz erreichte.
Der Bau wurde 1357 begonnen, aber es dauerte Menſchen-
alter, bis er in allen Theilen vollendet war. In ſechzehn
Bogen überſpannt die Karlsbrücke den Fluß; die Bahn iſt
497 Meter lang und 10 Meter breit; an beiden Seiten
erheben ſich ehemals zur Vertheidigung beſtimmte Feſtungs-
thürme, von denen der auf unſerem Bilde ſichtbare Altſtädter
Thurm der bemerkenswertheſte iſt. Er wurde 1451 erbaut
und in neueſter Zeit renovirt. Seine der Stadt zugewendete
Seite iſt geſchmückt mit den Steinbildern Kaiſer Karl's IV.
und ſeines Sohnes Wenzel IV. ſowie den Wappen der Län-
der, welche einſt mit Böhmen verbunden waren. Die Brücke
ſelbſt wird geziert durch dreißig Standbilder und Gruppen
von Heiligen, die meiſt aus dem 18. Jahrhundert, zum Theil
auch aus neuerer Zeit ſtammen. In der Mitte erhebt ſich
das berühmte Erzbild des böhmiſchen Nationalheiligen Johann
von Nepomuk. Es wurde 1683 zu Nürnberg angefertigt und
Ungarn, die alljährlich, befonders am 16. Mai, nach der
Praͤger Brücke wallfahrten. An jenem Tage wird das Ge-
dächtniß des Heiligen durch ein großes Kirchen- und Volksfeſt
gefeiert, deſſen Hauptſchauplatz die Karlsbrücke iſt. Rechts
feitlich von dem Altſtädter Thurme auf dem Kreuzherrnplatze
erhebt ſich das Standbild Karl's IV., das im Jahre 1848
zur 500jährigen Jubelfeier der einſt ſo hochberühmten Prager
Univerſität errichtet und nach Hähnel's Modell in Nürnberg
in Erz gegoſſen wurde. Schwere Zerſtörungen erlitt die
Brücke am 4 September 1890 durch das Hochwaſſer der
Moldau (vergl. Heft 7 des Jahrganges 1891), doch iſt ſie
ſeitdem, wie unſere Anſicht zeigt, vollkommen wiederhergeſtellt
worden.
Himmliſche Tilipukaner.
Aſtronomiſche Streifzüge
von
Tev Brenuer,
Nachdruck verboten.) . :
oie Aſtronomen haben meiſt mit ganz rieſigen
Zahlen zu thun, die jedes menſchliche Vor-
ftellungsvermögen überſchreiten. Sie ſagen
uns zum Beiſpiel ganz gelaſſen: „Die Sonne
iſt L279,000mal größer als unſere Erde und
der Sirius 146’/, mal größer als die Sonne;“
oder: „das Licht legt in einer Sekunde
300,000 Kilometer zurück, braucht aber trotzdem
60,3 Jahre, bis es vom Sterne 85 Pegaſt zu uns ge-
langt, denn dieſer iſt 3,820,000mal weiter von uns
entfernt, als die Sonne, welche bereits 149,000,000
Kilometer weit von uns entfernt iſt. Von den Grenzen
der Milchſtraße aber braucht das Licht ſogar 12,000
Jahre, bis es zu uns gelangt, und doch ſind wir dann
erſt an der Grenze des Milchſtraßenſyſtems angelangt,
welch' letzteres im Verhältniß zum Weltall nicht einmal
ſo groß iſt, wie eines der Infuſorien im Verhältniß
zum ganzen Milchſtraßenſyſtem!“ !
Dem gewöhnlichen Menſchen, der ſo etwas hört,
ſchwindelt der Kopf ob dieſer ungeheuren Zahlen, die
ſein Verſtand nicht zu faſſen vermag, weil uns eben
ein Maßſtab hierfür fehlt. Um nun aber darzuthun,
daß wir Aſtronomen doch nicht immer und ausſchließ-
lich mit ſolchen Rieſenzahlen rechnen, ſondern auch mit
ganz beſcheidenen Ziffern, wenn es darauf ankommt,
möchte ich heute mich nur mit den himmliſchen Lili-
putanern beſchäftigen. Es ſind das Weltkoͤrper, die
ſo winzig klein ſind, daß auf ihnen nur deutſche
Duodezſtaaten Platz fänden; ſo klein, daß dort ein
rüſtiger Fußgänger mehrmals täglich die Reiſe um
die Welt zu Fuß machen könnte!
