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Aufbewahrung vonWinterkartoffeln im Haushalt.
Von Emil Gienapp.
irtschaftlichen Vorteil besitzt die Aufbewahrung von Winter-
kartoffeln nur dann, wenn Zweckmäßige Räume zur Ein-
lagerung vorhanden sind und Frostgefahr für die kälteempfind¬
lichen Knollen ausgeschlossen ist. In erster Linie bieten Hauskeller,
soweit sie nicht in neuzeitlichen großstädtischen Mietshäusern mit Heiz-
körpern versehen und dadurch zu hoch temperiert sind, und im Freien
gelegene Erdgruben — sogenannte Mieten — die geeignetsten Auf-
bewahrungsplätze. Bedauerlicherweise fehlen bei großstädtischen
Wohnungen in den meisten Fällen große Kellerräume, und die An-
legung von Erdmieten ist nur in ganz seltenen Ausnahmefällen
möglich. Hier muß der Hausboden oder ein sonstiger Platz der
Wohnräume aushelfen, und aufmerksame Pflege während stärkerer
Frostperioden muß ein übriges tun, um die erstrebte winterliche
Frischhaltung von Kartoffeln zu ermöglichen. Die in Aussicht ge-
nommenen Räume müssen kühl, hell und luftig gelegen sein und
die Möglichkeit zulassen, auch die geringsten Frosteinwirkungen fern-
zuhalten. Denn sobald die Kartoffeln auch nur einen Grad Kälte
erleiden, verwandelt sich ein Teil ihres Stärkegehaltes in Zucker;
dann nehmen sie jenen widerlich-süßlichen Geschmack an, der sie als
menschliche Nahrung fast ungenießbar macht. Zuweilen gelingt es,
diesen Geschmack durch längeres Auswässern vor dem Kochen zu
verringern; völlig beseitigen läßt er sich aber nie. Erreicht der
Frost mehr als zwei Grad, dann werden die Kartoffeln für den
Tischgebrauch völlig wertlos. Am besten halten sich Kartoffeln da,
wo die Temperatur möglichst auf ein bis zwei Grad Wärme erhalten
werden kann, keinesfalls aber über vier bis fünf Grad hinausgeht.
Die zur Überwinterung bestimmten Speisekartoffeln müssen ordent-
lich ausgereift und gesund sein; kranke oder beschädigte Knollen sind
ohne weiteres zu entfernen. Auf keinen Fall dürfen sie längere Zeit
in Säcken oder aufgehäuft liegen bleiben; sie müssen sofort in die
bereitgestellten Aufnahmebehälter geschüttet werden. Frisch geerntete
Kartoffeln sondern noch viel Feuchtigkeit ab, und dadurch entwickeln
sich schnell Fäulnisherde, die in kurzer Zeit den ganzen Vorrat in
Mitleidenschaft ziehen und wertlos machen können. Als Aufnahme-
behälter bewährten sich die gewerbsmäßig zu billigen Preisen her-
gestellten Kartoffelkisten. Aus zerlegbaren Lattenverbindungen her-
gestellt, die ständig den erwünschten Luftwechsel zulassen, und mit
fast automatisch wirkender Lagerungsverschiebung der Kartoffeln ver-
sehen, fassen solche Behälter einen bis zwei Zentner. Bei eintretender
Kälte können sie durch Ver¬
packen mit Strohmatten
oder alten Decken leicht
frostsicher geschützt werden.
Aber auch mittelgroßeKisten
oder Tonnen lassen sich zur
Aufbewahrung benutzen,
namentlich dann, wenn
man zwei Behälterarten
so abpaßt, daß sie inein¬
andergestellt werden kön¬
nen, und der entstehende
Zwischenraum durch Aus¬
füllung mitTorfmull, Säge¬
spänen, Häcksel und so
weiter eine kälteschützende
Schutzwand bildet. Kisten
und Tonnen müssen mit
gutschließendem Deckel ver-
sehen sein, die man während frostfreier Zeit abnimmt. Höher
als sechzig bis siebzig Zentimeter dürfen Kartoffeln nicht aufein-
andergeschüttet werden. Sie erzeugen durch das Zusammenliegen
eine gewisse Eigenwärme; außerdem finden in den Knollen ständig
Schwitz- und Ausdünstungsvorgänge statt, wodurch es notwendig
wird, für reichliche Lüftung zu sorgen und die Knollen von Zeit zu
Zeit umzuhäufen oder umzuschütten. Dadurch wird nicht nur die
unerwünschte Entwicklung der Eigenwärme gestört, sondern vor allem

