‘ Beft d.
Das HUuUH für AlLe.
115
{pielte. Die Thränen ſtürzten ihr aus den Augen, ſchon
als ſie dieſe geweihten Klänge hörte, und durch die
Thränen hinduͤrch ſah ſie, wie draußen an der Straße,
in den Feldern, im Lichte der fahlen Abenddämmerung,
eine Menge Offiziere und Soldaten um eine lange,
lange Gruͤbe herumſtanden, in der unzählige todte
Leute lagen. Was hatte das Alles zu bedeuten? War
dean wirklich vorhanden, was ſie da ſah, oder war es
ein Traum? Sie träumte gewiß nur.
„Sie begraben die Gefallenen!“ hörte ſie Jemand
neben ſich ſagen.
„Die Gefallenen,“ wiederholte ſie mechaniſch, wie
geiſtesabweſend. Vielleicht, traͤumte ſie weiter, iſt der,
den ſie ſuchte, auch ſchon mit dort in der langen trau-
rigen Grube. Wie das Alles ſo tief wehmüthig, ſo
furchtbar entſetzlich war, alle die todten Leute in der
Grube, die doch gewiß auch Frauen uͤnd Kinder, Mütter
und Väter, alte arme, hilfloſe Eltern hatten, deren
Freude und deren Stütze ſie hatten ſein ſollen. Und
nun lagen ſie da, ſteif und bleich und blutig, Einer
neben dem Anderen, in langer entſetzlicher Reihe!
Immer mächtiger und gewaltiger ſchwollen die Ton-
fluthen an, die über ſie dahinbrausten, immer kräftiger
riſſen ſie an ihrem Herzen, wie die Stimme in der
Wüſte, wie das heilige Wort der Erlöſung in der Welt
des Schmerzes und Leides, und ihr war, als ob vor
den frommen Fluthen der Schmerz in ihrer Bruſt wiche,
als ob der Kummer und die Sorge ihrer Seele ſich
auflöſe in Hingebung und Vertrauen auf Gott und
ſeine Hilfe. Was war ſie mitten unter all' dieſen
gewaltigen und erſchütternden Ereigniſſen? Was konnte
fie thun? Konnte ſie auch nur das Kleinſte ändern?
Sie fühlte, wie Jedermann gegenüber ſolchen Ereigniſſen,
die Ohnmacht des Menſchen, und das war die Gemüths-
ſtimmung, in der die fromme Ergebung des Chriſten,
dieſer ſtärkſte aller ſtarken Pfeiler unſerer Religion,
der über alle Schmerzen dieſer Welt hinwegträgt, in
ihr Inneres einzog. Langſam faltete ſie die Hände, und
leiſe weinend flüſterte ſie demüthig und ergeben mit:
„Jeſus meine Zuverſicht
Und mein Heilaͤnd iſt im Leben!“
Es wurde finſter. Frau Weinhold träumte weiter.
Plötzlich hielt der Wagen, und der Kutſcher rief: „Wir
ſind da. Wir ſind in St. Privat Ia Montagne.“
Sie ſtieg aus, noch immer wie im Halbſchlaf, und
Alles, was ſie um ſich herum ſah, erſchien ihr wie ein
ſchrecklicher Traum. Aus zerſchoſſenen Häuſern ragten
haͤlbverkohlte Balken in die Nacht hinaus, dunkle, in
Mäntel gehüllte Geſtalten mit Gewehr und Helm gingen
truppweiſe hin und her, wirre Kommandoworte ſchlugen
an ihr Ohr. Der ganze Ort ſchien ihr geſpenſtiſch,
kirchhofähnlich. Sie hörte, wie Leonore mit Jemand
ſprach. *
„An der Kirche, gleich rechts die Straße entlang,
das zweite oder dritte Haus links,“ rief eine Stimme.
Sie begaben ſich nach dem bezeichneten Hauſe. Dort
gingen ſie durch einen kleinen Vorraum, wo in ruhigen
Zeiten vielleicht ein Gärtchen geweſen war. Einige
Roſenſtöckchen ſchwankten traurig im Winde hin und
her und an abgebrochenen Zweigen baumelten hilflos
und elend einige entblätterte Roſen. Hinter ihnen war
wieder eine Grube; man hatte Kalk hineingeworfen,
aber durch die dünne Schicht reckten ſich hier ein Fuß,
dort ein Arm. Dunkle Flecke erſchienen auf der weiß-
lichen Decke, als ob der Kalk ſtellenweiſe mit Blut
getränkt wäre. Fortſetzung folgt)
profeſſor Dr. Friedrich Crendelenburg.