Je nach der Stellung 583 bis 959 Millionen Kilo-
meter von uns getrennt, kreist ein Planet, ein älterer
Bruder unſerer Erde, im Weltall: der Jupiter.
Unter allen Kindern der Sonne iſt er — ſoweit bisher
bekannt — das größte, denn er iſt 1280mal größer
als unſere Erde.
Dieſer Jupiter nun kann ſich auch den Luxus von
mehreren Trabanten geſtatten, wogegen wir uns be-
ſcheiden mit einem einzigen begnügen, dem Monde.
geſt l.“
Die alte Baſtion bei Riva.
Siehe das Bild auf Seite 20.)
as kleine, ganz italieniſche Städtchen Riva hat eine pracht-
volle Lage am Nordende des Gardaſees. Nings breitet
ſich die fruchlbare Sarcaebene aus, welche von hohen, unten
bewaldeten, weiter oben kahlen und zexklüfteten Felsbergen
umſchloſſen wird. Die Stadt ſelbſt iſt klein, eng, vol ita-
lieniſchen Schmutzes und zu längerem Aufenthalte nicht zu
empfehlen, aber der von Lorden kommende Reiſende macht
hier gewöhnlich zum erſten Male Bekanntſchaft mit italieniſcher
Art und betraͤchtet nicht ohne Intereſſe die alten Denkmale
aus der geſchichtlichen Vergangenheit des Städtchens. Da
iſt vor Allem am Hauptplatze die feſte Kaſerne, einſt in den
Zeiten der Skaliger eine Burg, deren baufälliger Wartthurm
noch ſteht, jetzt aber abgetragen werden ſoll; und droben am
Abhangé der furchtbar ſteilen, 1570 Meter hohen Rocchetta,
gerade über der Stadt, droht die malexiſche Ruine eines
einftigen Kaſtells herab, das ebenfalls noch aus der Zeit der
Skaͤliger ſtammt und jetzt vom Volke il bastione genannt
wird. Wer da oben hinaufſteigt, beſonders an einem Tage,
wo Gewitter von den Bergen heranziehen (wie auf unſerem
Bilde S. 20) und Nebel das Thal zu erfüllen beginnen, durch
deſſen Schleier bleigrau der See heraufblickt, der wird ſich
da oben kaum ernſter Betrachtungen über den Wandel der
Zeiten erwehren können. Einſt herrſchten an dieſen Geſtaden
die Römer, die ihre hohe Kultur, ihren Luxus und ihre Ueppig-
keit mitbrachten. Dann kamen die Jahrhunderte langen
Kämpfe der Völkerwanderung. Wohl damals ſchon ſtand auf
jenem Felskopfe eine Burg, welche die Straße, die am See
entlang führt, ſperrte. Später kam Riva an die Biſchöfe
von Trient, dann beſaß es die berühmte Herrſcherfamilie der
Skaliger von Verona (1260—1387), welche das Stadtſchloß
(die jetzige Kaſerne) erbauten und die Baſtion zu einem un-
einnehmbaren Bollwerk machten. Als ſolches galt ſie auch
noch, als die Skaliger von Venedig beſiegt wurden und Riva
Eigenthum der ſtolzen Republik am Adriatiſchen Meere wurde.
Von Maximilian I. wurde es für Trient zurückerobert und
blieb bis heute bei Oeſterreich. Im Jahre 1703 wurde die
Baſtion von den Franzoſen geſprengt und ſeitdem nicht wieder
aufgebaut. Die öſterreichiſchen Kaiſerjäger henutzten die Ruine
der alten Veſte eine Zeitlang als Schießſtand, bis ſie ſich
bei der ſtetig wachſenden Tragweite der Handfeuerwaffen auch
dazu als nicht mehr tauglich erwies. Für den winterlichen
Kurgaſt in Riva bildet die Baſtion ein beliebtes Ausflugs-
ziel; dem Einwohner gilt ſie noch immer als Wahrzeichen
der Stadt.
des Osmanenfürſten Soliman.
