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Einleitung.

Ständers in der Katharinenkirche zu Braunschweig (Otte, Handbuch, 3. Aufl. S. 202.
Schnaase, 1. c. VIII, S. 514).
In diese Zeit fällt auch die Blüthe der Holzsculptur in Erfurt; es muss
hier sogar eine Anstalt bestanden haben, aus welcher geschnitzte und polychromirte
Altarschreine, von denen sich jetzt noch so manche daselbst und in der Umgegend
vorfinden, hervorgegangen sind. In erster Reihe ist hier die Grablegung Christi
im Querschiffe der Marienkirche zu nennen, die unzweifelhaft der zweiten Hälfte
des 15. Jahrhunderts angehört und von der sich gleichzeitige Copien in den Kirchen
zu Weissensee und Schloss Vippach befinden. Auch die herrlichen Chorstühle im
Dom entstammen dieser Zeit.
Wie Hotho (Gesch. Joh. v. Eycks, S. 478) und gewiss mit Recht behauptet:
hat in Erfurt damals eine eigne Mal er sch ule existirt, die weder die Eigen-
thümlichkeit der kölnischen und der westfälischen, noch der fränkischen ange-
nommen , sondern sich auf der Grenzscheide zwischen beiden in eigenthümlicher
Weise entwickelt hat. Ihr gehört namentlich das schöne Altarbild in der Bar-
füsserkirche an, und ihr sind auch die beiden Tafeln zu verdanken, welche wie
Konr. Stolle (1. c. f. 267) berichtet: 1492 in der Kaufmanns- und der Paulskirche
„aufgesetzt wurden.“ Auch das schöne Bild des Schnitzaltars in der Kirche zu
Wandersleben, die Sippe Christi — Maria mit dem Christuskinde auf dem Schoosse,
neben welcher die heil. Anna sitzt — ein Werk, das seit der Reformation ein-
gemauert war, erst neuerdings wieder entdeckt und daher trefflich erhalten ist,
stammt unzweifelhaft aus dieser Erfurter Kunststätte.
Besonders in Blüte war damals hier aber die Glasmalerei, wie dies eine
Anzahl noch jetzt im Dome und anderweit vorhandener Arbeiten darthut. Conrad
von Schmalkalden, Mönch im Peterskloster, galt für den trefflichsten Glas-
maler seiner Zeit. Er schmückte 1475—1485 den Kreuzgang seines Klosters mit
Glasmalereien, die gleich ausgezeichnet durch ihre Zeichnung wie durch die Kraft
und Gluth ihrer Farben waren und allgemein für die schönsten Glasgemälde nicht
nur in Erfurt, sondern in ganz Thüringen galten. (Plac. Muth. Ueber den Einfluss
des Petersklosters. 1804. S. 47, 48.)
Mit dem Jahre 1472 trat in den Verhältnissen Erfurts ein sehr ungünstiger
Umschwung ein. Seine politische Bedeutung und Leistungsfähigkeit sowie der
Wohlstand seiner Bewohner hatten ihren Gipfelpunkt überstiegen und sanken nun
immer tiefer und tiefer hinab. Am 19. Juni des genannten Jahres, desselben
in welchem die Hineinziehung der Vorstädte in die Befestigung zum Abschluss
gelangt war, fand die bedeutendste Feuersbrunst statt, von welcher die Stadt je
heimgesucht worden ist, die besonders deshalb eine solche Ausdehnung erreichte,
weil das Feuer gleichzeitig an mehreren Stellen angelegt war und die mehr
als die Hälfte derselben zerstörte, alles was zwischen dem Brühler- und dem
Andreasthore, der Krämerbrücke und dem Neuwerkskloster lag, unter andern
auch den Dom, die Severi-, die Benedicts- und die heil. Brunnenkirche in Asche
legte. Es wurde hierdurch dem Wohlstände der Stadt eine Wunde geschlagen,
die Jahrhunderte gebraucht hat um sich zu schliessen, und die dadurch nur wenig
gemildert ward, dass der Rath alles was in seinen Kräften stand, that, um den
Wiederaufbau zu fördern, so 1473 die Rathsziegelei anlegte und den Bauenden
die gebrannten Steine für den halben Selbstkostenpreis überliess, und von den
 
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