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das —— — —

heft 7.

denen noch der Thau und die urſprüngliche Friſche anhaftet,
in die Stadt. Die Trauben werden in runden Körbchen
oder Düten zum Verkauf ausgeboten. Die hald erſcheinenden
Kurgäſte kaufen ihren Tagesvorrath ein und verzehren meiſt

die Morgenportion gleich an Ort und Stelle. Obſtliebhaber
mit guten Mägen laſſen ſich durch die lockenden Auslagen
nicht ſelten verleiten, neben der Traubenkur auch noch eine
Apfel-, Birnen- und Zwetſchenkur zu gebrauchen. Es ent-

wickelt ſich infolge deſſen zur Zeit der Traubenleſe auf dem
Bozener Obſtmarkt zu gewiſſen Tagesſtunden ein ſo originelles
Leben, wie man es in ähnlicher Weiſe nur in den großen
Münchener Bierkellern findet. Die ſonſt geltenden Regeln der

Ein armer Teufel geht, o Noth,
Zu Bett oft ohne Abendbrod.

Das ihm ’nen ſchweren Beutel reicht,
Worauf es durch die Luft entweicht.

Juchhe! Jetzt iſt die Noth vorbei!
Flugs equipirt er ſich auf's Neu'.

Kein Wunder, daß er bald ſich rundet,
Und SpeiY und Trank ihm nicht mehr mundet.


Humoriſtiſches.


Als er ſo einſt verſchläft die Sorgen,
Da ſpürt er plötzlich gegen Morgen,

Doch aus dem Sack, o Wunder! rollt
Entgegen ihm viel blankes Gold.

Ein feines Mahl beſtellt er dann --
Jetzt geht ein herrlich Leben an!

Auch Podagra und Zipperlein
Und andres Leiden ſtellt ſich ein.

Drei Schüſſe tönen an ſein Ohr,
Da — fährt vom Schlafe er empor.

Wie auf der Bruſt was Schweres drückt!
Ein graues Männlein er erblickt,

Er ſchöpft daraus mit beiden Händen,
Jedoch der Segen will nicht enden.

Den Hals er mancher Flaſche bricht,
An guten Freunden fehlt es nicht.

Die Aerzte ſagen: Stilleſitzen! -
Und nichts als Schwitzen, Schwitzen, Schwitzen!

Drei Schläge ſchallen an der Thür;
Gottlob!'s iſt der Gerichtsvollzieh'r!


gelten hier nicht.

ſich auf Kiſten oder Körben gleich neben dem Ohſtſtand nieder;
wer einen Platz auf einer vor einem Hauſe ſtehenden Bank

erwiſcht, iſt froh, und ſelbſt feingekleidete Herren und Damen
ſetzen ſich in Ermangelung eines beſſeren Platzes zuweilen
auf die Treppenſtufen vor den Häuſern oder auf den Rand
des öffentlichen Brunnens nieder, um ganz ungenirt ihre
Trauben zu eſſen. Die Kräftigen endlich ſtehen in Gruppen

plaudernd und ſchmauſend bei einander, oder wandeln auch
auf und nieder, und der kurze Straßenabſchnitt, auf dem der
Bozener Obſtmarkt ſtattfindet gewährt dann ein ebenſo inter-
eſſantes wie eigenartiges Bild.
 
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