Eiehe das Bild auf Seite 21.)
der Tod
türkiſchen Reiches auf eine hohe Stufe, fiel aber zuletzt
im Kampfe gegen die Mongolen durch die unglückliche Schlacht
von Angora in die Gefangenſchaft Timur's, worin er im
Jahre 1403 ſtarb. Durch den Zwiſt ſeiner Söhne Soliman,
Muſa und Mohammed gerieth nunmehr das Türkenreich in
Gefahr, gänzlich zu zerfallen. Soliman, der Aelteſte, nahm den
europäiſchen Theil des Reiches in Beſitz, führte zunächſt.
mehrere Jahre mit ſeinem Bruder Mohammed Krieg und
eroberte auch einen Theil von Kleinaſien. Während er hier
noch in kriegeriſche Unternehmungen verwickelt war und ſich
zugleich einem üppigen Genußleben hingab, ſuchte der dritte
Bruder Muſa in Verbindung mit dem Wojwoden der Walachei
und den über Soliman's lange Abweſenheit und ſein aus-
ſchweifendes Leben unzufriedenen Statthaltern das väterliche
Reich in Europa für ſich zu gewinnen. Nun eilte Soliman
über den Hellespont nach ſeinen thrakiſchen Beſitzungen zurück
und lockte durch Liſt und Verrath die meiſten Verbündeten
Muſa's wieder auf feine Seite, ſo daß Letzterem nichts übrig
blieb, als in das Hämusgebirge zu flüchten, wo er eine Zeit-
lang als Freibeuter herumzog! Nach dieſer glücklichen Wen-
dung ließ ſich Soliman in Adrianopel nieder und be-
gann von Neuem das üppige Genußleben, ohne ſich durch die
Vahnungen der Freunde und Rathgeber ſeines verſtorbenen
Vaters davon abbringen zu laſſen.! So konnte es nicht aus-
bleiben, daß von Neuem die Unzufriedenheit um ſich griff
und eine Verſchwörung ſich bildete, deren Leiter mit Muſa
in Verbindung traten und ihn herbeiriefen. Mit ſtarker
Macht zog Muſa, zu dem die meiſten Heerführer übergingen,
im Jahre 1410 gegen Adrianopel heran. Drei getreue
Emire ſuchten Soliman zu retten, indem ſie ihn aus dem
der Richtung auf Konſtantinopel auf ſchnellen Roſſen davon-
ſprengten. Unterwegs aber ſollte ihn das Geſchick in einer
ganz unerwarteten Weiſe ereilen. In unwegſamer Gegend
überfiel plötzlich ein? Schaar Bauern den Reitertrupp und
machte Soliman und ſeine Begleiter unbarmherzig nieder
(fiehe unſer Bild auf S. 21). Sie freuten fich, an dem
Sultan, den die Schönheit ſeines Pferdes und die Pracht
ſeines Anzuges leicht kenntlich machten, Rache nehmen zu
koͤnnen für die früher von ſeinen Statthaltern erlittenen
Bedrückungen. „Wie wüthende Weſpen,“ heißt es in einer
Schilderung des Ueberfalls, „fielen ſie über ihn her, warfen
ihn mit tauſend Wunden zu Boden und ſchlugen ihm den
Kopf ab.“ Muſa verhängte ein ſchweres Straͤfgericht über
die Nörder; das ganze Dorf wurde in Brand gefteckt, und
die Bewohnerſchaft in die Flammen getrieben. Dann führte
Nuſa bis 1418 eine Gewaltherrſchaft über die europäifche
Türkei, wurde aber ſchließlich von ſeinem Bruder Mohanımed
nach einer unglücklichen Schlacht gefangen genommen und
; erdrofjelt. So gelang es Mohammed, daͤs ganze osmaniſche
Reich wieder in ſeiner Hand zu vereinigen.
Ein unglücklicher Schuß.
(Siehe das Bild auf Seite 24.)
Di; Jagdluſt wird leicht zux Leidenſchaft, und wer dieſer
einmal anheimgefallen iſt, kann von der Jägerei nicht laſſen.
