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Kreis Naumburg.
mit offenen Kreisen und reichen Pflanzenornamenten jedoch erst in gotischer Zeit
ausgeführt. Das letzte Joch des Mittelschiffs ist erst von dem Gotiker des
Westchors eingewölbt, auf starken Kreuzrippen vom Profil derjenigen des
Chorrechtecks, geradscheitlig und mit rundem Schlußstein.
Im Mittelschiff sind in jedem
Joch zwei große Kundbogenfenster
mit Kundstab in der Leibung, in
den Seitenschiffen einfach abge-
schrägte und nahe aneinander-
gerückte Doppelfenster angebracht.
Nur im letzten südlichen Joch ist
statt dessen eine Tür eingelegt,
welche offenbar mit einer Holztreppe
zu ersteigen war und in den Ver-
bindungsgang zur Klausur führte.
Im vierten Joch öffnen sich zwei
Türen, die jedoch nicht in der Achse
liegen, die eine östlich, die andere
westlich verschoben, offenbar aus
Rücksicht auf die Gewölbe der
Kreuzgänge.
Ein ganz anderer Accord ist
jedoch im ersten Joch angeschlagen.
(Pig. 25.) Der Zwischenpfeiler ist
quadratisch mit engagierten Eck-
säulen. Auf dem gewöhnlichen
Kämpfersims setzt eine Lisene auf, welche an der Hoch wand bis zum
Fenstersims aufsteigt, der um sie herum gekröpft ist, andrerseits die Anfänger
der Gurt- und Arkadenbögen, die aus dem Rundbogen begonnen, plötzlich in
verschiedener Höhe abbrechen und nun in wunderlichen Knicken und Brüchen
in Spitzbögen und breitere Gurte übergeführt sind. An allen benachbarten
Stützen, den Wand-, Vierungs- und ersten Hauptpfeilern ist der Verlauf der
Bögen dann glatt, nur die Gurte des dritten Seiten-
schiffsjoches setzen breiter auf und werden verschmälert.
(Fig.26.) Man hat also den Eindruck, daß hier die Rudi
mente einer Flachdeckbasilika nach Analogie von
Bürgelin vorliegen, wobei eine Gliederung der Oberwand
durch Lisenen und Rundbogenfries wie in St. Ursula
in Köln oder St. Kastor in Koblenz beabsichtigt war,
eine so seltene, nur an diesen beiden Kirchen auftretende
Gestaltung des Innenbaues, daß man nur an eine direkte
Übertragung denken kann. Hierzu tritt die rätselhaft
altertümliche Form des nordöstlichen Kapitäls am Südpfeiler, zwei Bäume und die
Hälfte einer Palmette in den glatten Würfel eingeritzt, in den Kehlen zwei langgezogone
Köpfe (s. beistehende Abb.) von jener starren Ausdruckslosigkeit, welche das Kindes-
alter der Bildnerei kennzeichnet. Rätselhaft darum, weil alle anderen Kapitäle
Kreis Naumburg.
mit offenen Kreisen und reichen Pflanzenornamenten jedoch erst in gotischer Zeit
ausgeführt. Das letzte Joch des Mittelschiffs ist erst von dem Gotiker des
Westchors eingewölbt, auf starken Kreuzrippen vom Profil derjenigen des
Chorrechtecks, geradscheitlig und mit rundem Schlußstein.
Im Mittelschiff sind in jedem
Joch zwei große Kundbogenfenster
mit Kundstab in der Leibung, in
den Seitenschiffen einfach abge-
schrägte und nahe aneinander-
gerückte Doppelfenster angebracht.
Nur im letzten südlichen Joch ist
statt dessen eine Tür eingelegt,
welche offenbar mit einer Holztreppe
zu ersteigen war und in den Ver-
bindungsgang zur Klausur führte.
Im vierten Joch öffnen sich zwei
Türen, die jedoch nicht in der Achse
liegen, die eine östlich, die andere
westlich verschoben, offenbar aus
Rücksicht auf die Gewölbe der
Kreuzgänge.
Ein ganz anderer Accord ist
jedoch im ersten Joch angeschlagen.
(Pig. 25.) Der Zwischenpfeiler ist
quadratisch mit engagierten Eck-
säulen. Auf dem gewöhnlichen
Kämpfersims setzt eine Lisene auf, welche an der Hoch wand bis zum
Fenstersims aufsteigt, der um sie herum gekröpft ist, andrerseits die Anfänger
der Gurt- und Arkadenbögen, die aus dem Rundbogen begonnen, plötzlich in
verschiedener Höhe abbrechen und nun in wunderlichen Knicken und Brüchen
in Spitzbögen und breitere Gurte übergeführt sind. An allen benachbarten
Stützen, den Wand-, Vierungs- und ersten Hauptpfeilern ist der Verlauf der
Bögen dann glatt, nur die Gurte des dritten Seiten-
schiffsjoches setzen breiter auf und werden verschmälert.
(Fig.26.) Man hat also den Eindruck, daß hier die Rudi
mente einer Flachdeckbasilika nach Analogie von
Bürgelin vorliegen, wobei eine Gliederung der Oberwand
durch Lisenen und Rundbogenfries wie in St. Ursula
in Köln oder St. Kastor in Koblenz beabsichtigt war,
eine so seltene, nur an diesen beiden Kirchen auftretende
Gestaltung des Innenbaues, daß man nur an eine direkte
Übertragung denken kann. Hierzu tritt die rätselhaft
altertümliche Form des nordöstlichen Kapitäls am Südpfeiler, zwei Bäume und die
Hälfte einer Palmette in den glatten Würfel eingeritzt, in den Kehlen zwei langgezogone
Köpfe (s. beistehende Abb.) von jener starren Ausdruckslosigkeit, welche das Kindes-
alter der Bildnerei kennzeichnet. Rätselhaft darum, weil alle anderen Kapitäle