Siehe das Porträt auf Seite 109.)
or einigen Monaten verſtarb der Altmeiſter der Chirurgie,
Profeſfor Karl Thierſch in Leipzig, und als ſein Nach-
folger ift nun der hervorragende Forſcher, deſſen Bildniß
unfere Leſer auf S. 109 finden, als ordentlicher Profeſſor
der Chirurgie und Direktor der chirurgiſchen Klinik, an die
Leipziger Hochſchule berufen worden. Geheimer Medizinalrath
Pröfeffor Pr. Friedrich Trendelenburg, bisher in Bonn, iſt als
Sohn des namhaften Philoſophen Friedrich Adolph Trendelen-
burg (1802—1872) im Jahre 1844 zu Berlin geboren und
widmete ſich deni Studium der Naturwiſſenſchaften und
Medizin an engliſchen Univerſitäten und ſpäter in Berlin.
Von feinen Lehrern wirkten in erſter Linie Liſter und Langen-
beck mächtig auf ihn und begeiſterten ihn für die Chirurgie.
1868 beſtand Trendelenburg die mediziniſche Staatsprüfung,
um dann als Langeabeck's Aſſiſtent an der Berliner chixur-
diſchen Univerſitätsklinik thätig zu ſein. Drei Jahre, nachher
jabilitirte er ſich als Dozent für Chirurgie an dex dortigen
Hochſchule und wurde nach ferneren drei Jahren als Direktor
der chirurgiſchen Abtheilung an das neugegründete große
ſtädtiſche Krankenhaus am Friedrichshain in Berlin bexufen.
1875 beſtieg er den chirurgiſchen Lehrſtuhl in Roſtock und
ſiedelte fieben Jahre hernach als Nachfolger von Buſch nach
Bonn über. Trendelenburg iſt als Forſcher und Operateur
wie als Lehrer gleich hervorkagend und daxum würdig, einem
Thierſch auf dem Lehrſtuhl zu folgen. Er hat als chirur-
giſcher Forſcher die verſchiedenſten Gebiete dieſer Wiſſenſchaft
bearbeitét, neue Operationsmethoden angegeben, andere be-
gründet und weiter gefördert. Von ſeinen größeren Arbeiten
ſeien hier genannt: „Die chirurgiſchen Erkrankungen und
Operationen am Halfe“ in dem von C. Gerhardt heraus-
gegebenen großen „Handbuch für Kinderkrankheiten“ und
Die Verletzungen und chirurgiſchen Krankheiten des Geſichts“
in der von Billroth und Lücke begründeten, jetzt von v. Berg-
mann und Bruns herausgegebenen „Deutſchen Chirurgie“ Bei
größeren Operationen, namentlich in der Mund- und Rachen-
höhle, ſowie am Kehlkop', verwendet man allgemein eine von
Trendelenburg konſtruirte, beſtens bewährte Tamponkanüle,
die das Hinabfließen von Blut, Schleim und Eiter in die
Lungen hindert. Sein Operalionstiſch ſehlt gegenwärtig wohl
in keiner Klinik mehr; ſeine Plattfußoperation und das von
ihm angegebene Verfahren der Unterbindung der großen
Roſenvene bei Krampfadern anı Unterſchenkel ſind von allen
Chirurgen anerkannte und erfolgreich angewendete Verfahren.
Man darf der Leipziger Fakultät zu der Wahl eines ſo hervor-
ragenden Fachmannes, der in der Vollkraft ſeines Wirkens
ſteht, nur Glück wünſchen.
Kraftprotzen.
(Siehe das Bild auf Seite 112 und 113.)
* Körperkraft wird bei allen Landleuten ſehr hoch ge-
ſchätzt. Die Spiele auf den Dörfern laufen dahex meiſt
auf einen Wettſtreit in der Entfaltung der Muskelkraft hinaus,
und beſonders in der geſammten deutſchen Alpenwelt haben
die Aelpler eine wahre Leidenſchaft, ihre Kraft zu zeigen.
Wie anderwärls wohl mit Geld und Beſitz geprunkt und ge-
prahlt wird, ſo gibt es dort viele Leute, junge und alte, die
ſtets auf ihre Muskelkräfte pochen, mit dieſen bei jeder Ge-
legenheit prunken und ſich als wahre Kraftprotzen exweiſen.