Es iſt auch ein großes Vergnügen, ſo des Morgens früh,
wenn die Sonne kaͤuni emporgeſtiegen, das Feld friſche Dünſte
athmet, der Wald kühl iſt und duftet, und milde, goldene
Lichter in dem Laubwerk, den Tannennadeln ſpielen, zu wan-
dern und die erquickende Kühle des neuerwachten Tages zu
genießen. Dann ſchleicht der des Waidwerks kundige Jagd-
freund durch den Wald, mit ſcharfen Augen nach Raubzeug
ausſpähend, und wenn er Glück hat, bietet ſich ein Fuchs,
ein Rehbock ſeinem Rohre. Das iſt eine große Luſt und,
namentlich was die Vertilgung des Raubzeugs betrifft, ein
nützliches Werk. Bedenklich wird die Sache jedoch, wenn
ungeübte, kurzſichtige oder ungeſchickte Menſchen dem edlen
Waidwerk obliegen. Eine geladene Flinte iſt ein böſes Ding,
geſchoſſen iſt ſchnell, man trifft auch mitunter, und iſt das
Geſchoß aus dem Rohre, gibt's kein Aufhalten, ſo gern auch
mancher Sonntagsjäger dies möchte. So ergeht es dem
mit ſchmucker Jagdkleidung ausgeſtatteten Herrn Aſſeſſor
Widibold, den unfer Bild auf S. 24 in einer keineswegs
beneidenswerthen Lage zeigt. Sein Jagdrock war ſo waid-
männiſch wie möglich, ſeine langen Stiefeln, ſeine Beinkleider
völlig vorſchriftsmäßig, ſein Hut — einen keckeren, ſchöneren
konnte kein Jäger haben, die reichgeſchmückte Lederjagdtaſche war
groß und hatte lange Franſen, die Doppelflinte war ein Ge-
wehr erſten Ranges. So zog Herr Widibold aus, in den Wald,
in die Berge, als Gaſt des Jagdbeſitzers, der ihm ſo viel
nützliche und ſachverſtändige Anweiſungen gegeben und ihm
die Stellung bezeichnet hatte, wo er den Haſen erwarten ſollte.
Aber wenn der Menſch Pech haben ſoll, hat er es auch auf der
Jagd. Durch irgend ein Mißverſtändniß kam des Jagdherrn
munteres Dachſel dem Herrn Aſſeſſor in die Bahn. Er war
kurzſichtig, und gerade in dem Moment, als er dieſen ver-
meintlichen großen Haſen ſchießen wollte, fiel ihm das Augen-
glas von der Naſe, aber entgehen wollte er ſich die Beute
nicht laſſen. Er drückt los, ein ſchreckliches Geheul erhebt
dieſer Haſe, das ſehr verdächtig nach Hundegeheul klingt, und
in dieſem Augenblick eilt auch ſchon der Jagdherr aus dem
Dickicht. Er macht nicht gerade ein freundliches Geſicht zu dem
glücklichen Schützen, denn ſein guter Dachſel liegt winſelnd
da, in das Bein getroffen; der Herr Aſſeſſor Widibold ſieht
auch nicht ſehr vergnügt aus hinſichtlich ſeines Waidmanns-
glückes. „Das war ein unglücklicher Schuß“, ſagt er, und
der Jagdfreund iſt derſelben Meinung. Die Jagd iſt aus
für heute. Der Dachſel wird heimgetragen, und der Jagd-
beſitzer ſchwört, nie mehr den Wünſchen des Herrn Aſſeſſors,
mit ihm auf die Jagd zu gehen, nachzugeben.
Die Koralleniuduſtrie in Italien.
