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Das Testament des stl. Eustöius.

Roman von Viktor Helling.

(Fortsetzung.)

nnemarie lachte hell auf: „Hier in Grinderode, Tantchen?"
„Und die.se fremde Person schlang die Arme um seinen Hals;
es war in einer Allee. Ja, du hast gut lachen, Kindchen!
Bis jetzt aber haben sich — fast möchte ich sagen leider Gottes — meine
Träume noch immer irgendwie früher oder später mit der Wirk-
lichkeit in Verbindung bringen lassen."
„Nun, dann wird es vielleicht auch diesmal so kommen." Anne-
marie lachte noch immer. „Dem Legat braucht das noch lange nicht
zuwider zu laufen; dann kann ja Hans-Albrecht, wie es das Testament
oorsieht, eine andere Frau gefunden haben, und die .PsrsoiL braucht
noch lange nicht eine ,Person^ zu sein."
„Möchtest du recht haben! Vorläufig stellt sich Hans-Albrecht zu
al! meinen Vorstellungen taub . . ."
„Was tu' ich?" Hans-Albrecht stand plötzlich mitten im Zimmer.
„Ist denn schon wieder von dem Testament die Rede? Ich habe
wieder einen neuen Grund dagegen."
„Ja, was denn nun wieder?" fragte das Freifräulein spitz.
„Ich bin — genau wie du früher, Tante Reppchen — über-
zeugter Gegner der Verwandtenehen. Was sagst du dazu?"


„Das; du wieder leichtsinnige Scherze machst. Von einer Ver-
wandtschaft in solchem Sinne kann man in diesem Falle doch ernst-
haft nicht reden; Gotthart Queri ist doch nur dein Großvetter, seine
Tochter aber stammt aus einer Ehe ..."
„Mit einer gewissen Smith, Fleischertrakt in Büchsen!"
Nun lachte auch Hauptmann v. Halm. Nur Tante Regine blieb ernst.
„Andere Länder, andere Gepflogenheiten," sagte sie. „In Süd-
amerika denkt man freier über manches, worüber hier die Gesellschaft
die Achseln zuckt. Esther ist jedenfalls eine echte Queri; das sieht
man schon ihrem Bild an."
„Das gut seine zwanzig Jahre alt ist," sagte Hans-Albrecht.
„Wenn nicht noch älter. Da sind Überraschungen nicht ausgeschlossen."
Tante Regine seufzte; ihr Traum fiel ihr wieder ein. Am Ende
lag es daran, daß Hans-Albrecht überhaupt noch nicht recht wußte,
was Liebe war; aus seinen Büchern lernte er davon freilich nichts
kennen. Cs fehlte die eine, die ihn aus seiner Gleichgültigkeit her-
ausriß; eine, die ihre Arme um ihn schlingen mußte, wie das Traum-
geschöpf. Dann würde Regine leichteres Spiel haben. Nur schade,
daß nur sie und nicht Hans-Albrecht dieses Traumgesicht gehabt hatte.
Auch Horst v. Halm seufzte im stillen; er sehnte sich danach,
endlich ein unbelauschtes Wort an Annemarie richten zu können.
Aber erst ging unerwartet ein Regenschauer nieder, und man konnte
an keinen Spaziergang denken; als sich dann der Himmel wieder auf-
klärte, stellte sich die alte Exzellenz Karoline Euntermann aus Ampfing

Qriginalzeichnung von Prof. Willy Stöwer. Uber die Toppen geflaggt. — Zeugwäsche an Bord eines deutschen Tauchbootes.
UI. 1918.
 
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