Unſer Bild auf S. 112 und 113 zeigt uns in einer Wirths-
ſtube der bayeriſchen Alpen eine hübſche Muſterkarte ſolcher
Kraftprotzen. Da erblicken wir den Schmied dieſes Dorfes,
einen Mann in den reiferen Jahren, und ihm gegenüber einen
jungen Burſchen, der den Schmied herausgefordert hat. Letz-
marktsherkules tättowirt iſt, auf den Tiſch gelegt und fordert
den jungen Burſchen auf, kunſtgerecht mit der geballten Fauſt
den Arm ihm vom Tiſch zu ſchlagen. Der junge Mann gibt
ſich große Mühe, jedoch der Arm des Schmiedeherkules weicht
und wankt nicht. Mit überlegenem Lächeln läßt ſich der
Schmied das Drücken und Schlagen ſeines jugendlichen Gegners
gefallen. Höchſt intereſſirt ſchauen die übrigen im Wirths-
lokal Anweſenden dieſem volksthümlichen Krafterproben zu;
ſo die Holzflößer bei ihren Aexten, ſie ſind Kunſtverſtändige
und üben das Spiel; die anderen jungen Burſchen zeigen
Schmied gegenüber nicht viel halten. Sie ſind überzeugt,
daß der junge Kämpfer nicht ſiegen wird. Behaglich ſchaut
der weißhaarige Wirlh dieſem Kampfſpiel zu. Er hat's auch
in ſeiner Jugend getrieben und würde noch heut, wenn die
Herausforderung an ihn heranträte, ſeinen Mann ſtellen. Die
ſchmucke Kellnerin wünſcht dem ſchönen jungen Burſchen, der
ihr Herz beſitzt, auch hier den Sieg. So führt unſer Bild
hier, treu nach der Wirklichkeit wiedergegeben, eine dramatiſch
bewegte Scene aus dem intimen Leben dieſer Alpenhewohner
uns vor; das Publikum dürfte ſelten Gelegenheit haben, der-
artige eigenartige Vorgänge des Wirthshaustreibens in den
bayeriſchen Alpen zu beobachten.
Schwere berluſte.
Siehe das Bild auf Seite 117.)
er Transport von Viehheerden zur See geſchieht für größere
Reiſen meiſt auf befonders dazu eingexichteten Schiffen,
welche unter Deck befindliche Stallungen haben. Für kleinere
Reiſen jedoch bedient man ſich, um Koſten zu ſparen, oft
der gewöhnlichen Frachtdampfer, auf deren Deck die Heerde
untergebracht wird Meiſt laufen dieſe Transporte ganz gut ab,
die Heerde verhält ſich ruhig und läßt ſich von dem Schaukeln
des Dampfers nicht viel beuͤnruhigen.. Tritt jedoch bei einem
ſo beladenen Schiffe unterwegs plötzlich eine Sturmböe ein,
jo kann die Fahrt eine ſehr unangenehme Wendung nehmen,
wie ſolch' einen Vorfall unſer Bild auf S. 117 zeigt. Der
Dampfer mit ſeiner Rinderheerde wurde von einer Stuxm-
welle getroffen, er kam bedenklich in's Schwanken, Sturzſeen
ſchoſſen über Bord, und nun war es mit der Macht dex Auf-
ſeher über die Heerde vorbei. Die geängſtigten und vor Furcht
ganz ſinnlos gewordenen Thiere drängen ſich nach der Lee-
feite des Schiffes zuſammen, wodurch ſie die ſchiefe Lage des
Fahrzeuges vermehren, ſie preſſen ſich gegeneinander und
juchen den Sturzſeen zu entgehen, indem ſie immer weiter
gegen die vor ihnen ſtehenden Genoſſen ſich ſtemmen und
anftürmen, dadurch werden die vorderen am Bord befindlichen
Thiere gezwungen, ſich zu erheben, ſie wollen dem Andrang
entfliehen und ſtürzen guf dieſe Weiſe in's Waſſer. Vergeb-
lich ſind alle Verfuche der Treiber, das geängſtigte Vieh von
dieſein gefaͤhrlichen Punkt zurückzuſcheuchen. Die hinteren
hören nicht auf zu drängen, und die vorderen ſpringen ſchließ-
lich in ihrer Angſt, welche jetzt das Zuſammenpreſſen ihnen
vekurſacht, von ſélbſt in das Waſſer. Solch' eige verzweifelte
Lage eines Viehiransportdampfers zeigt unſer Bild. An ein
Relten der im Waſſer treibenden Thiere iſt nicht zu denken.
Baͤs über Bord iſt, muß verloren gegeben werden. Oft geht
auf ſolche Weiſe mehr als ein Drittel des Transportes zu
Grunde, und die offenen Viehtransporte, welche ihrex Billigkeit
wegen noch vielfach unternoinmen werden, bringen den Eigen-
thümern dann ſchwere Verluſte, zumal die Verſicherungsgeſell-
ſchaften keine Verſicherung auf ſolche Beförderung annehmen.
Es iſt wahrhaftig grauſig anzuſchauen, wie eine derartig durch
ein plötzlich einbrechendes Unwetter wild gewordene Heerde
in daͤs Waſſer ſich drängt, und den vergeblichen Kampf zu
Schrecken ſich geberdenden Thieren führen. Da richtet keine
Nenſchenklugheit und Menſchenkraft etwas aus,
Das Weſſer.
Kriminalroman
* von
* Jennn Hirſch.
(Fortſetzung)
Nachdruck verboten.)
Fertrud wendete ſich an den Portier.
„Was iſt's mit dem Vater? Er iſt
doch nicht etwa — todt?“
„Sie wiſſen's alſo ſchon!“ heulte
Beate und krallte ihre Finger in Ger-
trud's Arm.
„Nein, aber — ich — ich —
ahnte —“ Gertrud brachte die Worte
nur mühſam hervor.
