156
Das Buch für Alle
Heft 6.
und Geröll mit ſich reißend Dieſe herabſtürzende Maſſe,
die oft mehr feſte als flüſſige Beſtandtheile enthält, nennt
der Gebirgsbewohner „Muhre“ Ein Gebirgsthal, in dem
die gefürchteten Muhrbrüche beſonders häufig auftreten, iſt
beiſpielsweiſe das ſchöne Puſterthal. Zum Glück ſind ſchwere
Muhrbrüche verhältnißmäßig ſelten, während kleinere freilich oft
genug vorkommen. Solche können jedoch die ſtarken Straßen-
und Eiſenbahndämme wohl mit Sand und Schutt bedecken,
aber nicht zerſtören. Immerhin iſt auch ſo ein kleiner Muhr-
bruch an einer Eiſenbahnlinie ſchon genügend, um die
Zugverbindung zu unterbrechen und die Reiſenden in Auf-
regung zu verſetzen. Vor einer ſolchen Stelle fährt dann der
Zug ſehr langſam, oft ſteht er auch ganz ſtill, während von
dem Fahrperſonal das Geleiſe geprüft wird. Endlich kommt
man an die Stelle, wo der Muhrbruch niedergegangen iſt und
wo, wie die Schaffner vorher den Reiſenden mitgetheilt haben,
Alles aus- und umſteigen muß ſſiehe unſer Bild auf S. 159).
Es iſt zum Glück nur eine kleine Muhre. Der Weg, den
die ſchmutziggelbe Waſſermaſſe nimmt, welche in Geſtalt eines
breiten, kräftigen Baches hoch vom Gebirge in das fruchtbare
Schuttmaſſen. Die Wagenfenſter des Zuges ſind von auf-
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geregten Reiſenden dicht beſetzt, und manche Damen, die erſt-
mals in's Gebirge kommen, ſchwören hoch und theuer, ſich nie-
mals wieder in die Alpen wagen zu wollen. Doch die Sache
iſt nicht gefährlich, denn die Bahnverwaltung hat inzwiſchen
fürſorglicherweiſe einen Nothſteg über die Muhre herſtellen
laſſen und eine Schaar Arbeiter aufgeboten, um das wilde Ge-
wäſſer in beſtimmte Grenzen zu leiten. . Drüben auf der an-
deren Seite der Muhre aber ſteht ſchon ein anderer Zug bereit,
um Reiſende und Frachtgüter aufzunehmen. Immerhin fehlt
es nicht an ergötzlichen Seenen, da es, während die Paſſagiere
umſteigen, in Strömen regnet, und die Damen an manchen
Stellen bis über die Knöchel in den Schlamm einſinken. End-
lich iſt aber Alles glücklich untergebracht, und der jenſeitige
Zug ſetzt ſich in Bewegung — die Lokomotipe befindet ſich
natürlich jetzt am Endé des Zuges, ſchiebend ſtatt ziehend.
Der neue Kiliansbrunnen auf dem Kaiſerplatz
in Würzburg.
(Siehe die obenſtehende Abbildung)
— — neuen Schmuck hat das an Monumenten reiche
Würzburg durch den am 8. Juli 1895 in Gegenwart
des Prinzregenten Luitpold von Bayern enthüllten Kilians-
brunnen erhalten.
ſtadt geſchenkt, gewiſſermaßen äls Gegengeſchenk für den
ſchönen Kunſtbrunnen, den die Stadt Würzburg und der
genten vor ſeiner Geburtsſtätte, der Würzburger Reſiden
errichtete. Dieſer neue Brunnen, von dem wir auf S. 156
platz und iſt dem Schutzpatron von Würzburg, dem Heiligelt
Kilian, geiwidmet, deffen Bronzeſtatue das prächtige Wer
krönt. Einige Stufen führen zu dem weiten Sammelbeden
empor, aus deffen Mitte ſich ein Sockel aus Farrarijchem
Marmor erhebt. Seine Stirnfeite trägt in Brongelettern
Das Buch für Alle
Heft 6.