das vorzeitige Auskeimen der Knollen verhindert. Durch dieses Aus-
keimen lösen sich nämlich wichtige Stärkebestandteile und aus Fett,
Eiweiß und Wasser bestehende Aufbaustoffe in den Knollen; ihr
Nährwert vermindert sich dadurch, und unter Umständen wird die
Ansammlung des giftigen, gesundheitschädlichen Solanins unter der
Schale gefördert.
Will man nur kleine Kartoffelmengen aufbewahren, so läßt sich
der vorzeitige Keimungsvorgang dadurch vermeiden, daß man die
Knollen in Kohlenschlacke oder Asche einschichtet.
Die beste Aufbewahrung von Winterkartoffeln, namentlich wenn
es sich um große Mengen handelt, bieten sogenannte Mieten oder
Erdgruben, die in Feld und Garten an trockenen, geschützten Plätzen
angelegt werden. Solche Erdlager müssen sachgemäß und frost-
sicher hergerichtet werden. Man wählt dazu weder zu nasse noch
zu trockene, sondern möglichst schattig gelegene Plätze und gibt den
Mieten eine Längsrichtung von Süden nach Norden. Bei der
Anlage einer in der Längsrichtung von Westen nach Osten gehal-
tenen Miete werden die an der südlichen Seite befindlichen Kar-
toffeln durch die Einwirkung der Sonnenstrahlen zunächst zu trocken
und faulen dann leicht beim Eintreten wärmeren Wetters. Durch
jene Lage wird verhütet, daß sich Wasser auf dem Mietenboden an-
sammelt, und anderseits vorgebeugt, daß Wind und Regen größere
Angriffsflächen für ihre schädliche Wirkung haben. Die Kartoffel-
miete darf auch den Sonnenstrahlen nicht zu sehr ausgesetzt sein.
Vor allen Dingen soll die Grubensohle nicht vertieft — wie
das früher allgemein üblich war — angelegt werden, da in diesem
Falle die Ansammlung von Feuchtigkeit in der Grube unvermeidlich
ist. Eine weitere üble Folge derart falsch angelegter Mieten würde
sein, daß die unteren Kartoffeln in einer vertieften Grube wärmer
als die oberen liegen; infolgedessen entwickelt sich eine ungleichmäßige
Temperatur in der Miete, die eine Hauptursache von Fäulnisbildungen
ist. Am richtigsten legt man die Mieten etwa 120 Zentimeter breit
und 75 Zentimeter hoch an; die Länge richtet sich nach der aufzu-
bewahrenden Menge, sollte aber aus praktischen Gründen 5 Meter
nicht überschreiten. Der für die Anlage einer Miete bestimmte
Platz wird gleichmäßig eingeebnet; an seinen Grenzen
errichtet man einen kleinen Wall, damit die eingeschütteten Kar-
toffeln einen entsprechenden Halt finden. Wenn der Boden, auf
dem die Miete angelegt wurde, schwer durchlässig sein sollte, ist es
geboten, ihn mit einer Lage von Sand oder Asche zu bedecken.
Die Anschüttung der Knollen geschieht so, daß die Schichtung ein
dachförmiges Aussehen erhält und in der Mitte nicht höher als
80 Zentimeter ist. Nun wird eine 15 bis 20 Zentimeter dicke Schicht
reines Langstroh mit zu
Boden gerichteten Ahren-
enden so darüber gedeckt,
daß die verschiedenen La-
gen wie Dachziegel über-
einandergreifen und das
untere Ende der Stroh-
lagen etwa 25 Zentimeter
über die Grubensohle hin-
weggreift, damit Schnee-
und Regenwasser eine na-
türliche Ableitung finden.
Im First der Miete müssen
die Strohlagen ebenfalls
gut zusammenschließen. An
Stelle von Stroh kann
man auch frisch geschnittene
Tannenzweige verwenden.
Das Ganze wird nun zu-
nächst erst leicht, bei eintretender Kälte jedoch stärker mit Erde
bedeckt. Mit weiterer Zunahme der Kälte verstärkt man die Schutz-
decke durch Erde, Laub, Kartoffelkraut oder sonstige Kälteschutzmittel.
Mit Eintritt gelinder Witterung wird die Verstärkungsdecke wieder
entfernt, damit sich nicht zu große Wärme in der Miete bildet.
Daß die Kartoffeln beim Einbringen möglichst trocken und durch-
aus gesund sein müssen, versteht sich von selbst; die Ansteckungs-
und Fäulnisgefahr wäre sonst in Mieten größer als in offenen Räumen,



Erdmiete zum Überwintern der Kartoffeln. (Stirnseite im Durchschnitt.)
 
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