Indem ging unten die Thür. .,Meine Frau kommt
zurück, ſie bringt den Arzt,“ ſagte Eckert, der die Stimme
eines Mannes vernahm.
„Er lebt alſo noch! Sie haben einen Arzt geholt?“
fragte Gertrud, verſtummte aber unter dem feindſeligen
Blick, den Beate ihr zuwarf. Zaghaft ſetzte ſie hinzu:
„Was iſt ihm denn zugeſtoßen?“
„Kommen Sie hinunter und ſehen Sie’s mit eigenen
Augen, Sie als ſeine Adoptivtochter ſind ja die Nächſte
dazu !“ ziſchte Beate und zerrte Gertrud anı Arm die
Treppe hinuͤnter und in das Wohnzimmer des Rentiers.
Frau Eckert war zu dem nur wenige Häuſer von
der Dallmer'ſchen Villa entfernt wohnenden Doktor Ebel
gelaufen, der ſoeben nach Hauſe gekommen war und
ſich ſogleich bereit erklärte, mit ihr zu gehen, obwohl
er nicht Arzt bei dem Rentier war. Während Gertrud
ſprachlos und wie erſtarrt daſtand, unterſuchte der Arzt
unter dem Beiſtande der ſich ſehr gefaßt und anſtellig
zeigenden Portiersleute den Verwundeten und gab
fogleich feſt und beſtimmt ſein Urtheil ab, daß jeder
Verſuch, ihn in's Leben zurückzurufen, vergeblich ſei.
Der Tod müſſe bereits vor länger als einer Stunde
eingetreten ſein, ſei allem Anſchein nach augenblicklich
erfölgt und durch den Stoß eines ſehr ſcharfen, ſpitzen
Inſtrumentes, ohne Zweifel eines Meſſers, der mitten
in's Herz getroffen habe, herbeigeführt worden.“
Bri den letzten Worten ſchrie Beate auf, murmelte
etwas, das die Umſtehenden nicht verſtanden, und ſah
am Boden um, als ob ſie nach der Mordwaffe
uche.
„Sie denken doch nicht etwa das Meſſer hier zu
finden?“ ſagte der Arzt, „das wird der Mörder ſchwer-
lich zurückgelaſſen haben.“
„Der Mörder!“ ſchrie Eckert, dem erſt jetzt dieſer
Gedanke Har vor die Seele kommen mochte. „Aber
wer ſollte denn das gethan haben?“
„Der Herr war fo gut, er that keinem Kinde was
zu Leide!“ ſchluchzte ſeine Frau und fuhr mit der
Schürze über das naſſe Geſicht, „es iſt ja gar nicht
möglich.“ . '
„Ein Selbſtmord iſt völlig ausgeſchloſſen,“ bemerkte
der Arzt, und ſchon ſchrie Beate: ;
„Der und Selbſtmord! Heirathen wollte er, mit
einer jungen Frau noch ordentlich das Leben genießen;
zu morgen haͤtte er den Notar beſtellt, der den Ehe-
fontrakt auffeßen ſollte; Sie wiſſen das ja auch, Fräulein
Gertrud.“
Aller Blicke wandten ſich bei dieſen Worten nach
der Letzteren, die todtenbleich, mit ſtarren Blicken, wie
geiſtesabweſend daſaß.
„Ich kann's nicht mehr ſehen, daß der arme Herr
da fo auf der Erve liegt“ ſagte Frau Eckert, „komm,
Mann, wir wollen ihn auf ſein Bett tragen.“
Döktor Ebel trat dazwiſchen und bedeutete ſie, daß
dies nicht anginge. Man müſſe ſofort die Kriminal-
polizei herbeirafen und bis zu deren Ankunft den
Todten genau in der Lage laſſen, in der man ihn auf-
gefunden habe. —*— —
Jetzt beſann ſich Beate, daß ja ſeit einigen Tagen
ein Telephon im Hauſe ſei, das nun benutzt ward, um
und man überlegte, ob die Braut des Gemordeten
herbeigeholt werden ſollte, kam aber zu dem Entſchluß,
dies vorläufig zu unterlaſſen, da ihre Gegenwart durch-
aus nicht erforderlich ſei, und die Damen ſich bei der
inzwiſchen vorgerückten Zeit gewiß ſchon zur Ruhe be-
geben hatten.
In lüberraſchend kurzex Zeit trafen die Beamten ein
und nahmen, nachdem Doͤktor Ebel ihnen gegenüber
nochmals den Tod konſtatirt und ſein Urtheil über die
mulhmaßliche Todesart abgegeben hatte, zuvörderſt eine
Beſichtigung des Thatortes vor. Man fand nichts, was
auf einen Kampf zwiſchen dem Mörder und ſeinem
Opfer hätte ſchließzen laſſen können, nichts, was, cin
gewaltſames Eindringen eines Fremden annehmen ließ.
Der Schreibtiſch und der eiſerne Schrank des Rentiers
waͤren verſchlöſfen, die Schlüſſel fanden ſich unberührt
in der Taſche des Todten vor.