und Geröll mit ſich reißend Dieſe herabſtürzende Maſſe,
die oft mehr feſte als flüſſige Beſtandtheile enthält, nennt
der Gebirgsbewohner „Muhre“ Ein Gebirgsthal, in dem
die gefürchteten Muhrbrüche beſonders häufig auftreten, iſt
beiſpielsweiſe das ſchöne Puſterthal. Zum Glück ſind ſchwere
Muhrbrüche verhältnißmäßig ſelten, während kleinere freilich oft
genug vorkommen. Solche können jedoch die ſtarken Straßen-
und Eiſenbahndämme wohl mit Sand und Schutt bedecken,
aber nicht zerſtören. Immerhin iſt auch ſo ein kleiner Muhr-
bruch an einer Eiſenbahnlinie ſchon genügend, um die
Zugverbindung zu unterbrechen und die Reiſenden in Auf-
regung zu verſetzen. Vor einer ſolchen Stelle fährt dann der
Zug ſehr langſam, oft ſteht er auch ganz ſtill, während von
dem Fahrperſonal das Geleiſe geprüft wird. Endlich kommt
man an die Stelle, wo der Muhrbruch niedergegangen iſt und
wo, wie die Schaffner vorher den Reiſenden mitgetheilt haben,
Alles aus- und umſteigen muß ſſiehe unſer Bild auf S. 159).
Es iſt zum Glück nur eine kleine Muhre. Der Weg, den
die ſchmutziggelbe Waſſermaſſe nimmt, welche in Geſtalt eines
breiten, kräftigen Baches hoch vom Gebirge in das fruchtbare
Schuttmaſſen. Die Wagenfenſter des Zuges ſind von auf-
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geregten Reiſenden dicht beſetzt, und manche Damen, die erſt-
mals in's Gebirge kommen, ſchwören hoch und theuer, ſich nie-
mals wieder in die Alpen wagen zu wollen. Doch die Sache
iſt nicht gefährlich, denn die Bahnverwaltung hat inzwiſchen
fürſorglicherweiſe einen Nothſteg über die Muhre herſtellen
laſſen und eine Schaar Arbeiter aufgeboten, um das wilde Ge-
wäſſer in beſtimmte Grenzen zu leiten. . Drüben auf der an-
deren Seite der Muhre aber ſteht ſchon ein anderer Zug bereit,
um Reiſende und Frachtgüter aufzunehmen. Immerhin fehlt
es nicht an ergötzlichen Seenen, da es, während die Paſſagiere
umſteigen, in Strömen regnet, und die Damen an manchen
Stellen bis über die Knöchel in den Schlamm einſinken. End-
lich iſt aber Alles glücklich untergebracht, und der jenſeitige
Zug ſetzt ſich in Bewegung — die Lokomotipe befindet ſich
natürlich jetzt am Endé des Zuges, ſchiebend ſtatt ziehend.
Der neue Kiliansbrunnen auf dem Kaiſerplatz
in Würzburg.
(Siehe die obenſtehende Abbildung)
— — neuen Schmuck hat das an Monumenten reiche
Würzburg durch den am 8. Juli 1895 in Gegenwart
des Prinzregenten Luitpold von Bayern enthüllten Kilians-
brunnen erhalten.
ſtadt geſchenkt, gewiſſermaßen äls Gegengeſchenk für den
ſchönen Kunſtbrunnen, den die Stadt Würzburg und der
genten vor ſeiner Geburtsſtätte, der Würzburger Reſiden
errichtete. Dieſer neue Brunnen, von dem wir auf S. 156
platz und iſt dem Schutzpatron von Würzburg, dem Heiligelt
Kilian, geiwidmet, deffen Bronzeſtatue das prächtige Wer
krönt. Einige Stufen führen zu dem weiten Sammelbeden
empor, aus deffen Mitte ſich ein Sockel aus Farrarijchem
Marmor erhebt. Seine Stirnfeite trägt in Brongelettern