Siehe die Illuſtrationen auf Seite 25.) _
Di; für Schmuckſachen aller Art ſehr beliebte Edelkoralle
findet ſich im Mittelmeer und im Adriatiſchen Meer bis
oberhalb Sebenico und wird mit eigenthümlichen Schlepp-
netzen gefiſcht; auch nimmt man wohl dazu ein Kreuz aus
und läßt ſie ſich in den am Balken befeſtigten Quaſten ver-
wickeln. Der Geſammtertrag der Korallenfiſcherei wird bis
auf einen geringen Theil in Italien ſelbſt und nament-
lich in Torre del Greco und bei Genua zu Schmuckſachen
verarbeitet. Unſere Bilder auf S. 25 verſetzen uns nach
San Martino al Baro bei Genua und führen uns in einer
dortigen Fabrik die Hauptmomente der Bearbeitung der
Korallen vor Augen. Die Korallenfiſcher erhalten meift ab-
gebrochene und mit Schlamm bedeckte Zweige oder Stücke
von den Korallenſtämmen, die in der Fabrik zunächſt behufs
Reinigung in die Waſchbarillen gebracht werden. Es ſind
das längliche, fortwährend rotirende Fäſſer, in die gleichzeitig
immer friſches Waſſer läuft, das aus zwei ſiebartigen Oeff-
nungen abfließt. Die gereinigten Korallen werden nun auf
Tiſche geſchüttet und von Arbeiterinnen einer erſten Sortirung
nach Größe, Form, Farbe und Werth unterzogen. Die rothen,
minderwerthigen und mit zackigen Ecken verfehenen Korallen
kommen auf Schnüre geſaßt in den Handel und müſſen zu
dem Zweck durchlocht werden. Die Korallen werden zwiſchen
Brettchen gelegt und dieſe zwiſchen drei, aus einem Tifche
emporragende Eiſenſtäbe feſt eingeklemmt. Dann wird jede
einzelne Koralle von der betreffenden Arbeiterin mittelſt eines
Bohrapparats durchlocht, der dem bei der Laubſägearbeit
zur Vexwendung kommenden ganz ähnlich iſt. Während
dieſer Arbeit riefelt aus einem oben auf dem Tiſche ſtehenden
Gefäß fortwährend Waſſer über die Bohrſtelle. Die ſo durch-
lochten Korallen ſind nun aber noch ganz unregelmäßig; ſie
werden auf feinen Draht aufgefädelt und dann wie die
Saiten einer Zither nebeneinander auf eine lange hölzerne
Platte geſpannt. Ein Mann bearbeitet ſie hierauf mit großen
Draht drehenden Korallen eine cylinderförmige, ziemlich regel-
mäßige Geſtalt erlangt haben. Will man aus dieſen Cylin-
dern perlenförmige Korallen herſtellen, ſo muß jeder Cylinder
an einem zugeſpitzten Holze aufgeſpießt und dann an einem
rotirenden Schleifſtein geſchliffen werden. Die ſehr geſchickten
Arbeiter runden auf dieſe Art erſt das eine und dann das
andere Ende ab, bis die Perlenform hergeſtellt iſt! Die
Perlen kommen alsdann nochmals in die Barillen; man gibt
dem Waſſer jetzt einen Zuſatz von gepulvertem Hirſchhorn
und verſetzt die Fäſſer in ſehr ſchnelle Umdrehung, bis alle
Verlen eine ſchöne Politur aufweiſen. Nach nochmaligem
Waſchen werden ſie ſortirt und je nach der Größe auf Schnüre
gereiht; das letzte Sortiren geſchieht mit kleinen, aus Rohr
hergeſtellten Zangen.
Die Karlsbrüche in Prag.
Siehe das Bild auf Seite 27.)
8 in lebhafter Entwickelung hegriffene Hauptſtadt Böhmens,
das alte Prag, liegt zu beiden Seiten der Moldau in
einem weiten Thaͤlkeſſel und zerfällt in ſieben Theile: die
Altſtadt, die Joſephsſiadt und die Neuſtadt am rechten Ufer
der Moldau; die Kleinſeite an den Abhängen des Hradſchin
und Laurenzberges, den Hradſchin ſelbſt mit der Burg,
Wyſchehrad und Holeſchowitz-Bubna. Fünf Brücken, außer
den Eiſenbahnübergängen, verbinden die Ufer des Fluſſes
innerhalb der Stadt, von denen die geſchichtlich denkwürdigſte
und berühmteſte die Karlsbrücke iſt, welche vom Centrum
der Altſtadt hinüber auf die Kleinſeite und den Hradſchin
führt. Die Brücke, von der wir auf S. 27 eine Abbildung
geben, iſt unter Kaiſer Karl IV. erbaut, dem Prag auch die
Gründung der Univerſität, der Neuſtadt und zahlreicher
anderer öffentlicher Bauten verdankt, und unter dem die
böhmiſche Hauptſtadt überhaupt ihren höchſten Glanz erreichte.