Das HUuUH für AlLe.
115
{pielte. Die Thränen ſtürzten ihr aus den Augen, ſchon
als ſie dieſe geweihten Klänge hörte, und durch die
Thränen hinduͤrch ſah ſie, wie draußen an der Straße,
in den Feldern, im Lichte der fahlen Abenddämmerung,
eine Menge Offiziere und Soldaten um eine lange,
lange Gruͤbe herumſtanden, in der unzählige todte
Leute lagen. Was hatte das Alles zu bedeuten? War
dean wirklich vorhanden, was ſie da ſah, oder war es
ein Traum? Sie träumte gewiß nur.
„Sie begraben die Gefallenen!“ hörte ſie Jemand
neben ſich ſagen.
„Die Gefallenen,“ wiederholte ſie mechaniſch, wie
geiſtesabweſend. Vielleicht, traͤumte ſie weiter, iſt der,
den ſie ſuchte, auch ſchon mit dort in der langen trau-
rigen Grube. Wie das Alles ſo tief wehmüthig, ſo
furchtbar entſetzlich war, alle die todten Leute in der
Grube, die doch gewiß auch Frauen uͤnd Kinder, Mütter
und Väter, alte arme, hilfloſe Eltern hatten, deren
Freude und deren Stütze ſie hatten ſein ſollen. Und
nun lagen ſie da, ſteif und bleich und blutig, Einer
neben dem Anderen, in langer entſetzlicher Reihe!
Immer mächtiger und gewaltiger ſchwollen die Ton-
fluthen an, die über ſie dahinbrausten, immer kräftiger
riſſen ſie an ihrem Herzen, wie die Stimme in der
Wüſte, wie das heilige Wort der Erlöſung in der Welt
des Schmerzes und Leides, und ihr war, als ob vor
den frommen Fluthen der Schmerz in ihrer Bruſt wiche,
als ob der Kummer und die Sorge ihrer Seele ſich
auflöſe in Hingebung und Vertrauen auf Gott und
ſeine Hilfe. Was war ſie mitten unter all' dieſen
gewaltigen und erſchütternden Ereigniſſen? Was konnte
fie thun? Konnte ſie auch nur das Kleinſte ändern?
Sie fühlte, wie Jedermann gegenüber ſolchen Ereigniſſen,
die Ohnmacht des Menſchen, und das war die Gemüths-
ſtimmung, in der die fromme Ergebung des Chriſten,
dieſer ſtärkſte aller ſtarken Pfeiler unſerer Religion,
der über alle Schmerzen dieſer Welt hinwegträgt, in
ihr Inneres einzog. Langſam faltete ſie die Hände, und
leiſe weinend flüſterte ſie demüthig und ergeben mit:
„Jeſus meine Zuverſicht
Und mein Heilaͤnd iſt im Leben!“
Es wurde finſter. Frau Weinhold träumte weiter.
Plötzlich hielt der Wagen, und der Kutſcher rief: „Wir
ſind da. Wir ſind in St. Privat Ia Montagne.“
Sie ſtieg aus, noch immer wie im Halbſchlaf, und
Alles, was ſie um ſich herum ſah, erſchien ihr wie ein
ſchrecklicher Traum. Aus zerſchoſſenen Häuſern ragten
haͤlbverkohlte Balken in die Nacht hinaus, dunkle, in
Mäntel gehüllte Geſtalten mit Gewehr und Helm gingen
truppweiſe hin und her, wirre Kommandoworte ſchlugen
an ihr Ohr. Der ganze Ort ſchien ihr geſpenſtiſch,
kirchhofähnlich. Sie hörte, wie Leonore mit Jemand
ſprach. *
„An der Kirche, gleich rechts die Straße entlang,
das zweite oder dritte Haus links,“ rief eine Stimme.
Sie begaben ſich nach dem bezeichneten Hauſe. Dort
gingen ſie durch einen kleinen Vorraum, wo in ruhigen
Zeiten vielleicht ein Gärtchen geweſen war. Einige
Roſenſtöckchen ſchwankten traurig im Winde hin und
her und an abgebrochenen Zweigen baumelten hilflos
und elend einige entblätterte Roſen. Hinter ihnen war
wieder eine Grube; man hatte Kalk hineingeworfen,
aber durch die dünne Schicht reckten ſich hier ein Fuß,
dort ein Arm. Dunkle Flecke erſchienen auf der weiß-
lichen Decke, als ob der Kalk ſtellenweiſe mit Blut
getränkt wäre. Fortſetzung folgt)
profeſſor Dr. Friedrich Crendelenburg.
