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Bieńkowski, Piotr
Die Darstellungen der Gallier in der hellenistischen Kunst — Wien, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.14663#0055

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39

Fig. 52.

u. Fig. 80). Der malerische Charakter dieser Reliefs ist allgemein anerkannt. Dagegen suchen wir
unseren Toten in dem Reliefstil des IV. und III. Jahrhunderts Vergehens. Erst in der Niobe-
gruppe und der in Rede stehenden Rundfigur taucht er wieder auf, um von da wiederum in das
malerische Relief zurück übertragen zu werden.

Das Charakteristische an dem venetianischen Jüngling ist, daß er den Kopf (Fig. 52)
nach seiner linken Schulter neigt und daß sein Brustkorb ein wenig nach links ausgebogen ist.
Schon daraus ergibt sich, daß er von seiner linken Seite aus gesehen werden, mit anderen Worten»
daß er nach links liegen sollte. Nur von dieser Seite
entwickelt sich die Komposition der Statue vollkom-
men und schön, während bei der Ansicht von rechts
der edle Ausdruck des Gesichtes verloren geht.
Das Motiv des toten Jünglings wiederholte sich im
Gegensinne noch einmal in der attalischen Gallier-
gruppe. Wie wir bald sehen werden, entspricht ein in
Athen gefundener Torso eines Galliers von der Gegen-
seite ziemlich genau dem venetianischen Jüngling.
Sein Kopf war nach der rechten Schulter geneigt,
der Thorax ist deutlich nach rechts ausgebogen;
der rechte Arm war seitwärts abgestreckt, der
linke gesenkt. Natürlich sollte die athenische Statue
von ihrer rechten Seite aus gesehen werden, also
nach rechts liegen. Wenn wir jetzt an die Prüfung
der abgeleiteten Monumente herantreten, um von
ihnen über die ursprüngliche Gruppierung zunächst

des venetianischen Jünglings Auskunft zu erhallen, müssen wir diesen Unterschied im Auge
behalten.

Es ist nur natürlich, daß wir die ersten Spuren der kunstgeschichtlichen Wirkung unserer
Figur da, wo die attalischen Rronzeliguren wahrscheinlich fertiggestellt wurden, d. i. in Pergamon
selbst, bemerken. Und zwar finden wir eine ähnliche jugendliche Gestalt auf dem Fragmente des
Telephosfrieses, -.das K. Robert (Jahrb. II. 256, Fig. 14) mit Recht auf die Kaikosschlacht bezogen
hat. Einer von den langgelockten Jünglingen ist nämlich kopfüber, wahrscheinlich vom Wagen,
heruntergestürzt und liegt auf dem Rücken mit dem links ausgestreckten Arm in diagonaler
Richtung nach links oben. Das Motiv der Rechten ist nicht zu erkennen.

Auf etruskischen Urnen, die, wie es sich unten zeigen wird, einen ziemlich geringfügigen
Einfluß des attalischen Weihgeschenkes verraten, kann ich diese Figur nicht nachweisen. Dagegen
kommt sie ziemlich oft auf griechisch-römischen Reliefs vor, nur ist sie da dem dekorativen
Charakter des Ganzen angepaßt und in den Details modifiziert. So sehen wir sie auf dem
Relief aus La Gran ja (s. unsere Taf. II b); nur liegt sie da mehr auf der linken Flanke und
ihr Kopf mit dem Schilde ruht auf dem hingestürzten Pferde. Der rechte Arm hängt über den
Leib herunter, der linke ist unsichtbar. Auch die Unterschenkel verschwinden unter dem Schild
des Nachbarn, doch ist wahrscheinlich, daß das linke Bein diagonal nach links oben, dem her-
vorstürmenden Reiter parallel ausgestreckt war. Daraus scheint sich auch für den venetianischen
Gallier zu ergeben, daß seine Beine etwas diagonal nach links aufwärts gerichtet waren. Auch
daß seine rechte Flanke im Original gehoben war, etwa so wie unsere Fig. 50 es zeigt, ist aus
dem Grunde wahrscheinlich, weil erst dadurch der rechte Arm des Jünglings und sein gebro-
chenes Schwert wenigstens teilweise zum Vorschein kommen. Eine ähnliche Figur ist zur Aus-
füllung des Giebels an der linken Nebenseite des Ammendola-Sarkophages im kapitolinischen
 
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