Der Bau wurde 1357 begonnen, aber es dauerte Menſchen-
alter, bis er in allen Theilen vollendet war. In ſechzehn
Bogen überſpannt die Karlsbrücke den Fluß; die Bahn iſt
497 Meter lang und 10 Meter breit; an beiden Seiten
erheben ſich ehemals zur Vertheidigung beſtimmte Feſtungs-
thürme, von denen der auf unſerem Bilde ſichtbare Altſtädter
Thurm der bemerkenswertheſte iſt. Er wurde 1451 erbaut
und in neueſter Zeit renovirt. Seine der Stadt zugewendete
Seite iſt geſchmückt mit den Steinbildern Kaiſer Karl's IV.
und ſeines Sohnes Wenzel IV. ſowie den Wappen der Län-
der, welche einſt mit Böhmen verbunden waren. Die Brücke
ſelbſt wird geziert durch dreißig Standbilder und Gruppen
von Heiligen, die meiſt aus dem 18. Jahrhundert, zum Theil
auch aus neuerer Zeit ſtammen. In der Mitte erhebt ſich
das berühmte Erzbild des böhmiſchen Nationalheiligen Johann
von Nepomuk. Es wurde 1683 zu Nürnberg angefertigt und
Ungarn, die alljährlich, befonders am 16. Mai, nach der
Praͤger Brücke wallfahrten. An jenem Tage wird das Ge-
dächtniß des Heiligen durch ein großes Kirchen- und Volksfeſt
gefeiert, deſſen Hauptſchauplatz die Karlsbrücke iſt. Rechts
feitlich von dem Altſtädter Thurme auf dem Kreuzherrnplatze
erhebt ſich das Standbild Karl's IV., das im Jahre 1848
zur 500jährigen Jubelfeier der einſt ſo hochberühmten Prager
Univerſität errichtet und nach Hähnel's Modell in Nürnberg
in Erz gegoſſen wurde. Schwere Zerſtörungen erlitt die
Brücke am 4 September 1890 durch das Hochwaſſer der
Moldau (vergl. Heft 7 des Jahrganges 1891), doch iſt ſie
ſeitdem, wie unſere Anſicht zeigt, vollkommen wiederhergeſtellt
worden.
Himmliſche Tilipukaner.
Aſtronomiſche Streifzüge
von
Tev Brenuer,
Nachdruck verboten.) . :
oie Aſtronomen haben meiſt mit ganz rieſigen
Zahlen zu thun, die jedes menſchliche Vor-
ftellungsvermögen überſchreiten. Sie ſagen
uns zum Beiſpiel ganz gelaſſen: „Die Sonne
iſt L279,000mal größer als unſere Erde und
der Sirius 146’/, mal größer als die Sonne;“
oder: „das Licht legt in einer Sekunde
300,000 Kilometer zurück, braucht aber trotzdem
60,3 Jahre, bis es vom Sterne 85 Pegaſt zu uns ge-
langt, denn dieſer iſt 3,820,000mal weiter von uns
entfernt, als die Sonne, welche bereits 149,000,000
Kilometer weit von uns entfernt iſt. Von den Grenzen
der Milchſtraße aber braucht das Licht ſogar 12,000
Jahre, bis es zu uns gelangt, und doch ſind wir dann
erſt an der Grenze des Milchſtraßenſyſtems angelangt,
welch' letzteres im Verhältniß zum Weltall nicht einmal
ſo groß iſt, wie eines der Infuſorien im Verhältniß
zum ganzen Milchſtraßenſyſtem!“ !
Dem gewöhnlichen Menſchen, der ſo etwas hört,
ſchwindelt der Kopf ob dieſer ungeheuren Zahlen, die
ſein Verſtand nicht zu faſſen vermag, weil uns eben
ein Maßſtab hierfür fehlt. Um nun aber darzuthun,
daß wir Aſtronomen doch nicht immer und ausſchließ-
lich mit ſolchen Rieſenzahlen rechnen, ſondern auch mit
ganz beſcheidenen Ziffern, wenn es darauf ankommt,
möchte ich heute mich nur mit den himmliſchen Lili-
putanern beſchäftigen. Es ſind das Weltkoͤrper, die
ſo winzig klein ſind, daß auf ihnen nur deutſche
Duodezſtaaten Platz fänden; ſo klein, daß dort ein
rüſtiger Fußgänger mehrmals täglich die Reiſe um
die Welt zu Fuß machen könnte!
Je nach der Stellung 583 bis 959 Millionen Kilo-
meter von uns getrennt, kreist ein Planet, ein älterer
Bruder unſerer Erde, im Weltall: der Jupiter.
Unter allen Kindern der Sonne iſt er — ſoweit bisher
bekannt — das größte, denn er iſt 1280mal größer
als unſere Erde.
Dieſer Jupiter nun kann ſich auch den Luxus von
mehreren Trabanten geſtatten, wogegen wir uns be-
ſcheiden mit einem einzigen begnügen, dem Monde.