Siehe das Porträt auf Seite 109.)
or einigen Monaten verſtarb der Altmeiſter der Chirurgie,
Profeſfor Karl Thierſch in Leipzig, und als ſein Nach-
folger ift nun der hervorragende Forſcher, deſſen Bildniß
unfere Leſer auf S. 109 finden, als ordentlicher Profeſſor
der Chirurgie und Direktor der chirurgiſchen Klinik, an die
Leipziger Hochſchule berufen worden. Geheimer Medizinalrath
Pröfeffor Pr. Friedrich Trendelenburg, bisher in Bonn, iſt als
Sohn des namhaften Philoſophen Friedrich Adolph Trendelen-
burg (1802—1872) im Jahre 1844 zu Berlin geboren und
widmete ſich deni Studium der Naturwiſſenſchaften und
Medizin an engliſchen Univerſitäten und ſpäter in Berlin.
Von feinen Lehrern wirkten in erſter Linie Liſter und Langen-
beck mächtig auf ihn und begeiſterten ihn für die Chirurgie.
1868 beſtand Trendelenburg die mediziniſche Staatsprüfung,
um dann als Langeabeck's Aſſiſtent an der Berliner chixur-
diſchen Univerſitätsklinik thätig zu ſein. Drei Jahre, nachher
jabilitirte er ſich als Dozent für Chirurgie an dex dortigen
Hochſchule und wurde nach ferneren drei Jahren als Direktor
der chirurgiſchen Abtheilung an das neugegründete große
ſtädtiſche Krankenhaus am Friedrichshain in Berlin bexufen.
1875 beſtieg er den chirurgiſchen Lehrſtuhl in Roſtock und
ſiedelte fieben Jahre hernach als Nachfolger von Buſch nach
Bonn über. Trendelenburg iſt als Forſcher und Operateur
wie als Lehrer gleich hervorkagend und daxum würdig, einem
Thierſch auf dem Lehrſtuhl zu folgen. Er hat als chirur-
giſcher Forſcher die verſchiedenſten Gebiete dieſer Wiſſenſchaft
bearbeitét, neue Operationsmethoden angegeben, andere be-
gründet und weiter gefördert. Von ſeinen größeren Arbeiten
ſeien hier genannt: „Die chirurgiſchen Erkrankungen und
Operationen am Halfe“ in dem von C. Gerhardt heraus-
gegebenen großen „Handbuch für Kinderkrankheiten“ und
Die Verletzungen und chirurgiſchen Krankheiten des Geſichts“
in der von Billroth und Lücke begründeten, jetzt von v. Berg-
mann und Bruns herausgegebenen „Deutſchen Chirurgie“ Bei
größeren Operationen, namentlich in der Mund- und Rachen-
höhle, ſowie am Kehlkop', verwendet man allgemein eine von
Trendelenburg konſtruirte, beſtens bewährte Tamponkanüle,
die das Hinabfließen von Blut, Schleim und Eiter in die
Lungen hindert. Sein Operalionstiſch ſehlt gegenwärtig wohl
in keiner Klinik mehr; ſeine Plattfußoperation und das von
ihm angegebene Verfahren der Unterbindung der großen
Roſenvene bei Krampfadern anı Unterſchenkel ſind von allen
Chirurgen anerkannte und erfolgreich angewendete Verfahren.
Man darf der Leipziger Fakultät zu der Wahl eines ſo hervor-
ragenden Fachmannes, der in der Vollkraft ſeines Wirkens
ſteht, nur Glück wünſchen.
Kraftprotzen.
(Siehe das Bild auf Seite 112 und 113.)
* Körperkraft wird bei allen Landleuten ſehr hoch ge-
ſchätzt. Die Spiele auf den Dörfern laufen dahex meiſt
auf einen Wettſtreit in der Entfaltung der Muskelkraft hinaus,
und beſonders in der geſammten deutſchen Alpenwelt haben
die Aelpler eine wahre Leidenſchaft, ihre Kraft zu zeigen.
Wie anderwärls wohl mit Geld und Beſitz geprunkt und ge-
prahlt wird, ſo gibt es dort viele Leute, junge und alte, die
ſtets auf ihre Muskelkräfte pochen, mit dieſen bei jeder Ge-
legenheit prunken und ſich als wahre Kraftprotzen exweiſen.
