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Das Testament des stl. Eusebius.

Roman von Viktor Helling.

(Fortsetzung.)

er Major seufzte. „Ruhe! Ja, da haben Sie recht, Heberlein;
ich hoffte, sie hier zu finden; leider kommt einem immer etwas
in die Quere. Ja, und was ich von Ihnen wollte: suchen
Sie mal sofort Fernanschluß mit Ampfing zu bekommen. Wie lange
dauert das?"


„Wenn die Leitung nicht besetzt ist, keine zehn Minuten."
„Na, dann los!"
Von allen Entschlüssen, die Heinrich v. Queri durch den Kopf
gegangen waren, stand ihm als wichtigster fest: ungesäumt mit dem
Justizrat zu sprechen. In solch knifflichem Testament konnte sich nur
eine Rechtsgröße auskennen, und der alte Kraußer mußte es ihm
mal ins Laiendeutsch umbuchstabieren, sollte ihm vor allem einmal
raten, wie sich diese vertrackten Bestimmungen anfechten ließen.
Daß er mit dem Justizrat noch über eine andere Sache sprechen wollte,
war im Augenblick ganz vergessen. Nur die leidige Geschichte mit den
hundertundfünfzigtausend Mark, die sich so verlockend zeigten und
ihm auch schon wieder zerrinnen sollten, erfüllte sein ganzes Denken.

Ungeduldig wartete er während des Frühstücks; er klingelte und
bekam den Bescheid, die Fernsprechverbindung sei noch nicht her-
gestellt. Auch die Post, nach der er fragte, war noch nicht da. In
München war das anders gewesen; an vieles würde er sich hier ge-
wöhnen müssen. Das Brot war auch nicht so frisch, wie er es liebte.
Bei federn Bissen dachte er an die heimtückische Base Regine; wie
diese Heuchlerin ihm gestern zugesetzt hatte, daß er seine Ursel Kölsch
freite; gar nicht schnell genug konnte es ihr auf einmal gehen. Nach
und nach fielen ihm ihre einzelnen Worte und dunkeln Anspielungen
wieder ein. Natürlich! Sie hatte es eilig, den Mitbewerber aus
dem Feld zu schlagen und unschädlich zu machen.. Sie sollte sich
wundern; so einfach ging das denn doch nicht. Die Geschichte mochte
ausgehen, wie sie wollte, er nahm den Fehdehandschuh auf. Zum
mindesten würde er sie gehörig zappeln lassen und ängstigen. So mir
nichts, dir nichts, ließ er sich nicht auf der Nase herumtanzen, und ohne
allen Widerstand wollte er nicht zusehen, wie Tante Reppchen ihrem
Neffen die goldene Beute zuhamsterte!
Wenn er den alten Kraußer gesprochen hatte, dann würde er
mal gehörig Hans-Albrecht ins Gebet nehmen, den Mitbelehnten,
das andere Opferlamm des tückischen Testaments; mit dem Jungen
würde sich reden lassen. Tante Reppchen hatte sich gestern abend
ja so schön verplappert und gejammert, daß der Junge nicht mit


Phot. Jean Gaberell, Thalwil,.

II- 1818.

Riva am Gardasee.
 
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