Unſer Bild auf S. 112 und 113 zeigt uns in einer Wirths-
ſtube der bayeriſchen Alpen eine hübſche Muſterkarte ſolcher
Kraftprotzen. Da erblicken wir den Schmied dieſes Dorfes,
einen Mann in den reiferen Jahren, und ihm gegenüber einen
jungen Burſchen, der den Schmied herausgefordert hat. Letz-
marktsherkules tättowirt iſt, auf den Tiſch gelegt und fordert
den jungen Burſchen auf, kunſtgerecht mit der geballten Fauſt
den Arm ihm vom Tiſch zu ſchlagen. Der junge Mann gibt
ſich große Mühe, jedoch der Arm des Schmiedeherkules weicht
und wankt nicht. Mit überlegenem Lächeln läßt ſich der
Schmied das Drücken und Schlagen ſeines jugendlichen Gegners
gefallen. Höchſt intereſſirt ſchauen die übrigen im Wirths-
lokal Anweſenden dieſem volksthümlichen Krafterproben zu;
ſo die Holzflößer bei ihren Aexten, ſie ſind Kunſtverſtändige
und üben das Spiel; die anderen jungen Burſchen zeigen
Schmied gegenüber nicht viel halten. Sie ſind überzeugt,
daß der junge Kämpfer nicht ſiegen wird. Behaglich ſchaut
der weißhaarige Wirlh dieſem Kampfſpiel zu. Er hat's auch
in ſeiner Jugend getrieben und würde noch heut, wenn die
Herausforderung an ihn heranträte, ſeinen Mann ſtellen. Die
ſchmucke Kellnerin wünſcht dem ſchönen jungen Burſchen, der
ihr Herz beſitzt, auch hier den Sieg. So führt unſer Bild
hier, treu nach der Wirklichkeit wiedergegeben, eine dramatiſch
bewegte Scene aus dem intimen Leben dieſer Alpenhewohner
uns vor; das Publikum dürfte ſelten Gelegenheit haben, der-
artige eigenartige Vorgänge des Wirthshaustreibens in den
bayeriſchen Alpen zu beobachten.
Schwere berluſte.
Siehe das Bild auf Seite 117.)
er Transport von Viehheerden zur See geſchieht für größere
Reiſen meiſt auf befonders dazu eingexichteten Schiffen,
welche unter Deck befindliche Stallungen haben. Für kleinere
Reiſen jedoch bedient man ſich, um Koſten zu ſparen, oft
der gewöhnlichen Frachtdampfer, auf deren Deck die Heerde
untergebracht wird Meiſt laufen dieſe Transporte ganz gut ab,
die Heerde verhält ſich ruhig und läßt ſich von dem Schaukeln
des Dampfers nicht viel beuͤnruhigen.. Tritt jedoch bei einem
ſo beladenen Schiffe unterwegs plötzlich eine Sturmböe ein,
jo kann die Fahrt eine ſehr unangenehme Wendung nehmen,
wie ſolch' einen Vorfall unſer Bild auf S. 117 zeigt. Der
Dampfer mit ſeiner Rinderheerde wurde von einer Stuxm-
welle getroffen, er kam bedenklich in's Schwanken, Sturzſeen
ſchoſſen über Bord, und nun war es mit der Macht dex Auf-
ſeher über die Heerde vorbei. Die geängſtigten und vor Furcht
ganz ſinnlos gewordenen Thiere drängen ſich nach der Lee-
feite des Schiffes zuſammen, wodurch ſie die ſchiefe Lage des
Fahrzeuges vermehren, ſie preſſen ſich gegeneinander und
juchen den Sturzſeen zu entgehen, indem ſie immer weiter
gegen die vor ihnen ſtehenden Genoſſen ſich ſtemmen und
anftürmen, dadurch werden die vorderen am Bord befindlichen
Thiere gezwungen, ſich zu erheben, ſie wollen dem Andrang
entfliehen und ſtürzen guf dieſe Weiſe in's Waſſer. Vergeb-
lich ſind alle Verfuche der Treiber, das geängſtigte Vieh von
dieſein gefaͤhrlichen Punkt zurückzuſcheuchen. Die hinteren
hören nicht auf zu drängen, und die vorderen ſpringen ſchließ-
lich in ihrer Angſt, welche jetzt das Zuſammenpreſſen ihnen
vekurſacht, von ſélbſt in das Waſſer. Solch' eige verzweifelte
Lage eines Viehiransportdampfers zeigt unſer Bild. An ein
Relten der im Waſſer treibenden Thiere iſt nicht zu denken.
Baͤs über Bord iſt, muß verloren gegeben werden. Oft geht
auf ſolche Weiſe mehr als ein Drittel des Transportes zu
Grunde, und die offenen Viehtransporte, welche ihrex Billigkeit
wegen noch vielfach unternoinmen werden, bringen den Eigen-
thümern dann ſchwere Verluſte, zumal die Verſicherungsgeſell-
ſchaften keine Verſicherung auf ſolche Beförderung annehmen.
Es iſt wahrhaftig grauſig anzuſchauen, wie eine derartig durch
ein plötzlich einbrechendes Unwetter wild gewordene Heerde
in daͤs Waſſer ſich drängt, und den vergeblichen Kampf zu
Schrecken ſich geberdenden Thieren führen. Da richtet keine
Nenſchenklugheit und Menſchenkraft etwas aus,
Das Weſſer.
Kriminalroman
* von
* Jennn Hirſch.
(Fortſetzung)
Nachdruck verboten.)
Fertrud wendete ſich an den Portier.
„Was iſt's mit dem Vater? Er iſt
doch nicht etwa — todt?“
„Sie wiſſen's alſo ſchon!“ heulte
Beate und krallte ihre Finger in Ger-
trud's Arm.
„Nein, aber — ich — ich —
ahnte —“ Gertrud brachte die Worte
nur mühſam hervor.
Indem ging unten die Thür. .,Meine Frau kommt
zurück, ſie bringt den Arzt,“ ſagte Eckert, der die Stimme
eines Mannes vernahm.
„Er lebt alſo noch! Sie haben einen Arzt geholt?“
fragte Gertrud, verſtummte aber unter dem feindſeligen
Blick, den Beate ihr zuwarf. Zaghaft ſetzte ſie hinzu:
„Was iſt ihm denn zugeſtoßen?“
„Kommen Sie hinunter und ſehen Sie’s mit eigenen
Augen, Sie als ſeine Adoptivtochter ſind ja die Nächſte
dazu !“ ziſchte Beate und zerrte Gertrud anı Arm die
Treppe hinuͤnter und in das Wohnzimmer des Rentiers.
Frau Eckert war zu dem nur wenige Häuſer von
der Dallmer'ſchen Villa entfernt wohnenden Doktor Ebel
gelaufen, der ſoeben nach Hauſe gekommen war und
ſich ſogleich bereit erklärte, mit ihr zu gehen, obwohl
er nicht Arzt bei dem Rentier war. Während Gertrud
ſprachlos und wie erſtarrt daſtand, unterſuchte der Arzt
unter dem Beiſtande der ſich ſehr gefaßt und anſtellig
zeigenden Portiersleute den Verwundeten und gab
fogleich feſt und beſtimmt ſein Urtheil ab, daß jeder
Verſuch, ihn in's Leben zurückzurufen, vergeblich ſei.
Der Tod müſſe bereits vor länger als einer Stunde
eingetreten ſein, ſei allem Anſchein nach augenblicklich
erfölgt und durch den Stoß eines ſehr ſcharfen, ſpitzen
Inſtrumentes, ohne Zweifel eines Meſſers, der mitten
in's Herz getroffen habe, herbeigeführt worden.“
Bri den letzten Worten ſchrie Beate auf, murmelte
etwas, das die Umſtehenden nicht verſtanden, und ſah
am Boden um, als ob ſie nach der Mordwaffe
uche.
„Sie denken doch nicht etwa das Meſſer hier zu
finden?“ ſagte der Arzt, „das wird der Mörder ſchwer-
lich zurückgelaſſen haben.“
„Der Mörder!“ ſchrie Eckert, dem erſt jetzt dieſer
Gedanke Har vor die Seele kommen mochte. „Aber
wer ſollte denn das gethan haben?“
„Der Herr war fo gut, er that keinem Kinde was
zu Leide!“ ſchluchzte ſeine Frau und fuhr mit der
Schürze über das naſſe Geſicht, „es iſt ja gar nicht
möglich.“ . '
„Ein Selbſtmord iſt völlig ausgeſchloſſen,“ bemerkte
der Arzt, und ſchon ſchrie Beate: ;
„Der und Selbſtmord! Heirathen wollte er, mit
einer jungen Frau noch ordentlich das Leben genießen;
zu morgen haͤtte er den Notar beſtellt, der den Ehe-
fontrakt auffeßen ſollte; Sie wiſſen das ja auch, Fräulein
Gertrud.“
Aller Blicke wandten ſich bei dieſen Worten nach
der Letzteren, die todtenbleich, mit ſtarren Blicken, wie
geiſtesabweſend daſaß.
„Ich kann's nicht mehr ſehen, daß der arme Herr
da fo auf der Erve liegt“ ſagte Frau Eckert, „komm,
Mann, wir wollen ihn auf ſein Bett tragen.“
Döktor Ebel trat dazwiſchen und bedeutete ſie, daß
dies nicht anginge. Man müſſe ſofort die Kriminal-
polizei herbeirafen und bis zu deren Ankunft den
Todten genau in der Lage laſſen, in der man ihn auf-
gefunden habe. —*— —
Jetzt beſann ſich Beate, daß ja ſeit einigen Tagen
ein Telephon im Hauſe ſei, das nun benutzt ward, um
und man überlegte, ob die Braut des Gemordeten
herbeigeholt werden ſollte, kam aber zu dem Entſchluß,
dies vorläufig zu unterlaſſen, da ihre Gegenwart durch-
aus nicht erforderlich ſei, und die Damen ſich bei der
inzwiſchen vorgerückten Zeit gewiß ſchon zur Ruhe be-
geben hatten.
In lüberraſchend kurzex Zeit trafen die Beamten ein
und nahmen, nachdem Doͤktor Ebel ihnen gegenüber
nochmals den Tod konſtatirt und ſein Urtheil über die
mulhmaßliche Todesart abgegeben hatte, zuvörderſt eine
Beſichtigung des Thatortes vor. Man fand nichts, was
auf einen Kampf zwiſchen dem Mörder und ſeinem
Opfer hätte ſchließzen laſſen können, nichts, was, cin
gewaltſames Eindringen eines Fremden annehmen ließ.
Der Schreibtiſch und der eiſerne Schrank des Rentiers
waͤren verſchlöſfen, die Schlüſſel fanden ſich unberührt
in der Taſche des Todten vor.